Wikimania: Wikimedia Foundation wächst

Wie geht es mit der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia und ihren Schwesterprojekten weiter? Die Wikimedia Foundation jedenfalls soll sich den Herausforderungen der immer weiter wachsenden Projekte anpassen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Wie geht es mit der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia und ihren Schwesterprojekten weiter? Dieses Thema stand unter anderem bei der Wikimania-Konferenz auf dem Campus der Harvard Law School auf dem Programm. Fest steht, dass die Wikimedia Foundation wachsen wird, um den Herausforderungen des immer weiter wachsenden Projekts gerecht zu werden.

Vorstandsmitglied Florence Devouard erläuterte in einem Vortrag die Arbeit des obersten Entscheidungsgremiums der Wikimedia-Foundation. So werden Beschlüsse mit einfacher Mehrheit von drei Stimmen gefasst, nachdem sich eine Einstimmigkeitsregelung als nicht praktikabel erwiesen hat. Devouard beklagte, dass das "Board of Trustees" nur noch zweimal im Jahr zusammenkomme – zu wenig, um die Organisation wirklich voranzubringen.

Deshalb wird sich die Arbeit des Vorstands in nächster Zukunft wandeln. Zunächst stehen vorgezogene Neuwahlen an. Vorstandsmitglied Angela Beesley hatte nach internen Unstimmigkeiten ihren Posten vorzeitig zur Verfügung gestellt. Die Nachwahl wird am 1. September starten, Bewerbungen werden zurzeit entgegengenommen. Dabei soll aber nicht nur ein Nachfolger für Beesley gesucht werden, der Vorstand der Stiftung vergrößert sich. Wieviele Sitze zur Wahl stehen werden, steht allerdings noch nicht fest. An der für die Wikipedia-Verhältnisse ungewöhnlichen Wahl kann jeder teilnehmen, der seit Anfang Mai diesen Jahres einen Useraccount bei einem Wikimedia-Projekt hat und 400 Beiträge unter diesem Account vorweisen kann.

Jimmy Wales macht den Vorstands-Kandidaten nicht zu viel Hoffnung: Die Vorstandsarbeit sei ein schrecklicher Job. Auf die Frage ob die Vorstände in Zukunft bezahlt werden sollen, um eine durchgängigere Vorstandsarbeit zu ermöglichen, herrscht noch keine Klarheit. Die auf der Wikimania vertretenen Vorstandsmitglieder äußerten sich zu dem Vorschlag aber überwiegend negativ.

Eine andere Herausforderung für die Arbeit der Wikimedia Foundation ist die Einbindung der in diesem Jahr gegründeten Committees, die die Foundation bei ihrer Arbeit unterstützen sollen. Hierin sind unter anderem auch viele Repräsentanten lokaler Wikimedia-Organisationen vertreten – wie genau aber die Arbeit und die Entscheidungskompetenzen aussehen werden, muss sich noch zeigen. Der Wikimedia-Vorstandsvorsitzende Wales hatte schon am Freitag auf der Wikimania die Gründung eines neuen Beratergremiums angekündigt, das vor allem wissenschaftlich ausgerichtet sein und sich mit Namen und Kontakten an der Verbreitung freien Wissens beteiligen soll.

Um diese und andere Herausforderungen zu meistern – so soll das Wikimedia-Statut überarbeitet und an die neuen Herausforderungen angepasst werden – kündigte Wales eine mehrtägigen Konferenz des Vorstands im Herbst dieses Jahres an. Auf dem Programm stehen auch Verbesserungen für die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Stiftungen. Die Aufgabe für den Umbau der Wikimedia Foundation ruht vor allem auf den Schultern von Brad Patrick, der vor einigen Wochen zum Interim Executive Director ernannt wurde.

Finanziell steht die Stiftung derzeit nach eigenen Angaben auf gesunden Füßen. Statt immer wieder neue Spendenaufrufe zu starten, kann die Stiftung mittlerweile auf einen regelmäßigen Spendenzustrom zurückgreifen, mit der Zeit habe sich ein Polster von 500.000 US-Dollar angesammelt. Ausführliche Finanzberichte sollen in einigen Wochen folgen. In Zukunft will die Stiftung verstärkt Kooperationen mit Firmen suchen und in die Projektarbeit einsteigen. So könnten zum Beispiel Mitarbeiter finanziert werden, die die Entwicklung von Wikipedia-Ablegern in bisher unterrepräsentierten Sprachen vorantreiben sollen.

Über die spezifischen Probleme der chinesischen Wikipedia-Community wollte sich Jimmy Wales nicht äußern. In der Volksrepublik China wird die freie Online-Enzyklopädie von der staatlichen Internetzensur gesperrt. Wales verwies auf eine Ende des Monat in Hongkong stattfindende Wikimedia Conference 2006, bei der die Gemeinschaft der chinesischen Internetnutzer selbst entscheiden werde, wie es mit der Wikipedia im Reich der Mitte weitergehen soll.

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(Torsten Kleinz) / (jk)