ProSiebenSat1-Chef attackiert ARD und ZDF
ProSiebenSat1-Chef Thomas Ebeling peilt ein weiteres Rekordjahr an und will neue Projekte anpacken. Ein Hindernis auf dem Weg zum Erfolg ist für ihn die Politik der öffentlich-rechtlichen Sender.
ProSiebenSat1 setzt zunehmend auf Geschäfte abseits des klassischen Fernsehgeschäfts. Die Senderfamilie will sich auch in den kommenden Jahren unabhängiger von den schwankenden Werbeeinnahmen machen. Neben dem TV-Markt in Deutschland soll auch im Ausland künftig mehr Geld verdient werden. Dazu kommen Geschäfte im Internet und die Produktion und Vermarktung etwa von Filmen. Dennoch bleibe das Fernsehen auf dem deutschen Heimatmarkt die wichtigste dieser vier Säulen, sagte Konzernchef Thomas Ebeling am Freitag auf der Hauptversammlung in München.
Dazu gehören neue Sender ebenso wie neue Formate. Und gerade hier ärgert den nicht eben als zurückhaltend bekannten Manager die öffentlich-rechtliche Konkurrenz. Der aus seiner Sicht ungleiche Wettbewerb mit ARD und ZDF müsse aufhören, sagte Ebeling. "Der wichtige und notwendige Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender darf nicht nach Belieben in ein Unterhaltungs- und Sport-Monopol umgedeutet und dann mit einem offenbar unbegrenzten Gebühren-Budget zementiert werden", sagte Ebeling. An der privaten Medienbranche hingen zehntausende Jobs. ARD und ZDF verfügten im Jahr über ein Gebührenbudget von mehr als 8 Milliarden Euro. "Das ist deutlich mehr als der gemeinsame Umsatz aller privaten TV- und Radio-Veranstalter in Deutschland."
Es sei nicht einzusehen, dass ARD und ZDF dies nutzten, um damit im Kerngeschäft der Privaten anzugreifen. "Warum sichert sich das ZDF die Champions-League-Rechte mit einem für unsere Verhältnisse wirtschaftlich nicht machbaren Angebot?" Das gleiche gelte etwa für Jugendsender wie ZDFneo oder für die Bereitschaft, für Hollywood-Produktionen überhöhte Preise zu bezahlen. Auch die Klage von Zeitungsverlegern gegen die Tagesschau-App der ARD beweise, dass das "aggressive Verhalten" der öffentlich-rechtlichen Sender nicht nur für TV-Anbieter ein wichtiges Thema sei, sagte Ebeling.
Vielleicht auch deshalb holt sich Ebeling mit einem neuem Gremium fachkundige Berater ins Haus, die den Konzern vor allem in gesellschafts- und medienpolitischen Fragen unterstützen sollen. Prominenter Chef des Beirats wird Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), der sich schon in seiner Amtszeit für den privaten Rundfunk stark gemacht hat. Stoiber habe wie kaum ein anderer den Medienstandort Deutschland geprägt, sagte Ebeling. Stoiber sagte laut Mitteilung, im Hinblick auf seine medienpolitischen Überzeugungen habe er gerne zugesagt. "Ziel meiner Medienpolitik war stets ein starkes duales System aus privatem und öffentlich-rechtlichen Rundfunk."
Wirtschaftlich läuft es für den nach wie vor hoch verschuldeten Konzern weiter rund. Ebeling bekräftige das Ziel, in diesem Jahr erneut einen Rekordgewinn einzufahren, die Prognose für den Umsatz schraubte der bei Vorhersagen stets vorsichtige Manager leicht nach oben: nach einem Plus im mindestens niedrigen einstelligen Prozentbereich, traut er seinem Unternehmen ein Plus im mittleren einstelligen Bereich zu. Auch das eben beendete zweite Quartal dürfte besser gelaufen sein als zuvor erwartet. Offen blieb auf dem Aktionärstreffen aber weiter die Zukunft des von den Finanzinvestoren KKR und Permira kontrollierten Unternehmens. Angesichts von Gerüchten über einen kompletten Börsengang noch in diesem Jahr, machte Permira jüngst klar, es mit einem Ausstieg "nicht eilig" zu haben. (vbr)