Wissenschaftler: Internet wird Logistik-Ketten umkrempeln

Fußbälle aus China, Kleider aus Indien: Wer die Ware nutzt, macht sich kaum Gedanken darüber, wie sie nach Deutschland gekommen ist. Ganz anders Rod Franklin von der Hamburger Kühne Logistics University. Er forscht über optimalere Lieferketten.

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  • dpa

LKW-Staus vor Hafen-Terminals oder auf Straßen können nach wissenschaftlicher Auffassung durch eine effektivere Logistik über das Internet vermieden werden. "So effizient die heutigen Lieferketten auch organisiert sind, folgen sie einem Denkmodell, das die Nichtauslastung von Transportkapazität und damit verbundene höhere Energieaufwendungen in Kauf nimmt sowie Verspätungen als systemimmanent akzeptiert", sagte Prof. Rod Franklin von der privaten Kühne Logistics University (KLU) in Hamburg. Die Verschwendung solcher Ressourcen müsse vermieden werden.

"Dazu muss die unschlagbar effiziente Logik des Internets auf die physische Welt übertragen werden", ergänzte Franklin. "Nicht die Transportmittel und Routen müssen optimiert werden, sondern die Art und Weise des Transports", sagte der US-Wissenschaftler der Nachrichtenagentur dpa.

Dazu nennt er drei Voraussetzungen: Es müsse eine sogenannte Open System Software eingerichtet werden, auf die alle am Lieferprozess beteiligten Zugriff haben. Es müssten Transportmittel gemeinsam genutzt werden und standardisierte kleinere Containerformate hergestellt werden, damit die Lieferkette vom Erzeuger bis zum Verbraucher – unabhängig von Schiff, Bahn, Lkw – ungestört funktioniert. "Es wird unwichtig, wem die Transportmittel gehören. Wir werden neue Formen der Kooperation entwickeln müssen."

Und wie kommt die Ware von A nach B? "Lkw werden höchst effektiv mit ihrer maximalen Kapazität voll beladen. Die Open System Software stellt dabei sicher, dass nur Waren unterwegs sind, die auf ihrer Route an Logistikstützpunkten weiterverteilt werden", erläutert Franklin. Ein Lkw-Fahrer fährt nach seiner Darstellung dann nur noch eine feste Strecke, beispielsweise von Hamburg nach Hannover - und wieder retour mit Ware von dort. Die Ursprungsgüter aus Hamburg werden von anderen nach diesem System weiterbefördert.

"Das sorgt in der Summe für weniger Verkehr auf den Straßen, weniger Emissionen, geringere Kosten und letztlich mehr Schnelligkeit, Qualität und Service", ist der Wissenschaftler überzeugt. "Nicht jeder baut sich sein globales Netzwerk selbst, alle Anbieter zusammen sind das globale Logistiknetzwerk". Und wie wird abgerechnet? "Parallel dazu muss ein faires Preismodell entwickelt werden, in dem jeder seine erbrachte spezielle Logistikleistung auch entsprechend bezahlt bekommt."

Wie schnell ließe sich ein solches Denkmodell in die Praxis umsetzen? "Bis spätestens 2050 könnte sich die Logistik verändert haben. Das "Physical Internet" wird die Welt ebenso verändern, wie zuvor das Internet", sagte Franklin. "Die auf Digitalisierung, Vernetzung und Automatisierung fußende Industrie 4.0 erfordert auch eine Global Logistics 4.0", mahnte er. (axv)