Studie: 19 Prozent der Deutschen wollen nicht ohne das Internet leben
Der Forschungsverbund "MĂĽnchner Kreis" hat mit einer neuen Untersuchung "ungedeckte ZukunftsbedĂĽrfnisse der Nutzer" ausgelotet. Darin spiegelt sich ein starker Wunsch wider, sich ĂĽber Netzwerke auszutauschen.
Der "Münchner Kreis " hat mit einer neuen Untersuchung Innovationsfelder der digitalen Welt beleuchtet. Dabei sei es vor allem darum gegangen, "ungedeckte Zukunftsbedürfnisse der Nutzer" auszuloten, erklärte Arnold Picot von dem Forschungsverbund bei der Präsentation der Ergebnisse am Freitag in Berlin. "Wir wollten nicht Prophetie betreiben, sondern Wissen bündeln und auszuwerten sowie Impulse zum Nachdenken geben."
Durch die vier in der fast 300-seitigen "Zukunftsstudie 2013 " (PDF-Datei) beackerten Themenfelder Arbeitswelt, Mobilität, E-Government und Medien ziehe sich "das ganz starke Bedürfnis, sich auszutauschen und etwa soziale Netzwerke zu nutzen", sagte Robert Wieland, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts TNS Infratest. Für 22 Prozent der Befragten sei es wichtig, "Zeit für andere Aktivitäten zu haben, während man von A nach B kommt". Sie wollten etwa Musik hören, sich unterhalten, essen oder etwa sich mit Freunden und Bekannten übers Internet austauschen. Nur 18 Prozent liege es dagegen besonders stark daran, möglichst schnell und flexibel von Tür zu Tür zu kommen.
Insgesamt haben die Marktforscher für die Studie knapp 7300 Personen im Dezember und Januar online befragt, laut Wieland vorrangig "intensive Internetnutzer" zwischen 18 und 70 Jahren. Um den Blick über den nationalen Tellerrand zu richten, hätten ungefähr gleichwertig Surfer auch in den USA, Brasilien, China, Indien und Südkorea ihre Meinung kundtun können.
Im Bereich Arbeit war es 22 Prozent der Teilnehmer besonders wichtig, einen "personalisierten Zugang immer und überall" zu ihren Aufgaben zu haben. Sie wollten demnach auch von zuhause aus arbeiten können sowie in Zeiten. 17 Prozent lag ein "effektives Informationsmanagement" am Arbeitsplatz besonders am Herzen, etwa über kollaborative Filter. 15 Prozent sprachen sich für "beständiges Networking" aus, 11 Prozent für "intuitive und intelligente Arbeitsmittel". Wieland schränkte allerdings ein, dass "vor allem Kopf- und Denkarbeiter" herangezogen worden seien, während die Analyse in den anderen Bereichen repräsentativ gewesen sei.
"Die Mehrheit der Befragten sagt, dass sie im Wesentlichen Projektarbeit machen möchte mit viel Interaktion, Veränderung und Flexibilität", betonte Picot. In ihrer aktuellen Situation könnten hierzulande nur noch 30 Prozent zwischen Berufs- und Arbeitsleben trennen. In den anderen Ländern sehe die Ausdehnung dieser Grauzone ähnlich aus. Für den Münchner Ökonom ist damit klar, dass "die Work-Life-Balance" immer größere Bedeutung einnimmt, "gerade im 'war for talents' für Fachkräfte".
Im Sektor Medien verwies Wieland darauf, dass 28 Prozent der Teilnehmer diese "intelligent und selbstbestimmt" nutzen wollen. Hier zeichnet sich der "Prosumer" ab, der sich beteiligen wolle und eine sehr hohe Affinität zur Technik habe. "Der Mensch möchte aber Mensch sein, nicht Maschine." Wichtig sei es den Nutzern zudem, dass mediale Angebote mobil abrufbar sowie "benutzerfreundlich und sicher sind". So wollten sie etwa gewarnt werden, bevor sie Daten herausgeben, die sie eigentlich gar nicht offenbaren wollten. 19 Prozent der befragten Deutschen hätten angegeben, dass sie "ohne Internet nicht mehr leben können". In Indien habe diese Quote bei 45, in Brasilien bei 40 und in China bei 33 Prozent gelegen.
Der ZDF-Medienreferent Bernhard Engel ergänzte, dass "ein kostengünstiger Zugang zu Medien gewünscht wird". Zum Stichwort Nutzerfreundlichkeit führte er aus, dass es kein Idealfall sei, wenn ein "Windows-Boot-Vorgang" anläuft, wenn der Fernseher eingeschaltet wird. Da auch "vertrauenswürdige", auf Relevanz gefilterte Inhalte gefragt seien, sehe er auch übermorgen gute Chancen für journalistische Arbeit.
Bei der elektronischen Verwaltung drängten 28 Prozent der Bürger auf einfachere und zuverlässigere Prozesse, erläuterte Wieland. Er empfahl Behörden, zunächst weiter zweigleisig zu fahren, da viele Nutzer zum Teil Verfahren auch noch auf Papier abwickeln wollten. Insgesamt solle E-Government nutzerfreundlich und leicht nachvollziehbar sowie sicher und vertraulich anwendbar sein.
Der IT-Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Franz Josef Pschierer, räumte ein, dass es in diesem Bereich Nachholbedarf gebe. So müssten die Behörden die Transparenz erhöhen, indem sie öffentliche Daten nach dem Open-Data-Prinzip freigeben, und die digitalen Beteiligungsmöglichkeiten verbessern. Als weitere Barrieren nannte er Lücken in der Breitbandversorgung und das derzeit im Bundestag behandelte Schriftformerfordernis bei Verwaltungsdiensten.
Im Mobilitätssektor sah der Finanzstaatssekretär gemeinsam mit Tanja Kessel von der EICT GmbH noch Optimierungsmöglichkeiten bei intelligenten Verkehrsleitsystemen und Car Sharing. Das Potenzial autonomen Fahrens sei noch gar nicht erschlossen, beklagte Kessel. Vielfach werde das klassische Auto noch als zukunftsfähiges Produkt betrachtet, alternative Antriebskonzepte wie Elektrofahrzeuge stellten noch keine echte Option für die Nutzer dar. (anw)