Union und FDP setzen auf offene Standards und Open Source

Die geplante schwarz-gelbe Koalition will die Teilhabe aller Bürger an der Informationsgesellschaft gewährleisten, die Internet-Sicherheit verbessern und dazu unter anderem das De-Mail-Projekt gesetzlich verankern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 279 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Die geplante schwarz-gelbe Koalition will die Teilhabe aller Bürger an der Informationsgesellschaft gewährleisten. Die digitale Welt biete "neue Entfaltungsmöglichkeiten für jeden Einzelnen ebenso wie neue Chancen für die demokratische Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens sowie für die wirtschaftliche Betätigung", heißt es im entsprechenden Abschnitt der Koalitionsvereinbarung, der heise online vorliegt. Das Internet sei das "freiheitlichste und effizienteste Informations- und Kommunikationsforum der Welt" und trage maßgeblich zur Entwicklung einer globalen Gemeinschaft bei. CDU, CSU und FDP wollen daher die Weichen stellen, "um eine digitale Spaltung der Gesellschaft zu verhindern". Allen Menschen Zugang zu neuen Medien zu erleichtern, "ist uns dabei ein zentrales Anliegen, sowohl im Hinblick auf die Verfügbarkeit als auch auf Barrierefreiheit und Medienkompetenz".

Recht allgemein versprechen die Koalitionäre, die Anstrengungen fortzusetzen, die Breitbandversorgung in Deutschland sowohl in der Fläche als auch in der Leistungsfähigkeit zu steigern. Die Nutzung freiwerdender Frequenzen des Fernsehrundfunks in Form der " digitalen Dividende" soll dazu beitragen, kurzfristig Versorgungslücken in der Fläche zu schließen. Einer gesetzlichen Verankerung des Prinzips des offenen Internets erteilt der Vertragstext zunächst eine Absage mit dem Hinweis: "Wir vertrauen darauf, dass der bestehende Wettbewerb die neutrale Datenübermittlung im Internet und anderen neuen Medien sicherstellt". Man werde aber die Entwicklung "sorgfältig beobachten und nötigenfalls mit dem Ziel der Wahrung der Netzneutralität gegensteuern".

Weiter haben die künftigen Regierungspartner verabredet, die digitale Verwaltung und E-Government weiter zu fördern und gegebenenfalls rechtliche Regelungen anzupassen. Die Informationstechnik des Bundes soll sich dabei fortan "an offenen Standards orientieren und Open-Source-Lösungen stärker einsetzen". Die Stellung in Form des IT-Beauftragten der Bundesregierung soll ausgebaut werden, um vorhandene Ressourcen zu bündeln. Generell nennt das Papier Datenschutz und Datensparsamkeit als wichtige Bestandteile jedes E-Government-Vorhabens.

Schwarz-Gelb will sich auch für eine Stärkung der IT-Sicherheit im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich einsetzen, um vor allem kritische IT-Systeme vor Angriffen zu schützen. Hier sollen Kompetenzen beim "Bundes-CIO" gebündelt werden. Zu seiner Unterstützung wollen Union und Liberale das bereits im Frühsommer durch ein lang umkämpftes Gesetzesvorhaben aufgerüstete Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als zentrale Cyber-Sicherheitsbehörde weiter ausbauen, um insbesondere auch die Abwehr von IT-Angriffen koordinieren zu können.

Die durch die Digitalisierung drohende Gefahr, quasi auf Knopfdruck Daten zusammenzuführen und durch die Auswertung digitaler Spuren umfassende Persönlichkeitsprofile zu bilden, dürfe laut der projektierten Koalitionsvereinbarung nicht durch staatliches Handeln verstärkt werden. Vielmehr sei das vom Bundesverfassungsgericht formulierte Recht auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme bei der gesetzlichen Ausgestaltung der IT zu beachten. Einer "generellen Überwachung des Internetdatenverkehrs" erteilt die Koalition eine klare Absage. Prinzipiell sollen die Nutzer durch Aufklärung und Sensibilisierung zu "mehr Selbstschutz" und dem Einsatz "sicherer IT-Produkte" angeregt werden. Zugleich wollen die Koalitionäre aber auch "die Haftung von System- und Diensteanbietern für die IT-Sicherheit ihrer Angebote anpassen, um einer unbilligen Abwälzung von IT-Risiken auf die Endanwender vorzubeugen".

Festgeschrieben hat Schwarz-Gelb ferner das Ziel, rechtsverbindliche elektronische Kommunikation im Verwaltungsverfahren zu gewährleisten. Als ein Mittel wird der "freiwillige Identitätsnachweis" mit dem elektronischen Personalausweis gesehen, dessen Konzeption die FDP lange skeptisch betrachtet hatte. Verabschiedet werden soll eine gesetzliche Verankerung der verschlüsselten "De-Mail", wobei die Erfahrungen aus dem jüngst gestarteten Pilotprojekt und die Stellungnahmen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder berücksichtigt werden sollen. Bei dem zunächst von Schwarz-Rot geplanten Bürgerportal-Gesetz rund um De-Mail hatten die Liberalen gravierende Mängel ausgemacht, die bei dem neuen Ansatz ausgeräumt werden sollen.

Die Vereinbarung enthält auch einen Anstrich "Green IT". So wird der energieeffiziente Einsatz von Informationstechnik als "wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels" angesehen. Alle IT-Vorhaben des Bundes sollen daher verantwortungsbewusst mit den natürlichen Ressourcen umgehen und der durch den IT-Betrieb verursachte Energieverbrauch in der Bundesverwaltung reduziert werden. Nicht zuletzt will Schwarz-Gelb die Forschung im Bereich IT und Kommunikationstechnik stärken. Alle Ziele aus ihrem Wahlprogramm konnten die Liberalen, die in der Regierung die "Internetrepublik Deutschland" verwirklichen wollen, in der Passage nicht unterbringen. So findet sich etwa nichts darin zur geforderten Modernisierung des Telemediengesetzes einschließlich der Haftungsregeln für Provider.

Siehe zu den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und FDP auch:

(jk)