US-Richter fordert Reform des Patent- und des Copyright-Systems

Der US-Bundesrichter Richard Posner, der im Juni den Patentprozess zwischen Apple und Motorola platzen ließ, meint, im Patentrecht dürften nicht alle Erfindungen über einen Kamm geschoren werden.

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Der US-amerikanische Bundesrichter Richard Posner, der im Juni einen Prozess im Patentrechtsstreit zwischen Apple und Motorola platzen ließ, fordert eine Reform des Patentsystems und des Copyrights. In seinem Weblog – das er mit dem renommierten Ökonomen Gary Becker teilt – schreibt er, dabei sei es dringlicher, das Patentsystem zu überarbeiten, da es weit mehr ausufere als das Copyright. Damit konkretisiert er seine Position, die er unter anderem im Juli dargelegt hatte.

Für Posner ist das gegenwärtige Patentsystem vor allem in der Pharma-Branche angebracht. Hier seien die Kosten für die Entwicklung eines neuen Produkts sehr hoch. Patente dienten also dazu, Unternehmen die Gewähr zu geben, dass sie ihre über einen längeren Zeitraum investierten Entwicklungskosten wieder hereinholen können. Aber nur wenige Produkte wiesen ähnliche Merkmale wie Medikamente auf, die einen solchen Patentschutz unabdingbar machten. Vielmehr seien die meisten Erfindungen vergleichsweise kostengünstig. Innovative Unternehmen könnten – auch ohne Patent- oder anderweitigen Rechtsschutz – einen Zeitvorsprung vor den anderen Unternehmen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil haben – während Pharmaunternehmen viel mehr Zeit bräuchten, bis sich ihre neu eingeführten Produkte rentierten.

Die meisten neuen Produkte außerhalb der Pharmabranche hätten außerdem nur eine geringe Lebenserwartung, für die ein Patenschutz von 20 Jahren nicht gerechtfertigt sei – außer um für die Lizenzen zur Nutzung einer patentierten Technik Geld zu kassieren, argumentiert Posner weiter. Wenn also der Patentschutz darüber hinausgehe, den Erfindern überhaupt einen Anreiz zu schaffen, führe das zu höheren Preisen, verschwenderischen Patentwettrennen – da möglicherweise mehrere Firmen gleichzeitig an der gleichen Technik arbeiteten –, hohen Kosten bei der vorbeugenden Recherche in Patentdatenbanken nach bereits vorhandenen Erfindungen und verleite dazu, "defensive Patente" einzureichen. Außerdem würden Patenttrolle auf den Plan gerufen.

Diese Probleme werden laut Posner am besten in der IT-Branche abgebildet. Hier bauten die meisten Erfindungen auf frühere auf, die Entwicklungskosten seien verhältnismäßig niedrig und die meisten Techniken recht schnell überholt. Innovationen beträfen auch meist nicht komplette Produkte, sondern lediglich Komponenten. So seien derzeit viele der tausenden Bestandteile eines Smartphones, Tablet-Computers oder Notebooks im Extremfall allesamt einzeln patentierbar. Obendrein seien Patentexperten mit ausreichendem Fachwissen knapp, die beurteilen können, ob eine Technik geschützt zu werden verdiene. So ergäben sich für Unternehmen viele Möglichkeiten, die Konkurrenz wegen Patentverletzungen zu verklagen oder um deren Patente anzugreifen.

Das Copyright hat für Posner seine Daseinsberechtigung, um zu gewährleisten, dass Urheber ihre Aufwendungen wieder hereinholen können – beispielsweise bei teuren Filmproduktionen. Auf der anderen Seite greife das Copyright zu weit bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die als Nebenprodukt von Forschungen entstünden. Als größtes Problem sieht Posner die Copyright-Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers an. Diese müsse verkürzt werden. Auch sei der Begriff des "fair use" nicht ausreichend geklärt. Dennoch könnten die Gesetzgeber das Copyright teilweise als Vorbild für die Reform des Patentsystems nehmen, meint Posner. Der Copyright-Schutz sei für verschiedene Medien unterschiedlich, während für das Patentsystem größtenteils die gleiche Schutzfrist sowie die gleichen Kriterien gälten und Verfahren angewendet würden. (anw)