Abgeschnitten

Eigentlich kann das iPhone seine Internet-Verbindung auch an Notebooks weitergeben, doch T-Mobile erlaubt dies nur mit einem entsprechenden Datentarif.

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Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Fabian Schmieder
Inhaltsverzeichnis

Von Beginn an bot das iPhone keine offizielle Option für den Einsatz als Mobilfunk-Modem. Mit der „Tethering“-Funktion („Anbinden“) hat der Hersteller in der Firmwareversion 3.0 diese Möglichkeit geschaffen – allerdings nur, um sie wenig später mit der 3.1-Firmware faktisch wieder außer Betrieb zu setzen. Das sorgte in der Nutzergemeinde für heftigen Unmut und warf die Frage auf, ob man Apple oder den Netzbetreiber T-Mobile nicht auf rechtlichem Wege zwingen könne, die begehrte Funktion kostenlos wieder freizuschalten.

Das UMTS-fähige iPhone 3G/3GS wird in Deutschland derzeit noch exklusiv [1] von T-Mobile in den sogenannten Complete-Tarifen angeboten. Dazu gehören Flatrates, die nach Erreichen bestimmter Volumengrenzen (300 MByte, 1 GByte, 5 GByte) mit einer Drosselung der Bandbreite auf GPRS-Geschwindigkeit einhergehen.

Der Gedanke, das iPhone mit Hilfe einer solchen Datenflatrate als Brücke zum Netz für Note- oder Netbooks – etwa per Bluetooth – zu nutzen, liegt nahe. Allerdings bot Apples Erfolgs-Handy von Haus aus bis zur Firmware-Version 3.0 keine reguläre Möglichkeit dazu, vielmehr hatte der Hersteller die dafür notwendigen Bluetooth-Profile schlichtweg ausgespart.

Diverse Applikationen zeigten dennoch, dass der Nutzung des Geräts als Modem keine grundsätzliche technische Hürde im Weg stand. Sie liefen allerdings nur auf manipulierten iPhones, die man mit einschlägigen Tools wie „Jailbreak“ [2] von ihren Einschränkungen befreit hatte.

Offiziell scheint Apple Modem- beziehungsweise Routerfunktionen anfänglich bewusst nicht implementiert zu haben. Die Netzbetreiber und damit Partner im Vertriebskonzept fürchteten offenbar, dass „zweckentfremdete“ kartenbestückte iPhones das Geschäft der Provider mit gesondert erhältlichen Datentarifen für UMTS-Karten oder -Sticks beeinträchtigen könnten.

Als am 17. Juni 2009 die „Tethering“-Funktion eingeführt wurde, die das iPhone als Datenbrücke für andere Geräte erschließt, war die Freude in der Anwendergemeinde groß. Allerdings ist die Modemnutzung nicht von vornherein freigeschaltet. Tatsächlich findet man nach dem Firmware-Update von einer früheren Betriebssystemversion aus nicht einmal den Menüpunkt „Internet Tethering“. Er taucht erst dann unter den Netzwerkeinstellungen im Unterpunkt „Allgemeines“ auf, wenn man die Funktion mit speziellen Konfigurationsdateien freigeschaltet hat. Mit ein paar Handgriffen aktivierten findige Nutzer diese Option allerdings selbst und verbreiteten ihr Wissen bereitwillig im Internet [3].

Der große Knall kam dann allerdings mit der Veröffentlichung der Firmwareversion 3.1 am 9. September 2009. Nach dem Update erhielten T-Mobile-Kunden, die noch unter der Version 3.0 eifrig „tethern“ konnten, den lapidaren Hinweis, man möge sich bitte mit dem Netzbetreiber in Verbindung setzen, um die Funktion zu nutzen. Die selbst erstellten Konfigurationsdateien waren plötzlich mangels korrekter Signatur, welche nur Apple erstellen kann, keine Hilfe mehr.

T-Mobile bietet seit Oktober 2009 die Möglichkeit, sich die Option offiziell freizuschalten – für rund 20 Euro im Monat erhalten iPhone-Besitzer die „Erlaubnis“, ihr Gerät als Modem zu nutzen, und bekommen zum Inklusivvolumen weitere 3 GByte hinzu. Denjenigen Altkunden von T-Mobile, die noch die „Complete“-Tarife der ersten Generation haben, steht diese Möglichkeit nicht zur Verfügung [4], obwohl es zunächst so aussah, dass die Modemfunktion für diese Kunden sogar kostenlos zu haben sein sollte [5].

Das Mobilfunkunternehmen sieht sich im Recht: Tethering und die Modemnutzung seien auch bei den alten „Complete“-Tarifen nie Vertragsgegenstand gewesen. Man sehe keine Verpflichtung, dass T-Mobile das Mobilfunknetz anpasse, um in den älteren „Complete“-Tarifen die begehrte Nutzung des iPhones als Datenübertragungsbrücke zu ermöglichen [6].

Welche Änderungen am Mobilfunknetz erforderlich sein sollen, um etwas anzubieten, was vor dem Software-Update des iPhone bereits einwandfrei funktioniert hat, lässt T-Mobile offen. Im Prinzip funktioniert die Nutzung der Modemfunktion des iPhone nicht wesentlich anders als die ohnehin jederzeit mögliche Arbeit mit der SIM-Karte aus einem „Complete“-Tarif in einem anderen datenübertragungsfähigen Handy oder einem UMTS-Stick.

Möglicherweise geht es der Mobilfunktocher der Deutschen Telekom AG eher darum, ihre Kunden durch technische Restriktionen zum Abschluss der kostenpflichtigen Modemoption zu zwingen. Ein weiterer vertragsrechtlicher Winkelzug von T-Mobile nährt diese Vermutung: Bereits seit Mai 2009 enthält die Preisliste von T-Mobile eine merkwürdige Einschränkung zum Inklusivvolumen der „Complete“-Tarife: „Das enthaltene Datenvolumen darf nur mit einem Handy ohne angeschlossenen oder drahtlos verbundenen Computer genutzt werden. Eine Nutzung mit Data Cards, Data USB Sticks, Surf-Boxen oder Embedded Notebooks ist nicht Gegenstand des Vertrags.“

T-Mobile bleibt jedenfalls vorerst unbeeindruckt von dem Protest etlicher Kunden, welche sich unter anderem in der Facebook-Gruppe „Hallo T-Mobile, liebe Telekom: es reicht!!!“ und in einer Online-Petition [7] formiert haben. Losgelöst von kollektiven Unmutsäußerungen stellt sich allerdings die Frage, inwieweit es für Kunden realistisch möglich und aussichtsreich ist, dem „rosa Riesen“ mit juristischen Mitteln zu Leibe zu rücken. Dabei könnten sich Ansprüche der Kunden gegenüber T-Mobile sowohl aus dem Mobilfunkvertrag als auch aus dem Kaufvertrag über das iPhone ergeben.

Zwischen dem Kunden und seinem Mobilfunkanbieter besteht mit dem Mobilfunkvertrag ein Dienstvertrag über die Nutzung der Sprach- und Datenkommunikation. Der Mobilfunkvertrag verschafft dem Kunden einen Anspruch auf bestimmte Netzleistungen, die T-Mobile in einer Leistungsbeschreibung näher bestimmt.

Danach wird von T-Mobile „in Verbindung mit entsprechendem Zusatzequipment (PC, PDA oder Kombi-Geräte) der Zugang für die Nutzung bestimmter Standard-Internet-Dienste (Surfen im World Wide Web mittels eines Browsers, Versenden und Empfangen von elektronischer Post) ermöglicht“ [8]. Weitere Konkretisierungen findet man in der Preisliste von T-Mobile, in deren unzähligen Fußnoten sowie im Vertragstext der Mobilfunkverträge. Man tut übrigens gut daran, in jedem Einzelfall genau zu prüfen, welche der Klauseln überhaupt wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind.

Für Verträge, die bis zum Mai 2009 abgeschlossen wurden, ist die Frage nach dem konkreten Leistungsumfang noch relativ leicht zu beantworten: Für sein monatliches Entgelt bekommt der Kunde je nach Tarif ein Inklusivvolumen, welches er mit einem Endgerät seiner Wahl nutzen kann. T-Mobile stellt dazu bis heute ausdrücklich fest: „Die SIM-Karte ist auch mit anderen Endgeräten nutzbar“. Auch eine „MultiSIM“, also eine zweite SIM-Karte mit derselben Rufnummer für das UMTS-Modem im Notebook, kann seit dem ersten Tag im „Complete“-Tarif hinzugebucht werden und macht so das Inklusivvolumen auch ohne ständigen Kartentausch für Notebooks nutzbar.

Bei Verträgen, welche nach dem Mai 2009 abgeschlossen wurden, ist die vereinbarte Mobilfunkleistung etwas schwieriger zu bestimmen. Zwar ist man als Verbraucher inzwischen einiges an AGB-Klauseln gewohnt, doch die Beschränkung der Nutzung des Datenvolumens auf ein „Handy ohne angeschlossenen oder drahtlos verbundenen Computer“ kommt doch einigermaßen überraschend daher. T-Mobile vermeidet übrigens bewusst ein ausdrückliches Verbot einer solchen Nutzung. Vielmehr will das Unternehmen die verwendete Formulierung „ist nicht Gegenstand des Vertrags“ als Leistungsbeschreibung verstanden wissen.

Solche Leistungsbeschreibungen können in aller Regel nicht von den Gerichten über die AGB-Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB) überprüft werden. Ausnahmsweise ist eine solche Kontrolle allerdings doch möglich, wenn die Klausel das Hauptleistungsversprechen abweichend von der nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte geschuldeten Leistung verändert, ausgestaltet oder modifiziert [9].

Gemeinhin erwartet man bei einem Vertragsschluss über Datenkommunikation keine Beschränkung auf eine bestimmte, willkürlich zur Wahrung ökonomischer Interessen eines Vertragspartners gewählte technische Gegebenheit. Die Klausel dürfte daher auch wegen § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden sein, weil sie so ungewöhnlich ist, dass ein durchschnittlicher Kunde nicht mit einer solchen Beschränkung rechnen muss („überraschende Klausel“). Insoweit wird man das Inklusivvolumen auch mit anderen Endgeräten nutzen dürfen und zwar auch in UMTS-Sticks. Gerichtlich geklärt ist diese konkrete Frage allerdings noch nicht.

Im Oktober 2009 zog T-Mobile dann die vertraglichen Daumenschrauben weiter an: Die Nutzung des iPhone 3G/3GS mit der Software 3.0 als Modem (Tethering) sei nicht Gegenstand des Vertrages, heißt es in der aktuellen Preisliste. Hierfür möge man die kostenpflichtige Option „Modem-Nutzung“ buchen.

Diese Klausel ist eigentlich überflüssig, denn sie sagt für den Mobilfunkvertrag nichts wirklich anderes aus als das bereits bestehende (unwirksame) „Verbot“ der Nutzung des Inklusivvolumens mittels eines Computers. Insoweit kann wohl auch diese iPhone-spezifische Formulierung nicht Vertragsbestandteil werden, weil es sich ebenso um eine überraschende Klausel handelt. Wer also ein iPhone mit der Firmwareversion 3.0 besitzt oder wieder zum alten Softwarestand zurückkehrt [10], darf beruhigt weiter „tethern“.

Einen Rechtsanspruch auf Freischaltung der Tethering-Funktion gibt der Mobilfunkvertrag ohne Modem-Option allerdings nicht her. Schließlich war die Freischaltung nie Gegenstand dieses Vertrags, selbst wenn man sie mit der Firmwareversion 3.0 noch selbst vornehmen konnte. Nur weil man selbst eine Modifikation am Gerät vornehmen kann und diese im Rahmen des Mobilfunkvertrags auch nutzen darf, lässt sich daraus nicht automatisch ein Anspruch gegen den Mobilfunkbetreiber herleiten, dass er diese Modifikation am Gerät nun für seine Kunden vornehmen müsste.

Wenn schon der Mobilfunkvertrag keine rechten Ansatzpunkte gegen T-Mobile für eine Aktivierung des Tethering im iPhone bietet, lohnt sich vielleicht ein Blick in den Kaufvertrag. Schließlich muss ein Verkäufer normalerweise 24 Monate lang für Sachmängel haften, welche bei der von ihm verkauften Ware beim Kauf vorhanden oder angelegt waren.

Eine Sache ist in erster Linie dann mangelhaft, wenn sie nicht eine bestimmte Beschaffenheit aufweist. Diese Beschaffenheit kann auch eine bestimmte Eigenschaft sein, welche vertraglich vereinbart wurde beziehungsweise zu erwarten ist – weil sie gewöhnlich vorausgesetzt werden kann oder die Äußerungen des Herstellers sie zwingend nahelegen (§ 434 BGB).

Es kommt also zunächst darauf an, ob das „Tethering“ zum Zeitpunkt des Kaufs überhaupt eine vereinbarte Beschaffenheit war. Damit dürften für Käufer von iPhones vor dem Erscheinen der Firmwareversion 3.0 Gewährleistungsansprüche gegen T-Mobile wohl ausscheiden. Den Äußerungen des Herstellers zufolge war die Nutzung des Geräts als Modem bis dahin gar nicht möglich. Insoweit liegt im Fehlen der betreffenden Option bei der Übergabe des iPhones an den Käufer auch kein Mangel.

Zu gewagt dürfte hingegen die Argumentation sein, man könne bei einem solchen Gerät der Oberklasse die Modemfunktion erwarten. Schließlich sind Mobiltelefone und insbesondere Smartphones mehr als unterschiedlich. Sie dienen immer noch in erster Linie dem Telefonieren, sodass zusätzliche Funktionen wie die Möglichkeit des Einsatzes als Modem nicht unbedingt im Vordergrund stehen werden, wenn man danach fragt, was für eine Beschaffenheit für Geräte dieser Art üblich ist.

Seit dem Erscheinen der Firmware-Version 3.0 weist die Apple-Website ausdrücklich darauf hin, dass das „Tethering“ in einigen Ländern nicht verfügbar ist. Es sieht also auch düster mit dem eventuellen Argument aus, ein Vorhandensein der Funktion sei infolge von Herstelleräußerungen zu erwarten. Auch späte iPhone-Käufer werden mangels expliziter vertraglicher Beschaffenheitsvereinbarung keinen Gewährleistungsanspruch wegen fehlender Tethering-Funktion geltend machen können.

Schließlich wird auch durch ein Update der Firmware von Version 3.0 auf 3.1 keine vertraglich vereinbarte oder durch Herstelleräußerungen behauptete Funktion abgeschaltet. Vielmehr dürfte es ein glücklicher Zufall gewesen sein, dass man die Funktion selbst aktivieren konnte. Gewährleistung für das Software-Update wird T-Mobile ohnehin nicht erbringen müssen: Das Update haben die Nutzer als neue Betriebssystemsoftware von Apple direkt bezogen. Die Gewährleistungspflicht würde somit Apple treffen, und entsprechend den Lizenzbedingungen braucht Apple nur für die Funktion der neuen Software geradezustehen, nicht etwa für frühere, in anderen Versionen vorhanden gewesene Funktionen oder deren Wegfallen.

Dies entspricht dem Fall, dass man auf einem PC, welcher etwa mit vorinstalliertem Windows XP geliefert wurde, aus eigenem Entschluss Windows 7 aufgespielt hat. Für die Windows-7-Installation muss der Lieferant des ursprünglichen PC-Pakets dann keine Gewährleistung mehr übernehmen.

Die iPhone-Community träumt in ihren Blogs von Sammelklagen. Die allerdings kann es nach deutschem Recht ohnehin nicht geben: Jeder T-Mobile-Kunde, der vermeintliche Ansprüche gegen den Provider und zugleich Handyverkäufer mit dem magentafarbenen Logo geltend machen will, muss eine einzelne Zivilklage gegen das Unternehmen führen. Für solche Prozesse sind die Aussichten angesichts der beschriebenen Rechtslage obendrein noch ziemlich kläglich.

Da zudem die Streitwerte, die zur Debatte stehen, nicht höher sein können als die im betreffenden Tarif gezahlten Entgelte, werden sich Anwälte auch nicht gerade danach drängeln, Don Quichote zu spielen und gegen die „Tethering“-Abmontierer einen Rechtsstreit auszufechten. (psz)

  1. Exklusivpartner: www.heise.de/ct/meldung/iPhone-weiter-exklusiv-bei-T-Mobile-188393.html
  2. Daniel Lüders, Aufbruchstimmung, Apples iPhone aktiviert und aufgemotzt, c’t 17/07, S. 22; Blog des DEV-TEAM, blog.iphone-dev.org
  3. Dusan Zivadinovic, Hotline, iPhone als Modem, c’t 15/09, S. 162; Ben Miller: Online-Generator für die Konfigurationsdateien, help.benm.at/help.php
  4. Altverträge: www.heise.de/newsticker/meldung/Kein-Tethering-fuer-iPhone-Kunden-mit-Vertraegen-der-ersten-Generation-788892.html
  5. Hoffnungen: www.heise.de/mobil/meldung/Internet-Tethering-unter-iPhone-OS-3-1-reglementiert-755433.html
  6. Argumentation des Providers: Udo Vetter, T-Mobile bleibt hart, www.lawblog.de/index.php/archives/2009/09/24/t-mobile-bleibt-hart
  7. Facebook-Gruppe „Hallo T-Mobile, liebe Telekom: es reicht!!!“: www.facebook.com/group.php?gid=133351837468; Online-Petition: http://liebe-telekom.org
  8. Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Mobilfunkdienst von T-Mobile, Stand: 1. Oktober 2009, www.t-mobile.de/downloads/download/allgemeine-geschaeftsbedingungen-mobilfunk-dienst-t-mobile.pdf
  9. Ben Miller: iPhone 2G/3G Firmware 3.1 Downgrade, www.benm.at/tutorials/howto-iphone-3g-firmware-3-1-downgrade-os-x
  10. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12. 3. 1987, VII ZR 37/86

(ll)