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Bauanleitung fürs Homeschooling: Kamera, Scanner und Tafel-Ersatz in einem

Burkhard Fleischer, Jan-Hendrik Fleischer

Dank einer schwenk- und senkbaren Halterung Marke Eigenbau wird Ihr Smartphone in Videokonferenzen und beim Distanzunterricht vielfältig und freihändig nutzbar.

Dokumente zu scannen, zu digitalisieren und bei Bedarf in Echtzeit einem ausgewählten Publikum zur Verfügung zu stellen, gewinnt mit dem wachsenden Bedarf an Home-Office, interaktiven Videokonferenzen und digitalen Lernangeboten zunehmend an Bedeutung. Das Ziel der hier vorgestellten Smartphone-Halterungen im Eigenbau besteht darin, aus Videokonferenzen mehr zu machen als sprechende Köpfe. Gespräche werden lebendiger, wenn Sie Ihrem Gesprächspartner Buchstellen ohne Umwege zeigen, Markierungen vornehmen und die gezeigten Inhalte live gemeinsam besprechen können – und all das, ohne die Dokumente vorab etwa mit einem Flachbettscanner digitalisiert zu haben. Das Charmante an den drei hier gezeigten Bastelvorschlägen ist, dass sie ohne schwer zu beschaffende Komponenten auskommen und von regelmäßigen Bastlern mit wenigen Handgriffen zusammengesetzt sind. Den wichtigsten Schlüssel-Gegenstand dürften Sie ohnehin bereits besitzen: Ihr Smartphone.

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Die Variante 2 kommt mit einem Minimum an Material aus, das sich in den meisten Bastelkellern so oder in ähnlicher Form finden sollte.

Im Folgenden sollen drei Alternativen für den Bau einer Smartphone-Halterung zum Einsatz als Buchscanner, Dokumentenscanner sowie als Multifunktions-Kamerastativ für Webkonferenzen und Homeschooling vorgestellt werden, die trotz prinzipieller Gemeinsamkeiten doch unterschiedlichen Ansprüchen genügen. Am Ende des Artikels zeigen wir in einem kurzen Video, welche Möglichkeiten alle drei Konstruktionen im Distanzunterricht-Szenario bieten und wir beschreiben außerdem, wie sie in vier Schritten zu Ihrer kostenlosen Konferenzschaltung mit Discord kommen.

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Allen drei gezeigten Konstruktions-Varianten ist gemein, dass sie aus je vier Baugruppen bestehen, einem Auflagebrett, der Führungssäule, einem Laufschlitten und der Handywanne. Die Abmessungen der einzelnen Bauteile richten sich nach den Maßen des eigenen Handys und den individuell zur Verfügung stehenden Materialien. Der Pandemie wegen wurde weitgehend auf Einkaufsgänge verzichtet und lieber auf Materialien zurückgegriffen, die ohnehin im eigenen Materialfundus vorhanden waren – hier ist beim Nachbau etwas Kreativität und Improvisationstalent gefragt.

Der Dokumentenscanner aus Make 3/16, hier die mit alten Druckerteilen motorisierte Version – im kostenlos online nachzulesenden Artikel [3] wird auch noch eine rein manuelle Version beschrieben.

Die erste Variante ist ein umgebauter Eigenbau-Dokumentenscanner, wie er in der Make-Ausgabe 3/16 ab Seite 94 ausführlich beschrieben wurde (der Artikel steht inzwischen gratis im Volltext [4] zur Verfügung). Der wesentliche Unterschied der hier vorgestellten neuen Version zu diesem Vorläufer liegt im Austausch der Kamera: Die Webcam der alten Version ist durch das Handy ersetzt worden. Das Handy vermag nicht nur hochauflösende Fotos zu schießen, sondern ist auch durch die digitale Verarbeitung der Aufnahme in der Lage, selbst schwierige Lichtverhältnisse zu kompensieren. In der alten Version war noch eine Stromversorgung für externe Beleuchtungskörper integriert. Auf diesen Teil der Elektronik kann in der umgebauten Version verzichtet werden. Ist eine externe Beleuchtung dennoch mal notwendig, kann auf einfache kabellose LED-Leuchten zurückgegriffen werden. Für ein einfaches Stativ dafür gibt es ebenfalls eine ausführliche Bauanleitung online [5].

Variante 1 im Einsatz als Buchscanner. Gescannt wird eine DIN A4-Vorlage.

Die wesentliche Funktion eines echten Buchscanners ist die Digitalisierung schriftlicher Dokumente. Deshalb ist der Kamerablick dabei stets vertikal auf die Schriftstücke ausgerichtet. Die Handyaufnahmen werden als Bilddateien abgespeichert. Sollen die fotografierten Dokumente als Texte weiterverarbeitet werden, müssen sie mittels einer separaten Texterkennungssoftware ausgelesen werden. Die Handyaufnahmen sind qualitativ so gut, dass dies problemlos gelingen sollte.

Handys gibt es in einer großen Vielfalt mit den unterschiedlichsten Abmessungen. Deshalb werden in den folgenden Bauvorschlägen keine verbindlichen Maße angegeben, sondern Richtwerte, die dem jeweils zum Einsatz kommenden Handy angepasst werden müssen. Mein benutztes Handy ist das iPhone 6S, nach heutigen Maßstäben ein eher kleines Handy.

Die Säule der alten Version mit ihrem motorisierten Schlitten ist vollständig übernommen worden, nur hat sie ihren Standort verlegt. Durch den Umbau des alten Dokumentenscanners zum kombinierten Buch- und Dokumentenscanner ist der alte Kameraarm durch einen zweigeteilten ersetzt worden. Ein starrer Teil wird fest mit dem durch den motorischen Antrieb nach oben und unten fahrbaren Schlitten verschraubt. Für das Handy ist eine Wanne vorgesehen, die wie eine flache Zigarrenkiste aussieht. Das Handy wird nicht fest eingebaut, sondern wird locker in die Wanne gelegt und kann jederzeit ohne Schwierigkeiten wieder entnommen werden. Durch die in den Wannenboden geschnittenen Gucklöcher erhält die Kamera freien Blick auf das darunterliegende Dokument. Die rechte Seitenwand der Wanne ist mit einer Aussparung in Handybreite versehen. Dadurch lässt sich das Handy sowohl für Hoch- als auch für Queraufnahmen positionieren. Dadurch, dass unser Gerät nicht nur für Einzelaufnahmen, sondern auch für Videoaufnahmen z.B. in Videokonferenzen genutzt wird, könnte der Handyakku schnell erschöpft sein. Zur Sicherheit sollte das Handy deshalb am Ladekabel angehängt bleiben. Für diese Situation sollte für Platz in der Wanne und für Aussparrungen in der Wannenwand gesorgt werden, durch die das Ladekabel geführt werden kann.

Bauteile von links nach rechts: Adapter für den Schlitten; Schraube als Kupplung; Handywanne. Die Handywanne lässt sich um die Längsachse drehen, sodass die Kamera vom lotrechten Blick ausgehend stufenlos in eine beliebige Richtung blicken kann.

Sowohl die Stirnseite des starren Schlittenteils als auch die der Handywanne werden durch zugeschnittene Sperrholzbrettchen verstärkt. Diese Brettchen werden mit einer 6 mm starken Bohrung versehen. Über diese Bohrungen lassen sich die beiden Bauteile mit einem ebenfalls 6 mm starken Bolzen so miteinander verschrauben, dass die Wanne sich horizontal drehen lässt. Die Wanne samt darin abgelegten Handy hat somit zwei Freiheitsgrade. Mittels des motorischen Antriebs ist sie auf der Hochachse verschiebbar. Dies wirkt wie ein optischer Zoom. Durch Heranfahren an die Vorlage wird der Bildausschnitt kleiner, die auf dem Ausschnitt dargestellten Objekte sind vergrößert. Eine gegenteilige Wirkung erziele ich, wenn der Schlitten nach oben gefahren wird.

Einfache Fotoleuchten mit zwei Arbeitsplatzstrahlern vom Discounter, das Stativ ist ausführlich in einem eigenen Online-Artikel [6] beschrieben.

Dadurch, dass die Wanne sich um die Längsachse drehen lässt, ist das Gerät vom reinen Buchscanner zum Dokumentenscanner und zur vielfältig nutzbaren Kamerahalterung erweitert worden. Die Kamera blickt nicht mehr nur fest nach unten, sondern der Blick wandert stufenlos über den seitlichen Raum und fängt alles in den Fokus kommende ein. So kann man beispielsweise live von einem zuerst eingeblendeten Dokument senkrecht unter dem Handy auf ein weiter hinten auf dem Tisch aufgebautes Experiment schwenken, dass man dann vorführen kann, wobei man beide Hände frei hat (siehe auch Video am Ende des Artikels).

Kalibrieren der Handywanne mittels eines Geodreiecks. Die Bodenplatte der Handywanne wird solange ausgerichtet, bis die Seiten der Quadrate parallel sind.

Lediglich um die Querachse ist die Wanne starr. Dies erfordert beim Bau besondere Aufmerksamkeit. Wenn ein schriftliches Dokument gescannt wird, sollten die gegenüberliegenden Ränder paarweise parallel sein. Dies setzt allerdings voraus, dass die vier Kanten des Handywannenbodens den gleich Abstand zur Vorlage haben. Um dies zu erreichen, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise. Zunächst werden die Wannenseiten zugeschnitten und verklebt. Der Wannenboden wird großzügig bemessen, sodass er stramm in den Wannenrahmen passt. Zunächst wird lediglich das Fußende des Bodens in den beiden Ecken mit je einem Tropfen Kaltleim angeheftet. Ist dieser getrocknet, wird das Handy vorsichtig auf den Boden gelegt. Als Kalibrierungswerkzeug habe ich ein großes Geodreieck verwendet. Ziel ist es, die Quadrate des Geodreiecks seitenparallel abzubilden. Es ist ein Leichtes, die Querlinien parallel hinzubekommen, dazu wird die Handywanne vorsichtig um die Längsachse gedreht. Um dies mit den senkrechten Geraden zu erreichen, wird das freie Ende des Wannenbodens mit Gefühl hoch oder herunter bewegt, bis auf dem Handy die Quadrate der Vorlage rechtwinklig abgebildet sind. Mit weiteren Tropfen Leim wird die Postion des Wannenbodens in den übrigen Ecken fixiert. Ist der Leim getrocknet, ist das Gerät einsatzbereit.

Die Handywanne sollte nicht zu eng bemessen sein, um das Handy bequem abzulegen und wieder entnehmen zu können. Dabei ist zu beachten, dass das Handy nicht versehentlich aus der Wanne fällt. Das kann leicht passieren, wenn das Gerät als Dokumentenscanner aufrecht eingesetzt wird. Sicherheitsnasen und Halteschienen beugen dieser Gefahr vor. Eleganter ist die Herausfallgefahr mit Magneten zu verhindern. Manche Handyhüllen sind zweigeteilt. Auf das eine Teil, in das ein Metallstreifen integriert ist, wird das Handy aufgesteckt. Die eigentliche Hülle enthält einen Magnetstreifen. Auf diese Art bleibt das Handy in der Hülle „kleben“. Lässt man in den Boden der Handywanne eine Anzahl kleinerer Rundmagnete ein, bleibt das Handy auch in der aufgerichteten Position der Wanne „kleben“.

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Nicht jedermann, der sich einen derartigen Scanner bauen möchte, kann als Basis auf einen defekten Drucker zurückgreifen, wie ich seinerzeit, als ich meinen ersten Dokumentenscanner baute, der jetzt die Basis für meine Variante 1 darstellte. Aus diesem Grund entstand die Idee für Variante 2, einen rein manuellen Scanner, für den die Zutaten in einem etwas größeren Bastelkeller vorhanden sein sollten.

Diese Variante des Buch- und Dokumentenscanners ist rein manuell zu bedienen. Damit der Schlitten auf der Säule zuverlässig hinauf- und hinuntererfährt, gilt diesem Bauteil die besondere Aufmerksamkeit. Der Schlitten ist um die Holzsäule herumgebaut, die bei mir aus einer gehobelten Latte mit dem Querschnittsmaß 25 mm × 55 mm besteht. Er ist nach einem einfachen Kastenprinzip konstruiert: Zwei Seitenteile werden mit zwei Spanten verbunden, wobei die Enden der Seiten nach hinten wie zwei Fahnen über den zweiten Spanten hinausragen. Diese Fahnen werden durchbohrt, durch die Bohrungen ein Stahldraht mit aufgeschobener Gummiwalze gesteckt und auf die Außenseiten der Fahnen passende Unterlegscheiben als Lager für den Stahldraht mit einem Metallkleber geklebt.

Varante 2: Schlitten und Handywanne sind im Prinzip wie bei der Variante 1 aufgebaut. Lediglich der Schlitten ist an die Besonderheit dieses Gerätes angepasst.

Nun zu den Details: Ein ausrangierter Drucker lieferte sowohl die passenden Gummiwalzen als auch den Stahldraht. Dort sorgten sie für den Papiervorschub. Die Walzen haben einen Außendurchmesser von 15 mm und einen Innendurchmesser von 12 mm, der Stahldraht einen Durchmesser von 8 mm. Um die Differenz auszugleichen, wurden zwei Rohrstücke mit 8 mm und 10 mm Innendurchmesser bei einer Wandstärke von 1 mm ineinandergeschoben und miteinander verklebt. Erst wenn die Welle so präpariert und die Gummiwalzen aufgezogen worden sind, kann sie in die Lager der noch losen Seitenwände aufgesteckt werden.

Die Seitenwände werden bewusst mit den Spanten verschraubt und nicht verklebt, denn dadurch lässt sich der Abstand zwischen der Säule und den Gummiwalzen passgenau einstellen und gegebenenfalls auch regulieren. Die Walzen sollten auf dem Holz der Säule den richtigen Grip haben, sodass der Schlitten durch sein Eigengewicht nicht nach unten rutscht, aber auch nicht zu stramm sitzt, denn dann ließe er sich auf der Säule nur mit großem Kraftaufwand bewegen.

Variante 2: Schlittenantrieb mittels zwei Gummiwalzen eines ausrangierten Druckers. Die Gummiwalzen sind durch die Antriebswelle so positioniert, dass auf die Säule ein Anpressdruck ausgeübt wird, der so stark ist, dass der Schlitten nicht von alleine hinabrutscht, andererseits die Welle sich leicht durchdrehen lässt, um den Schlitten nach oben oder unten zu bewegen.

Falls kein alter Drucker zur Verfügung steht, stellt die Beschaffung der Gummiwalze das größte logistische Problem dieses Scanners dar. Es gibt aber Schläuche vom Meter, zum Beispiel zum Selbstbau von Expandern oder als Ablaufschläuche bei Waschmaschinen. Jedoch sollten PVC-Materialien vermieden werden, denn diese sind zu spröde und zu glatt. Schläuche aus Naturkautschuk sind eindeutig die bessere Wahl.

Variante 2 im Homeschooling-Einsatz (5 Bilder) [8]

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Variante 2 im Einsatz als Buchscanner: Eine Buchdoppelseite wird quer eingescannt. Mit einer Scannersoftware können die Seiten z.B. in Einzelseiten aufgeteilt und weiter verarbeitet werden. Ist das Handy in Discord eingebunden, können die Adressaten live verfolgen, was ich lese ...

Die Handywanne muss nicht gesondert beschrieben werden, denn sie ist mit der aus der 1. Variante identisch. Dennoch ergibt sich bei diesem Scanner eine Besonderheit. Der Schlitten lässt sich von der Säule nach oben hin abziehen und um 180 Grad geschwenkt wieder aufstecken. Wird der Scanner an eine Tischkante gerückt, hat die Kamera freien Blick in die Tiefe. Auf diese Weise sind auch Aufnahmen von besonders großformatigen Vorlagen möglich, die auf dem Boden liegen.

Und wenn man denn will, könnte auch diese Variante motorisiert werden. Hinter der Säule könnte auf der Grundplatte ein Gleichstrommotor montiert werden, der über ein Schneckengetriebe – eine Gewindestange ist dabei eine simple Lösung – den Schlitten hinauf und hinab bewegt. Um die Laufrichtung des Motors zu ändern, ist eine sogenannte H-Brücke notwendig, wie schon im Artikel zum alten Dokumentenscanner aus Make 3/16 beschrieben worden ist.

Der Schlitten des Opemus III hat eine Bohrung von 29mm Durchmesser. Für diese Bohrung ist ein Adapterstück passgenau gedreht worden.

Diese dritte Version ist ohne größeren Aufwand zu fertigen. Die Grundplatte, die Säule und der Schlitten werden von einem alten Kleinbildvergrößerer unverändert übernommen. Derartige Geräte aus den 50er und 60er Jahren können bei eBay für etwa 20 Euro ersteigert werden. Der zentrale Bestandteil des Gerätes, die Optik- und die Beleuchtungseinheit, werden vom Schlitten entfernt. Oftmals ist diese Einheit – genau wie die bisher beschriebene selbstgebaute Handywanne – mittels eines Zapfens oder eines Bolzens um die Längsachse drehbar gelagert. Diese Befestigungsart gilt es so weit nachzubauen, dass das Kupplungsstück einerseits in den Schlitten des Kleinbildvergrößerers passt, andererseits sich drehbar mit der Handywanne verbinden lässt.

Bei dem von mir erstandenen Gerät, einer Opemus III, ist die Optikeinheit mit einem kräftigen Bolzen versehen, der in eine 29 mm starke Bohrung des Schlittens geschoben und mit einer Feststellschraube fixiert wird. Den Bolzen baute ich aus zwei 15 mm dicken Sperrholzresten mittels einer Lochsäge nach. Die Scheiben werden zusammengeklebt und mit einer Tischbohrmaschine so weit nachgearbeitet, bis sie den erforderlichen Durchmesser haben. Auf den Zapfen kommt noch ein Auflagebrett, um die technisch bedingten Nuten des Originalschlittens auszugleichen. Und damit ist das Gerät bereit, um eine Handywanne, wie sie bereits für die beiden anderen Versionen beschrieben worden ist, angeschraubt zu bekommen.

Die Handywanne ist im Prinzip wie bei den anderen Varianten gebaut und durch die Kupplungsschraube drehbar gelagert.

Variante 3 im Einsatz als Buchscanner. Der Hub ist so groß, dass selbst Doppelseiten großformatiger Kunstbücher kopiert werden können.

Die hier vorgestellten Konstruktionen sind drei Variationen des gleichen Grundmusters: Stative für das Handy, um für das Fotografieren und Filmen in der lotrechten bis horizontalen Ausrichtung beide Hände frei zu haben. Möchte man damit etwa ein ganzes Buch scannen, ist es hilfreich, die Auslöseverzögerung des Handys zu nutzen, die man meistens einstellen kann. Drei Sekunden zwischen Tippen auf den Auslöser und Aufnahme sind lang genug, um etwa umzublättern und die Seiten mit beiden Händen glattzustreichen. Vorlagen in der Größe DIN A4 lassen sich mit allen hier gezeigten Varianten gleich gut kopieren. Schriftstücke, die per Post kamen, haben in der Regel Knickfalten. Diese lassen sich ausbügeln, wenn man eine Glasscheibe (etwa von einem alten Bilderrahmen oder defekten Flachbettscanner) auf das Schriftstück legt. Allerdings sollten dabei störende Lichtreflexe auf der Scheibe vermieden werden.

Auch Bücher in den gängigen Formaten lassen sich mit allen Geräten einlesen, selbst Doppelseiten des aufgeschlagenen Buches stellen kein Problem dar. Dennoch ermöglichen die verschiedenen baulichen Unterschiede der drei Varianten die Lösung spezieller Aufgaben.

Variante 3 im Homeschooling-Einsatz. Das Bild zeigt das Gerät im häuslichen Umfeld. Die Handywanne ist um 90 Grad gekippt, die Blick der Kamera ist auf das davor stehende Klemmbrett (90cm × 60cm) gerichtet ...

Sollen in einer Videokonferenz aus dem Homeoffice oder im Distanzunterricht schriftliche Dokumente oder dreidimensionale Modelle diskutiert werden, die auf dem Schreibtisch neben dem Gerät stehen, so lässt sich rasch mit dem motorischen Scanner (1. Variante) auf zu besprechende Details des Dokumentes heranfahren, um diese zu erläutern. Die Kamera lässt sich rasch auf das Modell neben dem Scanner umschwenken. Genauso rasch kann für den Selfie-Modus die Kamera gedreht werden, um mit dem Gegenüber Blickkontakt aufzunehmen. Und bei all diesen Situationen hat man beide Hände frei, um zu zeigen, umzublättern oder um zu demonstrieren. Einzig störend wirkt lediglich das Motorengeräusch während der Schlittenfahrt.

... und so sieht das Klemmbrett aus Schülerperspektive aus. Diese Konstellation lässt sich durch den Lehrervortrag – der Lehrer steht neben dem Klemmbrett im Bild – ergänzen. Schüler verfolgen den Vortrag live oder schauen sich das Video an, wenn es vorher auf einem Server gespeichert wurde. Für diese Situation ist aber ein externes Mikrofon empfehlenswert.

Geräuschlos ist die Schlittenfahrt bei der 2. Variante. Allerdings ist sie des Handbetriebs wegen nicht so flüssig und auch nicht so flott. Jedoch ist sie das Leichtgewicht unter den Dreien. Dadurch ist diese Variante für den mobilen Einsatz geeignet, z.B. in Zukunft als Hilfsmittel bei der Recherche in einer Bibliothek, um schnell mal einige Seiten aus verschiedenen Quellen zu kopieren. Zu diesem Zweck wäre es denkbar, die Säule als Stecksäule zu konzipieren, um für den Transport ein flaches Gepäckstück zu haben.

Der umgebaute Kleinbildvergrößerer ist das schwerste und sperrigste Gerät dieser Sammlung. Es ist dabei aber auch das robusteste. Wenn der Kameraschlitten bis in die oberste Position gefahren wird, befindet sich die Kamera mit dem Referenten in Augenhöhe, selbst wenn er steht. Im Distanzunterricht kann der Lehrer zum Beispiel im Stehen mit seinen Schülern kommunizieren, dabei umfangreiche Experimente unmittelbar vorführen und erläuternde Texte an die Tafel schreiben. Diese vielfältigen Funktionen lassen sich auf diese Weise mit einem einzigen Gerät realisieren.

Wenn die Geräte als Buchscanner benutzt werden sollen, müssen einige Punkte beachtet werden. Die mit diesen Geräten geschossenen Aufnahmen sind Rohmaterialien. Man kann es hierbei bewenden lassen, wenn bei der Aufnahme, also bei der Ausrichtung der Vorlage und der Ausschnittswahl, sorgfältig vorgegangen wurde. Ein grundsätzliches Problem stellen Kopien von Schwarz-Weiß-Vorlagen dar. Da das Handy Farbaufnahmen macht, haben die Kopien einen Farbstich. Viele der Aufnahmeprobleme lassen sich mit einer Scannersoftware wie ScanTailor [10] (etwas in die Jahre gekommen, dafür aber kostenlos) oder teuren Profiprogrammen samt OCR (optischer Zeichenerkennung) nachträglich korrigieren.

Die Geräte lassen sich als Stative für Videoaufnahmen mit dem eigenen Handy nutzen. Dies gilt besonders für Aufnahmen von Gegenständen, Experimenten und Vorträgen. Geht die Blickrichtung allerdings im Querformat senkrecht nach unten, kann es bei der Wiedergabe Probleme geben. Obwohl das Motiv auf dem Display korrekt dargestellt wurde, war das Wiedergabeformat in unseren Experimenten oftmals hochkant. Abhilfe schuf ein kleiner Trick: Vor der Aufnahme wird die Handywanne so gedreht, dass das Handy zunächst nach vorne schaut, dann dreht man die Wanne in die Senkrechte und startet die Aufnahme, was bei unseren Versuchen ein korrektes Wiedergabeformat ergab.

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Um eine Brücke zwischen dem Dokumentenscanner und der Außenwelt zu schlagen, ist eine Software erforderlich. Aus der Fülle an Videokonferenz-Softwares setzen wir in diesem Beispiel aus praktischen Erwägungen Discord ein. Die in ihren Grundfunktionen kostenlose Plattform [12] deckt unsere Ansprüche ab. Sie ermöglicht (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels) Videokonferenzen in solider Bild- und Tonqualität für bis zu 50 Teilnehmer, erlaubt kleine Dateianhänge, ist plattformunabhängig über den Web-Bowser einsetzbar oder als installierbare Anwendung für Windows, Mac, Linux sowie als App für gängige Smartphones mit iOS oder Android verfügbar. Größere Dateianhänge oder Video-Auflösungen oberhalb von 720p setzen den Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements voraus, sind aber für den hier getesteten Einsatzbereich nicht erforderlich. Je nach Einsatzzweck – besonders im schulischen Bereich – sollten vor dem Einsatz von Discord gegebenenfalls die Datenschutzbestimmungen geprüft werden, da viele persönliche Daten über Server außerhalb der EU übertragen werden. Denkbar ist in Einzelfällen, auf einen alternativen Dienst wie iServ zurückzugreifen. Der Anbieter von iServ hat sich auf Schulen als Anwender spezialisiert. Für private Verwendung ist die Software nicht zugänglich.

Um mit Discord auf Sendung zu gehen, sind für eine erfolgreiche Videokonferenz vier Schritte nötig. Erstens benötigen alle Teilnehmer ein kostenloses Discord-Benutzerkonto. Zweitens ist es nötig, einen Server einzurichten. Das klingt zunächst kompliziert, ist aber bei der ersten Anmeldung auf Discord mit wenigen Klicks erledigt. Es sind keine besonderen Konfigurationen nötig, ein ganz normaler Standard-Server genügt für einen ersten Test. Anpassungen können später über die Benutzeroberfläche durchgeführt werden, falls gewünscht. Damit Konferenz-Teilnehmer den soeben eingerichteten Server finden, lassen sie sich in Schritt drei einladen. Über die Schaltfläche Freunde einladen kann man einen Link auf den eben eingerichteten Server erstellen. Diesen Link verteilt der Konferenzleiter an die Teilnehmer, beispielsweise per Mail. In Schritt vier geht es dann auf Sendung, indem auf dem Server Konferenz-Leiter und Konferenz-Teilnehmer den Sprach-Kanal betreten. Zunächst ist nur die Sprachübertragung mit dem Mikrofon aktiv. Um zusätzlich die Videoübertragung zu beginnen, genügt ein Finger-Druck auf das Kamera-Symbol in der Benutzeroberfläche der Discord-App auf dem Handy oder ein Klick auf das Kamera-Symbol auf dem PC.

Haben sich Konferenzleiter und Teilnehmer auf dem Server eingefunden, kann die Präsentation beginnen und die Teilnehmer folgen der Live-Übertragung. Es ist möglich, während der Übertragung zwischen der Selfie-Kamera und der rückwärtigen Kamera zu wechseln. Das ist beispielsweise sinnvoll, um zunächst den Sprecher vorzustellen und später auf das Präsentationsobjekt zu wechseln. Die Übertragung lässt sich beenden, indem der rote Knopf mit dem Kreuz neben dem Kopfhörer gedrückt wird.

Damit ist der Grundstein gelegt. Konferenzleiter können auf diesem Gerüst fußend eine Vielzahl von Feineinstellungen vornehmen. Es lassen sich auf Discord Benutzerrechte zuweisen, Dateien hochladen und für eine bessere Struktur Ordner anlegen. Discord nennt diese Ordner Kanäle. So ist beispielsweise denkbar, in einem eigenen Kanal im Anschluss an einen Vortrag Manuskripte als PDF hochzuladen und Teilnehmern zur Verfügung zu stellen, die an der Live-Übertragung nicht teilnehmen konnten. Falls sich Rückfragen ergeben, können diese im Text-Chat gestellt und beantwortet werden. Sinnvoll ist, dass in einem der Kanäle per Text-Ankündigung auf kommende Live-Übertragungen hingewiesen wird. Damit alle Teilnehmer eine Benachrichtigung erhalten, kann man eine Ankündigung mit dem Kommando @everyone versehen und hervorheben. Alle Benutzer erhalten dann einen Hinweis in Discord.

Im Distanzunterricht wird durch unsere Buch- und Dokumentenscanner der Schwerpunkt auf analoge Unterrichtsverfahren gelegt, deren Inhalte digital mit den Empfängern ausgetauscht werden. Die Geräte sind „um das eigene Handy“ herumgebaut. Dadurch ist die Einstiegshürde für den Distanzunterricht bewusst niedrig gehalten worden. (pek [13])


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