Freier Grafiktreiber für den Raspberry Pi in Reichweite

Durch die Offenlegung von Dokumentation und Treibercode für einen Broadcom-SoC rückt ein quelloffener Grafiktreiber für den Raspberry Pi in greifbare Nähe. Ein mit 10.000 US Dollar dotierter Preis soll die Entwicklung eines solchen Treibers voranbringen.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Raspberry Pi: ARM-Board im Scheckkartenformat.

Broadcom hat Dokumentation und BSD-lizenzierten OpenGL-ES-Treibercode für den VideoCore IV genannten Grafikkern des ARM-SoC BCM21553 freigegeben. Dadurch dürfte in nicht allzu ferner Zukunft auch ein vollkommen freier Linux-Grafiktreiber für den Raspberry Pi entstehen, denn dessen SoC (System-on-Chip) BCM2835 enthält den selben Grafikkern. Um die Entstehung eines solchen Treibers zu fördern, hat die Firma hinter dem Raspberry Pi einen Preis ausgesetzt: 10.000 US Dollar winken demjenigen, der als erstes zeigt, wie Quake III in zufriedenstellen Frameraten mit vollkommen offenem Treiber läuft.

Linux-Distributionen nutzen beim Raspberry Pi bislang einen offen liegenden Treiber, der allerdings kaum Logik enthält, weil er die Grafikbefehle größtenteils an einen Treiber weiterleitet, der in der proprietären Firmware steckt. Dieser Treiber wird gemeinhin als BLOB (Binary large object) bezeichnet. Dieser Ansatz lässt Open-Source-Programmierern mehr Spielraum als etwa Nvidias proprietärer Linux-Grafiktreiber, bei dem der BLOB über einen offen liegenden Wrapper beim Linux-Kernel selbst andockt. In beiden Fällen haben die Open-Source-Programmierer aber keine Chance, den Treiber selbst anzupassen, um Fehler zu beheben oder Schnittstellen für neue Techniken zu implementieren.

Der BCM21553, zu dem Broadcoms Dokumentation und Treibercode passt, enthält einen ARM11-Kern (ARMv6) und gehört zu den billigeren SoCs; laut Marktforschern steckt er unter anderem in Samsungs Galaxy Ace, Galaxy Y Duos, Galaxy Pocket und Galaxy Pocket Duos. Mit den jetzt verfügbaren Information sollten sich auch Treiber für Android erstellen lassen.

Freie Treiber für die GPUs in Mobile-SoCs sind laut Arnd Bergmann auf dem Vormarsch.

(Bild: Google+ )

Durch Broadcoms Schritt steht den Open-Source-Entwicklern bei der Programmierung des VideoCore IV nun mehr Informationen bereit als für nahezu alle anderen Grafikkerne, die in modernen SoCs für Mobilgeräte stecken. Arnd Bergmann, der den ARM-Code des Linux-Kernels mitbetreut, merkt in einem Google+-Post an, dass es langsam für fast alle mobilen Grafikkerne freie Treiber gebe; als Ausnahmen nennt er noch die Mali-GPUs T6xx und T7xx sowie die ImgTec-GPUs SGX und G6xxx. Einige der freien Treiber für anderen Mobil-GPUs befinden sich aber noch in frühen Entwicklungsstadium.

Broadcom verkündete die Offenlegung anlässlich des Verkaufsstarts des Raspberry Pi, der sich dieser Tage zum zweiten Mal gejährt hat; bislang sollen rund 2,5 Millionen der Minicomputer verkauft worden sein. Für einige der Multimedia-Komponenten des Raspberry Pi sind indes weiterhin Treiber nötig, bei denen ein BLOB involviert ist. Die Firma hinter den Raspberry Pi will jedoch darauf hinarbeiten, dass der Mini-Computer langfristig vollkommen ohne BLOBs auskommt. (thl)