Studie zur Medienkompetenz in Schulen: "Lehrer haben Angst vor Kontrollverlust"
Facebook, StudiVZ und Weblogs gehören für viele Schüler zum Alltag. Aus dem Unterricht werden sie aber häufig verbannt, hat eine Studie ergeben. Das kritisiert der Leiter der Studie.
Wenn es um das Internet geht, leben Lehrer und Schüler häufig in verschiedenen Welten. Eine Studie der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien (LfM) über "Medienkompetenz in der Schule" hat gezeigt: Während Online-Netzwerke bei Schülern ungemein populär sind, sehen Lehrer die Nutzung von Facebook und Co. eher kritisch. "Dabei sollten Lehrer diese Angebote wahrnehmen und nicht verteufeln. Schließlich ist das Teil der Lebenswelt ihrer Schüler", so der Leiter der Studie, Professor Andreas Breiter, der dpa.
Statt neue Medien aus dem Unterricht zu verbannen, sollten Lehrer versuchen, sie zu verstehen – gemeinsam mit ihren Schülern, meinte Breiter. Blogs und Wikis beispielsweise haben der Studie zufolge 80 Prozent der befragten Lehrer noch nicht im Unterricht eingesetzt.
Auch generell werden digitale Medien wie Internet, Beamer und Laptop nur unsystematisch in den Schulalltag integriert. "Heute ist es eher Zufall, ob und wie digitale Medien in der Schule genutzt werden", sagte Breiter. 1400 Lehrkräfte an weiterführenden Schulen im Land hat er befragt. An sechs Schulen hat er intensive Interviews mit Lehrern geführt. Dabei sei deutlich geworden, dass viele von ihnen im Unterricht lieber auf Altbewährtes setzten – häufig aus Angst vor dem Verlust der Kontrolle.
So nutzen zwar bereits über 70 Prozent der befragten Lehrer digitale Medien zur Vor- und Nachbereitung ihres Unterrichts. Etwa die Hälfte setzt nach eigenen Angaben Computer-Projektoren (Beamer) für eigene Vorträge ein. Doch nur knapp 40 Prozent geben an, auch ihre Schüler mindestens einmal im Monat mit neuen Medien arbeiten zu lassen. "Viele Lehrer sind unsicher und haben Angst vor dem Kontrollverlust in der Klasse", meint Breiter. So verfügten viele Schüler zumindest in Teilgebieten über mehr Medienkompetenzen und forderten damit gleichsam das Wissensmonopol der Lehrer heraus.
Neben dieser Angst gaben viele Lehrer auch eine unzureichende Infrastruktur als Problem an. "An manchen Schulen müssen Lehrer Beamer oder Computerräume so weit im Voraus buchen, dass ein spontaner Einsatz im Unterricht gar nicht möglich ist", sagte Breiter. Gerade in Bezug auf die Infrastruktur stehe Deutschland im internationalen Vergleich noch recht schlecht dar.
Nach Ansicht der Landesanstalt für Medien NRW zeigt die Studie zwar, dass die Nutzung digitaler Medien im Unterricht schon deutlich zugenommen hat. Doch müsste sie noch besser in den Schulalltag integriert werden. "Die Verbesserung der technischen Rahmenbedingungen sowie die verstärkte Qualifizierung der Lehrkräfte sind hierfür wesentliche Voraussetzungen", sagte LfM-Direktor Jürgen Brautmeier.
Noch eröffnen sich ganz andere Möglichkeiten: "Wenn ein Student will, kann er in seinem gesamten Studium und im Referendariat um die Arbeit mit neuen Medien herumkommen." (anw)