Schwierige Regulierung von Nanotechnologien

In ihrem Abschlussbericht zeigt sich die Nano-Kommission der Bundesregierung enttäuscht, dass Prinzipien zum verantwortungsvollen Umgang mit Nanomaterialien in der Industrie noch wenig bekannt sind und die Information vernachlässigt wird.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die Nano-Kommission der Bundesregierung hat am Mittwoch in Berlin ihren Abschlussbericht (PDF-Datei) vorgestellt. Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hatten sich im so genannten Nanodialog seit 2006 mit den Chancen und Risiken der neuen Technologie befasst. Die Kommission stellte "enttäuscht" fest, dass die von ihr im Jahr 2008 entwickelten fünf Prinzipien zum verantwortungsvollen Umgang mit Nanomaterialien in der Industrie noch wenig bekannt sind. Ein öffentliches Informationsportal zum Thema gibt es bis heute entgegen der Forderung der Nano-Kommission ebenfalls nicht.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) betonte vor allem die Chancen der Nanotechnologien, setzt sich aber auch für einen Ausbau der Risikoforschung und den Aufbau eines europäischen Nano-Produktregisters ein. Bürgern soll dieses Register jedoch nicht offen stehen, wie dem Aktionsplan Nanotechnologie 2015 (PDF-Datei) zu entnehmen ist. Dies entspricht der Position der Industrievertreter in der Nano-Kommission. Umwelt- und Verbraucherorganisationen hatten hingegen auf den bislang ungedeckten Informationsbedarf der Verbraucher hingewiesen.

Bis heute unterliegen Nanoprodukte weltweit keiner gesetzlichen Regelung. Auf EU-Ebene gibt es zurzeit mehrere Anläufe für eine Regulierung. So tritt 2013 europaweit die Kosmetikverordnung in Kraft, die nach dem Grundsatz "alles ist erlaubt, was nicht explizit verboten ist" den Einsatz von Nanomaterialien in Kosmetikprodukten regelt. Eben erst scheiterte eine Einbeziehung von Nanosilber und Kohlenstoff-Nanoröhrchen in die neue "Richtlinie zur eingeschränkten Verwendung von bestimmten gefährlichen Substanzen in Elektro- und Elektronik-Geräten", die so genannt RoHS-Richtlinie. Hier plädierte das Parlament für ein Verbot, doch der Rat lehnte ab.

Für Lebensmittel ist derzeit eine Kennzeichnungspflicht in Verhandlung. So befindet sich die in zweiter Lesung im Europäischen Parlament verabschiedete Novel-Food-Richtlinie (PDF-Datei) zurzeit im Vermittlungsverfahren zwischen Parlament und Rat, das in Kürze abgeschlossen werden soll. Noch strittig sind eine Kennzeichnungspflicht sowie ein Moratorium. Das Parlament verlangt, dass Nano-Lebensmittel so lange nicht in Verkehr gebracht werden dürfen, so lange es keine anerkannten Testmethoden zur Risikoabschätzung gibt. Der Rat lehnte dies bislang ab. Setzt sich das Parlament durch, dürfte es noch einige Zeit dauern, bis Nano-Lebensmittel auf dem Tisch der Verbraucher landen. Denn die vorliegenden Studienergebnisse etwa zur Verwendung von Nanosilber oder Nano-Titandioxid müssten erst noch in standardisierte, anerkannte Testverfahren umgesetzt werden. Beide Materialien gehören zu den am häufigsten eingesetzten Nanomaterialien. Titandioxid wird beispielsweise als UV-Schutz in Sonnencremes oder als antimikrobieller Zusatz in Lebensmittelverpackungen verwendet. Dies geht aus der neuen Nano-Produktdatenbank des BUND hervor, die rund 200 Nano-Produkte enthält. (vbr)