Von der Leyen hält weiter Distanz zu Drohnen

Drohnen werden immer wichtiger für die Luftfahrtindustrie. Allerdings gibt es gegen sie auch massive Vorbehalte – vor allem im militärischen Bereich. Verteidigungsministerin von der Leyen hat sich bisher noch nicht an das heikle Thema herangewagt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Michael Fischer
  • dpa

Während ihres ersten Truppenbesuchs im Afghanistan vor fünf Monaten hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch einen großen Bogen um die dort stationierten Drohnen gemacht. In dieser Woche hat sie eine neue Chance, sich dem heiklen Thema zu nähern. Am Mittwoch besucht sie die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin, die den Drohnen einen eigenen Schwerpunkt widmet. 46 Drohnen von 20 Ausstellern aus acht Ländern werden auf dem Messegelände neben dem Flughafen Schönefeld zu sehen sein.

Die "unbemannten fliegenden Systeme", wie sie im Fachjargon heißen, sind der am schnellsten wachsende Branchensektor. Einer Marktstudie aus dem vergangenen Jahr zufolge werden sich die Ausgaben für die ferngesteuerten Flugzeuge in den nächsten zehn Jahren von 3,8 Milliarden auf 8,5 Milliarden Euro mehr als verdoppeln.

Bisherige Drohnen bei der Bundeswehr (6 Bilder)

Aufklärungsdrohne Aladin.
(Bild: Bundeswehr/Beylemans)

Wer die Zukunft nicht verpassen will, kommt um die unbemannten Systeme nicht herum. Das weiß man auch im Bundesverteidigungsministerium. Trotzdem hat sich von der Leyen noch nicht so richtig an das Thema herangewagt. Das liegt vor allem an der Bruchlandung, die ihr Vorgänger Thomas de Maizière damit erlitten hat.

Vor einem Jahr scheiterte die Beschaffung der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" wegen Problemen bei der Zulassung für den deutschen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehr als eine halbe Milliarde Euro in das Projekt geflossen. Der Versuch, zumindest die Aufklärungstechnik zu retten und in ein anderes Flugzeug zu integrieren, ist bislang gescheitert.

Alle Varianten, die in Frage kommen, sind zu teuer. Deswegen ist sogar wieder eine Reaktivierung des "Euro Hawk" im Gespräch. Im Ministerium kümmert sich derzeit Generalinspekteur Volker Wieker um das Thema. Von der Leyen hat es delegiert. Wann eine Entscheidung fällt, ist völlig offen.

Das "Euro-Hawk"-Desaster hat auch eine andere heikle Debatte abgewürgt: Soll die Bundeswehr mit Kampfdrohnen aufgerüstet werden oder nicht? De Maizière hatte sich massiv dafür eingesetzt. Seiner Meinung nach werden solche Drohnen für den Schutz eigener Soldaten zwingend benötigt. Sie können viel länger in der Luft bleiben, besser aufklären, präziser schießen und sind auch obendrein noch billiger als konventionelle Flugzeuge.

Kritiker befürchten, dass die Schwelle zum Waffeneinsatz sinkt, wenn keine eigenen Soldaten gefährdet werden. Zudem gibt es moralische Bedenken gegen das Töten per Joystick wie im Computerspiel.

Von der Leyen hält sich aus der Diskussion heraus. Sie lässt dem Bundestag den Vortritt. Am 30. Juni soll im Parlament eine Expertenanhörung stattfinden. Danach sollen sich zumindest die Koalitionsfraktionen einig werden.

Eigentlich gab es in den Koalitionsverhandlungen dazu schon eine klare Ansage der SPD. "Wir werden vermutlich nach meiner Einschätzung in dieser Legislaturperiode nicht so weit kommen, dass über die Beschaffung bewaffneter Systeme entschieden wird", sagte der damalige SPD-Fraktionschef und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach den Verhandlungen über die Außen- und Sicherheitspolitik.

Der Kompromiss könnte darin liegen, dass unbewaffnete Drohnen angeschafft werden, die aber später nachgerüstet werden könnten. In Frage kommen derzeit nur die israelische "Heron TP" und die US-amerikanische "Predator B". Beide sind auf der ILA zu sehen. Bisher ist aber nicht geplant, dass von der Leyen sich auf ihrem Rundgang auf der ILA (20. bis 25. Mai) die Fluggeräte genauer anschaut.

Update 19.5., 10.20 Uhr: Nach derzeitigen Plänen wird es keinen Rundgang von der Leyens auf der ILA geben. (anw)