AVM vs. Cybits: Gericht stärkt GPL
Im Verfahren AMV gegen Cybits wegen der Veränderung von Linux-Firmware auf AVM-Routern liegt jetzt die Begründung des Urteils (PDF-Datei) vor.
Im Verfahren AMV gegen Cybits wegen der Veränderung von Linux-Firmware auf AVM-Routern liegt jetzt die Begründung des Urteils (PDF-Datei) vor. AVM hatte Cybits wegen seiner Software Surf-Sitter verklagt, die auf verschiedenen Fritzbox-Modellen einen Webfilter installiert und dazu die Firmware verändert. Hiergegen machte AVM vor Gericht urheber-, marken- und wettbewerbsrechtliche Einwände geltend, um den Vertrieb der Software verbieten zu lassen.
Die urheberrechtlichen Ansprüche weist das Gericht vollständig zurück. Die Firmware sei urheberrechtlich als Sammelwerk zu betrachten, dessen Linux-Teile der GPL unterliegen. Bei der Nutzung von GPL-Bestandteilen müssten Umgestaltungen ebenfalls der GPL unterstellt werden, um so die Weiterentwicklung der Software sicherzustellen und die Ergebnisse der Bearbeitungen der Allgemeinheit frei zugänglich zu machen, argumentiert das Gericht. Sammelwerke, die Open-Source-Software enthalten, müssten gemäß der GPL als Ganzes den Bedingung der Lizenz unterliegen. Daher, so das Gericht, "stehen der Klägerin an der Firmware als Ganzes keine urheberrechtlichen Unterlassungsansprüche zu".
Auch einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch verneint das Gericht – dass die Konfigurationsoberfläche auch nach Veränderung der Firmware "Fritz!Box" anzeigt, sei vertretbar, schließlich wisse der Anwender, dass er mit der Cybits-Software die Firmware verändert habe. Ebenso weist das das Gericht die wettbewerbsrechtlichen Argumente zurück, dass der Einsatz von Surf-Sitter zu vermehrten Kundenanfragen bei AVM führe, und dass Cybits die Käufer seiner Software zum Rechtsbruch anstiften würde – schließlich bestehe bestehe kein Verstoß gegen Urheberrechte an der Fritzbox-Firmware.
Gelten lässt das Gericht lediglich ebenfalls wettbewerbsrechtlich begründeten Hilfsanspruch. Laut AVM zeigt die Konfigurationsoberfläche der Fritzbox nach der Installation Surf-Sitter das Nichtbestehen einer Internetverbindung an, obwohl eine Verbindung besteht, und die standardmäßig in den AVM-Geräten enthaltene Kinderschutzfunktion wird als aktiv angezeigt, obwohl sie deaktiviert ist. Dadurch sieht das Gericht die Funktionen des Produkts beeinträchtigt, was Anwender auch AVM zuschreiben würden. Daher darf Cybits seinen Surf-Sitter für AVM-Router nicht vertreiben, solange sie diese beiden Fehlfunktionen auslöst.
AVM-Pressesprecher Urban Bastert erklärte dazu, sein Unternehmen, das 80 Prozent der Gerichtskosten tragen muss, habe sein Ziel erreicht: Cybits dürfte die Software nicht mehr vertreiben. Es sei nicht das Ziel von AVM gewesen, gegen die GPL vorzugehen. Aufgrund der vor Gericht vorgebrachten, urheberrechtlich begründeten Einwände gegen eine Änderung der Fritzbox-Firmware war Harald Welte als Streithelfer dem Verfahren beigetreten. Der Gründer von gpl-violations.org sah in der Argumentation von AVM einen Angriff auf die GPL und damit auf seine Urheberrechte an Teilen des Linux-Kernels. (odi)