Vom neuen Personalausweis und altem Denken
Um die Bürger vom neuen Personalausweis zu überzeugen, entwickelte eine Werbeagentur vor vier Jahren ein Strategiepapier. Doch was genau drin steht, hält das Bundesinnenministerium weiterhin geheim. Transparent und offen ist das nicht.
Die Kenntnisnahme von vier Jahre alten "Goldenen Regeln" einer Werbeagentur sind nach Auskunft des Bundesinnenministeriums geeignet, die Interessen der Bundesrepublik Deutschland bei der Kommunikation über den Personalausweis nachhaltig zu schädigen. Deshalb unterliegen sie dem Geheimhaltungsgrad "VS-Nur für den Dienstgebrauch", obwohl die Regeln im Innenministerium selbst von niemanden mehr beachtet werden. Dies geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz hervor, die der Blogger Michael Ebeling gestellt hatte.
Die Aufgabe von PR-Agenturen ist es, griffige Slogans für Produkte und Dienstleistungen an den Mann und die Frau zu bringen. Gerne stellen sie dazu goldene Regeln auf wie die, dass Männer primär auf weibliche Reize reagieren. Für das Bundesinnenministerium entwickelte die Agentur Serviceplan im Jahre 2009 ähnliche goldene Regeln in der Kommunikation zum neuen Personalausweis (nPA), für den sie auch die Werbeclaims entwickelte. So geht der 2010 vorgestellte Claim "Meine wichtigste Karte" auf das Konto der Agentur, desgleichen die goldene Regel, "Tabuworte" wie Biometrie, eGovernment oder "gläserner Bürger" niemals losgelöst aus einem konkreten Zusammenhang zu verwenden. Auch die Formel vom neuen Personalausweis ist eine Tat der Werber, weil elektronischer Personalausweis vermieden werden sollte. In dieses Umfeld gehört auch der schicke Begriff der Ausweisapp, die wegen einer größeren Schlamperei demnächst durch die ungleich schickere Persoapp ersetzt werden soll.
Was sonst noch vor vier Jahren über "meine wichtigste Karte" ausgeheckt und in 14 Goldenen Regeln zusammengefasst wurde, wurde seinerzeit zu einer geheimen Verschlusssache deklariert. Diese Geheimnishaltung gilt auch heute noch, erklärte (PDF-Datei) nunmehr dasselbe Innenministerium, das sonst bei jeder Gelegenheit von einer neuen Transparenz und Offenheit der öffentlichen Hand auf allen Ebenen schwärmt und Open Source-Projekte zum Ausweis fördert. Die Begründung der Maßnahme verdient den Titel Schilda 2.0: "Nach Prüfung der Unterlagen muss aus fachlicher Sicht auch heute noch an dieser Einstufung festgehalten werden, da die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein kann, insbesondere dann, wenn der Inhalt öffentlichkeitswirksam verarbeitet, beziehungsweise Teile des Inhalts zusammenhanglos verbreitet werden können."
Ganz zusammenhanglos kann an dieser Stelle erwähnt werden, dass in Deutschland der wichtige internationale Kongress zur Zukunft des nicht mehr ganz so neuen Personalausweises stattfindet. Ebenso zusammenhanglos der Hinweis auf die Philosophie der Erfinder der Goldenen Regeln: "Die öffentliche Meinung ist sehr launisch und mächtig". (dbe)