Zivilgesellschaft wettert gegen EU-Initiative für Geschäftsgeheimnisse
52 Nichtregierungsorganisationen haben den EU-Rat aufgefordert, beim Richtlinienentwurf für einen schärferen Schutz von Betriebsgeheimnissen deutlich nachzubessern. Whistleblower und Reporter dürften nicht gefährdet werden.
In der Zivilgesellschaft rührt sich Protest gegen die geplante EU-Richtlinie, mit der Geschäftsgeheimnisse umfangreicher geschützt werden sollen. 52 Nichtregierungsorganisationen haben den Ministerrat in einem am Dienstag veröffentlichten offenen Brief gebeten, das vom EU-Parlament unlängst beschlossene Gesetzesvorhaben in Kernpunkten zu korrigieren. Andererseits drohten Klagen gegen Journalisten, Gewerkschaftler oder Whistleblower, die interne Informationen aus einem Unternehmen veröffentlichten.
Zu wenig Schutz vorgesehen
Die vorgesehenen Schutzmaßnahmen für diese Gruppen und die Grundfreiheiten seien zwar wichtig, aber unzureichend, schreiben die zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, zu denen unter anderem Attac, der Chaos Computer Club, die Initiative European Digital Rights (Edri), LobbyControl und Transparency International gehören. Rechtssicherheit werde damit nicht geschaffen, sodass einzelne Richter erst in langwierigen Prozessen über die erforderliche Balance zwischen der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie dem Schutz ökonomischer Interessen entscheiden müssten. Die reine Gefahr, vor Gericht gestellt zu werden, werde viele potenzielle Presseberichte und Whistleblower einschüchtern.
Das laufende Verfahren in Luxemburg gegen die Enthüller des "Luxleaks"-Finanzskandals stellt für die beteiligten Organisationen das beste Beispiel für die Bedrohungen dar, die von der Initiative ausgingen. Schon darin habe der Staatsanwalt drakonische Strafen bis hin zu 18-monatiger Haft für die Verfolgten mit dem Verweis auf den noch gar nicht in Kraft getretenen Richtlinientext gefordert. Vor allem die Definition von Geschäftsgeheimnissen müsse daher enger gefasst, der illegale Umgang damit auf Fälle eingeschränkt werden, in denen sich jemand daraus einen kommerziellen Vorteil verschaffe. Zudem müsse der Rat die EU-Kommission dazu drängen, ein eigenes Gesetz zum Schutz von Whistleblowern vorzulegen. (mho)