re:publica: Adblock Plus erhält Bezahlfunktion
Der Lieblingsfeind vieler Website-Betreiber möchte nun für sie Geld einsammeln: Auf der re:publica stellt Eyeo FlattrPlus vor.
Mit der neuen Funktion "Flattr Plus" sollen die Nutzer von Adblock Plus freiwillig einen Betrag für die Ersteller von Web-Inhalten beisteuern sollen. Wie die Kölner Firma Eyeo am heutigen Dienstag auf der re:publica in Berlin bekanntgibt, hat der Hersteller des populären Werbeblockers Adblock Plus dazu eine Allianz mit der Mikropayment-Plattform Flattr geschlossen.
Der Geldsegen blieb bisher aus
Flattr war 2010 von Peter Sunde und Linus Olsson gegründet worden, konnte die anfänglichen Hoffnungen als alternative Finanzierungsform für Web-Content bisher allerdings nicht erfüllen. So sind die Umsätze für die Flattr-Nutzer viel zu gering, um als Ersatz-Geschäftsmodell zu dienen. Nur wenige Inhalteanbieter konnten über die Plattform relevante Einnahmen verzeichnen.
Im Interview mit der c't zeigte sich Eyeo-Gechäftsführer Till Faida optimistisch, dass sich dies durch die Zusammenarbeit nun ändern werde. "Wenn wir unsere Nutzer überzeugen können, wird genug Geld im System sein, das die Verlage nur anzunehmen brauchen." Neben einer großen Nutzerzahl will Eyeo auch das Flattr-Prinzip vereinfachen: Mussten Webseiten-Betreiber früher Buttons einbinden, über die Nutzer einen bestimmten Inhalt "flattern" konnten, soll die gesamte Zahlfunktion nun durch einen Automatismus ersetzt werden.
Dazu sammelt Adblock Plus Informationen über die bezahlten Seiten und soll diese dann anonymisiert an Eyeo zur Zuteilung der Geldbeträge übermitteln. Eine erste Beta-Version soll im Sommer starten, das vollständige Produkt soll noch in diesem Jahr veröffentlicht werden.
Paywalls verbreiten sich
Eyeo schließt sich damit einem Trend an, der gerade durch das eigene Plugin AdBlock Plus in den vergangenen Jahren wesentlich beschleunigt wurde. So bauen viele Medienhäuser als Reaktion auf die sinkenden Werbeeinnahmen immer öfter Paywalls ein. Der niederländische Bezahlanbieter Blendle kann immer mehr deutsche Verlage als Vertragspartner gewinnen.
Parallel bauen immer mehr Medien zusätzlich Adblock-Blocker auf ihren Websites ein. Für Eyeo ist das keine gute Entwicklung, da sich das Unternehmen bisher über die Whitelist "Acceptable Ads" finanziert, über die "nicht nervende" Werbung den Werbeblocker passieren darf. Sperren Website-Betreiber alle Adblock-Nutzer aus oder steigen sie auf werbefreien Content um, leiden auch Eyeos Einnahmen. Auf der anderen Seite beschweren sich gerade Medienhäuser, dass die Einnahmen mit der von Adblock Plus tolerierten Werbung derzeit zu gering seien, um Inhalte zu finanzieren. Wie viel Provision Eyeo für die Zahlungsabwicklung bei "Flattr Plus" berechnen will, ist derzeit noch unklar.
Sicherheits-Risiko Werbenetzwerk
Implizite Rückendeckung bekam Eyeo von den CCC-Hackern Frank Rieger und Thorsten Schröder, die auf der re:publica zeigten, wie einfach Malware per Werbung verbreitet werden kann. Nachdem man gelernt habe, dass man nicht blindlings auf Anhänge von Mails klicken sollte, sei die Installation eines Werbeblockers die wichtigste Sicherung im Umgang mit Computern, erklärte Rieger.
Die Hacker führten live vor, wie sie mit Malware verseuchte Banner über eines der großen Werbenetzwerke auf der eigenen Website platzieren konnten, um eine Schwachstelle in einer alten Firefox-Version und einem unsicheren Browser-Plugin auszunutzen. So könnten Angreifer die Kontrolle über den Rechner eines Nutzers übernehmen, um beispielsweise einen Cryptotrojaner zu installieren oder Firmenspionage zu betreiben.
"Wir hatten das Gefühl, die Ad Networks interessiert das nicht wirklich", erklärte Rieger in Berlin. Allerdings hätten die Betreiber angesichts der großen Angriffsflächen im Browser wenig Chancen, Nutzer ganz zu schützen. An die Verleger appellierte der CCC-Sprecher deshalb, wieder Kontrole über ihre Inhalte zu übernehmen. "Wenn ihr nicht verhindern könnt, dass ungeprüftes JavaScript an Eure Leser ausgeliefert wird, dann müsst ihr Adblocker erlauben", sagte Rieger. Zur werbefreien Finanzierung von Journalismus plädierte er für die Einrichtung einer gemeinnützigen Genossenschaft nach dem Vorbild der Nachrichtenagentur dpa, die es einfacher machen soll, Artikel von beliebigen Medien zu kaufen.
Lesen Sie dazu auf c't online das Interview mit Eyeo-Geschäftsführer Till Faida und Public-Affairs-Managerin Laura Dornheim:
(anw)