Zugangsprovider-Haftung soll nicht erweitert werden

Eine Vertreterin der bei der Neufassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags federführenden rheinland-pfälzischen Staatskanzlei hat versucht, gegenüber den betroffenen Verbänden mögliche Missverständnisse auszuräumen.

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Von
  • Monika Ermert

Die Neufassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages JMStV soll keineswegs eine Kompletthaftung der Zugangsprovider für Inhalte im Internet bringen. Das teilte eine Vertreterin der Staatskanzlei nach der gestrigen nicht-öffentlichen Anhörung zu dem Thema in Mainz auf Anfrage von heise online mit. Die Verbände hatten vor der Anhörung Alarm geschlagen, da sie das geltende abgestufte Haftungsregime des Telemediengesetzes (TMG) durch den von den Rundfunkreferenten vorgelegten Entwurf ausgehöhlt sahen. Derzeitige Praxis solle nicht geändert werden, heißt es nun aus der Staatskanzlei. Auch Befürchtungen, dass Klassifizierungen jeglicher Inhalte für private wie kommerzielle Anbieter verbindlich würden, beruhten auf einem Missverständnis.

Der Anbieterbegriff sei im Entwurf deshalb geändert worden, weil die Begründung des gültigen JMStV auch schon einen weiter gefasster Anbieterbegriff enthalte. In der Praxis habe das zwar bisher keine Rolle gespielt, doch sollte bei der Neufassung für "mehr Klarheit" gesorgt werden, sagte die Vertreterin der Staatskanzlei. Nun werde eine Rückkehr zur alten Formulierung erwogen. Allerdings war die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) schon früher der Auffassung, dass sie auch für "Admin-C, Suchmaschinenbetreiber, Plattformbetreiber, Linksetzer und Anbieter von fremden Inhalten zuständig sei. Alvar Freude, Sprecher beim AK-Zensur, forderte gegenüber heise online, der engere Anbieterbegriff müsse klargestellt werden.

Ganz aus der Verantwortung entlassen seien die Zugangsprovider ohnehin nicht, sagte die Vertreterin der Staatskanzlei. Auflagen zur Sperrung einzelner Seiten seien vom TMG gedeckt. Es soll aber ganz sicher kein System für das Sperren von Seiten und zur Zwangsklassifizierung errichtet werden. Vielmehr sollen den Eltern technische Möglichkeiten in die Hand gegeben werden, den Zugang ihrer Kinder einzuschränken. Ein diesbezüglicher Widerspruch im Text soll ausgeräumt werden. Alvar Freude meinte dazu, kennzeichnen und filtern sei auch möglich, wenn es nicht im Gesetz stehe.

Die rheinland-pfälzische Staatskanzlei und ein Teil der Verbände wollen Anreize schaffen, indem beispielsweise die Kennzeichnung einfach bewältigt werden kann. Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (FSM) arbeitet seit einiger Zeit an einem Tool, das die Klassifizierung von Angeboten handlicher machen soll. Dabei wird diskutiert, wie öffentliche Hand und Unternehmen bei der Entwicklung eines solchen Tools zusammenarbeiten können.

Verbandsvertreter zeigten sich nach den Worten aus der Staatskanzlei vorsichtig optimistisch. Nicht völlig ausgeräumt sei aber beispielsweise das Problem, dass künftig Anbieter von Inhalten, die sich vorwiegend an Erwachsene richten, eine mögliche Gefährdung von Jugendlichen unter 12 Jahren statt unter 14 zu berücksichtigen haben. Für die Online-Presse sehen Vertreter des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) darin eine unnötige Verschärfung. "Wir wollen, dass online nicht mehr verboten ist als offline", sagte VDZ-Vertreter Christoph Fiedler. Durch Klassifizierung und Filtern könnten möglicherweise 90 Prozent der Onlinepresse für Kinder und Jugendliche vom Bildschirm verschwinden.

Der nächste Entwurf soll am 24. Februar in die Rundfunkkommission und am 25. März in die Ministerpräsidentenkonferenz gehen. Einige Verbände wollen weitere Stellungnahmen vorlegen, eine weitere Anhörung wird es aber nicht mehr geben. Der endgültige Entwurf muss anschließend alle 16 Landesparlamente passieren, bevor er möglicherweise am 1. Januar 2011 in Kraft treten kann. (anw)