DivX im Griff

Das ‘MP3 für Video’ ist in seinem dritten Erfolgsjahr, aber der Umgang damit ist noch längst nicht so einfach wie mit dem populären Musikformat. An allen Ecken lauern kleinere und größere Unwägbarkeiten, angefangen von Abspielproblemen bis hin zu misslungenen DVD-Sicherungskopien - Probleme, die gelöst werden müssen.

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Inhaltsverzeichnis

Was dem Musikfan sein MP3, ist DivX dem Filmfreak. Beide haben das Konsumverhalten der Internet-User revolutioniert. Doch während sich die Songs einer Audio-CD per Drag and Drop in Sekundenschnelle nach MP3 umwandeln lassen, bringt Videokodierung auch aktuelle PCs für Stunden zum Schwitzen - und angesichts zahlreicher einzustellender Parameter für perfekte Qualität auch so manchen Anwender.

Auch bei der Wiedergabe von DivX-Movies können etliche Probleme auftreten. Wir beleuchten die gängigsten DivX-Mätzchen und deren Behebung, betrachten Komplettlösungen für DVD-Backups und widmen uns abschließend DivX mit allen Schikanen, dessen Ergebnisse dem Komfort von DVDs kaum nachstehen: AVIs mit mehreren MP3- oder AC3-Tonspuren (Dolby Digital 5.1), Kapiteln und einblendbaren Untertiteln.

Obwohl DivX als Windows-DLL das Licht der digitalen Videowelt erblickte, gibt es inzwischen Lösungen auch unter Linux und Mac OS DivX-Movies abzuspielen und zu erstellen, siehe dazu Seite 100.

Doch zunächst gilt es, die häufigsten Missverständnisse auszuräumen. Oft werden nämlich ‘DivX’ und ‘AVI’ quasi als Synonyme verwendet, bunt gemixt mit ‘MPEG-4’.

AVI (kurz für ‘Audio Video Interleave’) ist ein Dateiformat, und zwar eine spezielle Form des ‘Resource Interchange File Format’ (RIFF), das auch bei WAV-Dateien Verwendung findet. Bei DivX hingegen handelt es sich um ein Videokompressionsverfahren, das in einem Codec (Compressor/Decompressor) implementiert wird. MPEG-4 definiert beides: sowohl ein Dateiformat als auch Kompressionsverfahren für Video und Audio.

Das AVI-Format fungiert - ebenso wie RealMedia (RM) und QuickTime Movie (MOV) - als Container, also als Behälter, der üblicherweise eine Videospur und eine (oder mehrere) Audiospuren beherbergt. Einer AVI-Datei sieht man zunächst nicht an, was in ihr steckt. Erst ein Blick ins Innere verrät, welcher Codec für die Kompression des Videos eingesetzt wurde.

Um die Konfusion auf die Spitze zu treiben, geistert gleich eine Handvoll ‘DivX’-Sorten durchs Internet, die alle mehr oder weniger an die MPEG-4-Spezifikation angelehnt sind.

Beim ‘Original’ DivX;-) 3.11 Alpha handelt es sich um eine gepatchte Variante von Microsofts MPEG-4 Version 3 (MP43c32.dll), die kein ISO-konformes MPEG-4-Video erzeugt. Microsoft hatte während der Beta-Phase der ‘Media Tools 4’ die AVI-Unterstützung zu Gunsten seines patentierten ASF-Formats aufgegeben. Um diese Limitierung aufzuheben, patchten Jérôme ‘Gej’ Rota und ‘Max Morice’ im September 1999 den Codec. Der so genannten ‘Low Motion’-Variante (DIV3, DivXc32.dll) liegt Microsofts MPEG-4 v3 in Version 4.1.00.3290 zu Grunde. Das besser für actionreiche Szenen geeignete ‘DivX;-) Fast Motion’ (DIV4, DivXc32f.dll) setzt auf eine ältere Version (Build 4.1.00.3917) auf. Beide nutzen dasselbe Bitstromformat, lassen sich also mit demselben Decoder abspielen.

Bei DivX;-) 3.22 oder auch ‘DivX;-) 3.11 VKI’ (Variable Keyframe Interval) handelt es sich um eine nochmals gepatchte Version, die sich lediglich darin unterscheidet, dass sie automatisch Keyframes bei Szenenwechseln setzt (daher auch ‘Scene Change Detection Patch’ genannt).

Im Mai 2000 gründeten Gej und andere die Firma DivXNetworks. Unter dem Namen ‘Project Mayo’ setzten sie das Open-Source-Projekt OpenDivX auf. Der zugrunde liegende Code stammt aus der MPEG-4-Referenzimplementierung des EU-Projekts ‘MoMuSys’. OpenDivX hatte mit DivX nur den Namen gemein, es konnte zunächst keine mit DivX;-) erzeugten Movies abspielen.

Mit der Veröffentlichung von DivX 4.0 im August vergangenen Jahres ließ DivXNetworks das Open-Source-Projekt einschlafen. Die Kodiereffizienz war bis zur letzten Version 4.12 durch die Bank schlechter als bei DivX;-), aber immerhin spielte bereits die Beta von DivX 4 mit DivX;-) erzeugte Videos ab.

DivX 5 ist DivXNetworks’ erstes kommerzielles Produkt. Die kostenlose Basic-Varian-te produziert ISO-konforme MPEG-4-Bitströme gemäß dem ‘MPEG-4 Simple Profile’. Das 30 US-Dollar teure DivX Pro unterstützt das ‘MPEG-4 Advanced Simple Profile’, das mit B-Frames, Global Motion Compensation (GMC) und höherer Genauigkeit bei der Bewegungsschätzung bis auf Quarter Picture Elements (QPel) aufwartet (siehe unten). Der Codec schreibt auf Wunsch statt AVI- auch MP4-Dateien. Nur diese können von ‘echten’ MPEG-4-Playern wie Apples QuickTime 6 abgespielt werden.

Auf Grundlage von OpenDivX hat ein unabhängiges Team (www.videocoding.de) inzwischen den Codec XviD entwickelt. Er hinkt DivX zwar hinterher, erfreut sich aber zunehmender Beliebtheit. XviD unterstützt seit kurzem ebenso wie DivX 5 Bidirectional Prediction - wenn auch erst experimentell. Der Codec wird unter anderem beim MPEG4IP-Projekt eingesetzt, das eine Lösung für MPEG-4 Video/Audio zu Testzwecken unter GPL veröffentlicht (http://mpeg4ip.sourceforge.net).

Ende Juni hat Sigma Designs den RealMagic MPEG-4-Codec (RMP4) herausgebracht, der einige erstaunliche Übereinstimmungen mit XviD aufweist. Er bietet keinen 2-Pass-Modus (siehe unten), unterstützt aber B-Frames.

Die Konsequenz des Versionschaos: Schon das Abspielen eines DivX-AVI kann scheitern. Wer etwa nur das ‘originale’ DivX;-) installiert, kann keine neueren DivX-Movies abspielen - nur umgekehrt klappts.

Bleibt das Bild schwarz und die Boxen stumm, hilft meist ein scharfer Blick ins Innere des AVI. Unter Windows XP gibt ein Rechtsklick auf die Datei ‘Eigenschaften, Dateiinfo’ wichtige Informationen über die verwendeten Codecs preis - leider nur, wenn diese auch installiert sind. Ältere Windows-Versionen teilen hier freundlicherweise auch mit, welcher Codec ihnen fehlte (‘could not find vids:DIV3 ...’). Noch auskunftsfreudiger als Windows ist das Utility GSpot (siehe Soft-Link). Es teilt dem Anwender sogar mit, ob der betreffende Video-Codec korrekt installiert ist oder nicht.

Bei ‘DIV3’ handelt es sich um den so genannten ‘Four Character Code’ (FOURCC), den Microsoft mit Video for Windows (VfW) einführte. Eine weitgehend vollständige FOURCC-Liste findet sich unter [1]. Folgende Four Character Codes tauchen des Öfteren im Zusammenhang mit ‘DivX-Movies’ auf:

FOURCC Codec
MP41, MP42 MS MPEG-4 Version 1, 2
MP43 MS MPEG-4 Version 3
3IVX, 3IV2 DivX-Konkurrenz von Happy Machines
DIV3 DivX;-) Low Motion
DIV4 DivX;-) Fast Motion
DIVX OpenDivX und DivX 4.x
DX50 DivX 5.x
XVID XviD (auch DX50, DIVX)
RMP4 Sigma Designs Realmagic MPEG-4 (auch DIVX, DX50)

Mitunter tauchen auch FOURCCs wie DIV5, DIV6 oder AP41 (Angel Potion) auf. Solche Dateien lassen sich auch mit einem Codec für DivX;-) abspielen, aber erst, nachdem man die üblicherweise an den Hex-Offsets 70 (fccType) und BC (fccHandler) zu findenden Klartexteinträge beispielsweise mit einem Hexeditor in DIV3 ändern. Alternativ tuts auch wie FOURCC-Changer wie ‘AviC’ (liegt den Windows-Binaries von XviD bei). Vereinzelt wird auch DIV2 statt MP42 oder DIV1 statt DIVX verwendet.

DivX 5 spielt auch ohne Änderung des FOURCC auch solche Videos, die seine Vorgänger kodiert haben. Wer ein mit XviD oder Realmagic MPEG-4 erzeugtes Video abspielen, aber nicht die Codecs installieren will, kann sie ebenfalls mit DivX 5 anzeigen lassen, sofern er ihnen die Kennung DIVX oder DX50 verpasst.

Die meisten dieser Probleme erledigen sich jedoch von selbst, wenn man den DirectShow-Filter ‘ffdshow’ (siehe Soft-Link) einsetzt. Selbst wenn überhaupt kein DivX-Codec installiert ist, dekodiert er DivX 3, 4, 5, Microsofts MP4v1 bis v3 und XviD.

Zudem lässt sich die Wiedergabe-Qualität in weiten Bereichen beeinflussen. Neben Post Processing, Farbeinstellungen, Korrektur von Chroma- und Lumaoffset kann er Weichzeichnen, Schärfen, Untertitel einblenden, zu Diagnosezwecken die Bewegungsvektoren einblenden oder das Bild mit beliebigem Seitenverhältnis darstellen. Letzteres hilft, falls man ein mit falschem Aspect Ratio kodiertes DivX entzerrt abspielen will und der eingesetzte Media Player selbst keine unterschiedlichen Seitenverhältnisse unterstützt. Falls die Abspielsoftware das AVI kopfüber abgespielt, hilft ein Klick im Konfigurationsdialog von ffdshow und schon ist das Problem behoben.

[1] FOURCC-Liste: www.fourcc.org/

www.ct.de/0218094 (vza)