Uhl plädiert nach Bostoner Anschlag für Vorratsdatenspeicherung
Der Innenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, und die Deutsche Polizeigewerkschaft haben nach dem Bombenanschlag an der US-Ostküste erneut die Einführung der Vorratsdatenspeicherung gefordert.
Der Innenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, hat nach dem Terroranschlag beim Marathonlauf in Boston nicht lange gezögert, um erneut die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu fordern. Der Staat müsse in der Lage sein, die Wochen und Monate dauernden Vorbereitungshandlungen und Verabredungen für solche Attentate zu erkennen, sagte Uhl am Dienstag im Deutschlandfunk. Andernfalls müsse er "sein Instrumentarium nachbessern, und das gilt auch für Deutschland".
Die Datenspeicherung könne Terrorakte zwar nicht direkt verhindern, räumte Uhl ein. Aber es handle sich dabei "um ein Instrument von mehreren" und einen "wichtigen Baustein". Dazu gehörten aber auch andere Maßnahmen wie die Quellen-Telekommunikationsüberwachung, um den Austausch zwischen Terroristen via Internet-Telefonie vor einer Verschlüsselung direkt am Rechner abzugreifen. Überhaupt müsse "die ganze verschlüsselte Kommunikation" von Gefährdern im In- und Ausland "vom Staat begleitet werden". Erkenntnisse darüber müssten zwischen den Geheimdiensten ausgetauscht werden.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, unterstützt das Anliegen Uhls. Er appellierte gegenüber dem "Handelsblatt" an die Liberalen, nicht länger eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung zu verhindern. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warf er vor, völlig unverantwortlich zu handeln, indem sie der Polizei "dieses wichtige Ermittlungsinstrument" nicht zur Verfügung stelle. Generell könne aber bei allen Sicherheitsbemühungen niemand garantieren, "dass solche schrecklichen Anschläge nicht erfolgen".
Die grünen Innenpolitiker Wolfgang Wieland und Konstantin von Notz ermahnten Uhl dagegen, "besonnen zu reagieren". Zunächst müssten die Hintergründe der Tat aufgeklärt werden. Wer ohne nähere Kenntnisse der Umstände bereits weitere Befugnisse der Sicherheitsbehörden verlange, handele "pietätlos und völlig unredlich". Die Stärke eines demokratischen Rechtsstaats beweise sich in der Zurückweisung aller Versuche, "aus dem Leid der Läufer von Boston politisches Kapital schlagen zu wollen". Bei der Explosion zweier Sprengsätze am Zieleinlauf des Boston Marathon waren drei Menschen getötet und über hundert verletzt worden.
Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) wies Uhls Forderungen ebenfalls zurück. "Die CSU sollte endlich damit aufhören, zu behaupten, dass Einschnitte in die Freiheitsrechte der Bürger automatisch mehr Sicherheit brächten", erklärte der Liberale. Mit einer Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten könnten Anschläge nicht unterbunden werden. Hilfreich dabei wäre allenfalls die Kontrolle der Inhalte von Telefongesprächen – "und zwar von jedermann, ohne Anlass und zu jeder Zeit". Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verurteilte den "feigen" Anschlag, sieht die Sicherheitslage in Deutschland aber als seit Jahren unverändert an. Die Behörden seien aufmerksam und kritisch. (axk)