Telekom in den USA am Ziel: Obermanns letzter Coup
Die Verschmelzung von T-Mobile und MetroPCS steht vor dem Abschluss. Mehrere Jahre war Telekom-Chef Obermann auf der Suche nach einer Lösung für die schwächelnde Mobilfunktochter. Jetzt ist die Fusion schon fast ein Abschiedsgeschenk für die Aktionäre.
Wenn Telekom-Chef René Obermann in wenigen Wochen die Bilanz 2012 auf der Hauptversammlung präsentiert, dürfte Wehmut mitschwingen: Es ist auch eine Bilanz in eigener Sache. Seit mehr als sechs Jahren steht der Manager an der Spitze des Bonner rosa Riesen. Das Aktionärstreffen ist vermutlich sein letzter großer Auftritt als Vorstandschef. Für die T-Aktionäre hat der 50-jährige Manager zum Abschied noch eine gute Botschaft im Gepäck: Die US-Mobilfunktochter, eines der größten Sorgenkinder der Telekom, hat wieder Perspektive. Sie soll mit dem kleineren Anbieter MetroPCS verschmolzen werden.
An diesem Mittwoch sollen die MetroPCS-Eigentümer die geplante Fusion der beiden Gesellschaften absegnen. Die Zustimmung gilt als Formsache. Es ist die letzte Hürde, nachdem die zuständigen Aufsichtsbehörden schon zuvor grünes Licht gegeben hatten. Kurz vor dem Aktionärstreffen besserten die Bonner ihre Offerte noch einmal nach, um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Damit kann die Telekom in den USA mit rund 42 Millionen Kunden voraussichtlich schon bald wieder Gas geben. Der Zusammenschluss "stärkt die Position der Deutschen Telekom im wachsenden Mobilfunkmarkt", freute sich Obermann schon zur Ankündigung der Fusion im Oktober vergangenen Jahres. Milliarden-Investitionen stehen auf dem Programm, um das Mobilfunknetz schneller zu machen und beide Anbieter zu integrieren. Die neue Gesellschaft, an der die Bonner einen Anteil von 74 Prozent halten, ist nach Kundenzahl und Umsatz in Höhe von 25 Milliarden Dollar die größte Mobilfunktochter der Telekom.
Die US-Aktivitäten der Telekom sind ein Relikt aus den Zeiten des früheren Vorstandschefs Ron Sommer, der die Schulden des Unternehmens mit zum Teil sündhaft teuren Zukäufen aufgetürmt hatte. Allein für den Einstieg in den US-Markt wurden 2001 rund 40 Milliarden Euro hingeblättert. Die Verschuldung kletterte kurzfristig auf über 70 Milliarden Euro.
Zunächst schien alles in die richtige Richtung zu laufen, auf einem noch jungen und lukrativen US-Markt. Das Kundenwachstum kletterte zum Teil zweistellig. Doch bald geriet die US-Tochter ins Stottern. Das Netz hatte Lücken, das iPhone durfte T-Mobile nicht verkaufen und der Abstand zur Konkurrenz wurde größer. Kunden verließen in Scharen das Unternehmen.
Schließlich glaubten Obermann und sein designierter Nachfolger Timotheus Höttges vor gut zwei Jahren, eine Lösung gefunden zu haben: Verkauf der Gesellschaft an den mächtigen Konkurrenten AT&T zum Preis von 39 Milliarden Dollar. Ein guter Deal in diesen Zeiten, lobten Analysten. Doch der Befreiungsschlag wurde zum Flop: Die US-Kartellwächter stoppten der Verkauf aus Wettbewerbsgründen. Dann zogen die beiden Manager Plan B aus der Tasche – und der sollte ziehen: Die Verschmelzung von T-Mobile mit MetroPCS.
Für Obermann wird die Telekom bald Vergangenheit sein, spätestens im Januar kommenden Jahres sitzt er beim niederländischen Kabelnetzbetreiber Ziggo am Ruder – ein mittelständisches und überschaubares Unternehmen. Die Telekom hinterlässt der Manager zwar nicht besenrein, aber er und sein Vorstandsteam haben das Unternehmen in den vergangenen Jahren umgebaut und das zukunftsträchtige Datengeschäft ausgerichtet.
Dabei sorgten die Bonner erst vor wenigen Tagen in der Branche für Aufregung, als sie ankündigten, Festnetz-Flatrates mit eingebauter Geschwindigkeitsbremse auf den Markt bringen zu wollen. Begründung: in den kommenden Jahren werde eine schier unglaubliche Datenflut zu bewältigen sein und die Netze verstopfen. Netzausbau wird deshalb auch bei Obermanns Nachfolger Höttges oben auf dem Aufgabenzettel stehen. Insgesamt plant die Telekom bis 2015 Investitionen von 30 Milliarden Euro.
Veränderungen stehen bei der Telekom möglicherweise auch im Europageschäft an, wo die zuständige Vorstandsfrau Claudia Nemat angeblich über eine stärkere Zentralisierung der Aktivitäten in Osteuropa nachdenkt. In Großbritannien soll zudem das gemeinsam mit der France Télécom betriebene Mobilfunk-Joint-Venture, der Marktführer Everything Everywhere, an die Börse kommen. (anw)