Optimales Netz: Wie Sie Gigabit-Internet ins Haus bekommen

Internet mit einem Gigabit pro Sekunde ist für manche schon Alltag. Davor ist allerdings zu prüfen, ob das hausinterne Netz der Datenflut gewachsen ist.

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(Bild: Andreas Martini)

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Das pandemiebedingte Homeoffice wirkt als Katalysator für den Wandel der Internetzugänge: Statt nur passive Konsumenten digitaler Medien zu sein, wofür ein mit 100 Mbit/s schon zügiger Anschluss locker genügt, werden die Heimarbeiter tagsüber zu Produzenten. Große Dateien sollen nicht nur möglichst schnell heruntergeladen werden (Downstream), sondern nach dem Bearbeiten ebenso flott wieder in die Firma oder die Cloud zurückwandern (Upstream).

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Zwar wird die Mehrheit der Beschäftigten ins Büro zurückgekehrt sein, wenn sich – hoffentlich bald – die SARS-Cov-2-Pandemie zu einer gesellschaftlich und wirtschaftlich leichter verdaubaren Endemie gewandelt hat. Aber auch dann wird das Homeoffice für eine große Zahl der bevorzugte Tätigkeitsort bleiben, wenn nicht alltäglich, so doch bestimmt mehrere Tage pro Woche.

Deshalb ist nicht nur der Upstream der verschiedenen Internetanschlusstypen wichtiger geworden, sondern die nutzbare Geschwindigkeit überhaupt – die natürlich auch beim Weiterleiten vom Anschluss im Wohnzimmer zum Schreibtisch im Arbeitszimmer am anderen Ende des Hauses erhalten bleiben soll.

Nebenbei freut sich der Nachwuchs, wenn der Download des dutzende Gigabyte schweren neuen Lieblingsspiels nicht mehr drei Stunden, sondern nur noch eine Viertelstunde braucht. Gegen solche Schwergewichte verblasst freilich der Bandbreitenbedarf aller anderen Anwendungen .

Zwar wären viele abseits der Bevölkerungszentren Lebende schon froh, Internet per Telefonleitung (VDSL) mit den oben genannten 100 Mbit/s und 40 Mbit/s im Downstream zu bekommen. Doch mit Super-Vectoring und 250/50 Mbit/s ist diese Technik auch schon am Anschlag. Mehr ist nicht zu erwarten.

Typische App-Datenraten
Anwendung Datenrate in Mbit/s
Chat/Messaging 0,01
Telefonie1 0,05–0,20
Audiostreaming1 0,06–0,26
Videokonferenz-Upstream (HD)1 0,6–3,5
Full-HD-Video1 4–10
4K-Video1 10–30
Up- und Downloads was die Leitung hergibt
1 je nach App, Einstellungen und Kompressionsgrad

Für die propagierte Gigabit-Gesellschaft müssen folglich andere Zubringertechniken einspringen: Internet per TV-Kabel, per Glasfaser sowie 5G- und später 6G-Mobilfunk.

Landet das Netz mittels Fiber-to-the-Building (FTTB, Glasfaser bis in den Keller) im Haus und wird dort mit der Übertragungstechnik G.fast in die Telefonleitung zur Wohnung eingespeist, gehen prinzipiell bis zu 1000 Mbit/s in beide Richtungen. Dieses Maximum bremst der Provider gemäß seinen Tarifen ein.

Glasfaseranschlüsse mit GPON-Technik bis in die Wohnung erreichen zurzeit maximal 2,4 und 1,2 Gbit/s (Down-/Upstream). Der längst definierte Nachfolger XG-PON alias 10GPON treibt das auf bis zu 10 Gbit/s in beide Richtungen hoch.

In der Schweiz gibt es mit Init7 sogar schon einen Provider, der Punkt-zu-Punkt-Glasfaseranschlüsse mit 25 Gbit/s symmetrisch anbietet. Sie kosten dieselben 65 Schweizer Franken, umgerechnet 62 Euro, monatlich wie langsamere Init7-Zugänge mit 10 oder 1 Gbit/s.

Internet per TV-Kabel kann mit dem schon weitgehend ausgebauten DOCSIS 3.1 maximal 10 Gbit/s im Downstream und 1 Gbit/s in Gegenrichtung transportieren. DOCSIS 4.0 wird den Upstream weiter auf bis zu 6 Gbit/s beschleunigen.

Zwar teilen sich mehrere Haushalte die TV-Kabel- und (X)GPON-Bandbreite (Shared Medium), typische "Split-Verhältnisse" für Letztere können bei 1:32 liegen. Aber wenn nicht alle gleichzeitig Daten übertragen, wird man bei Down- und Uploads zumindest vorübergehend tatsächlich die Spitzendatenraten bekommen. Dafür muss jedoch die Infrastruktur mitspielen, also die Netze der Provider ebenso wie die Quell- und Zielserver.

Bis sich Multigigabit-Zugänge über terrestrische Netze verbreitet haben, wird es gewiss noch geraume Zeit dauern. Gibt es am eigenen Lebensmittelpunkt noch keines, kann man sich das schnelle Internet eventuell per 5G- oder später 6G-Mobilfunk drahtlos ins Haus holen.

Auch diese Techniken können mehrere Gigabit pro Sekunde liefern – wenn man momentan der einzige Nutzer der Funkzelle und diese flott genug angebunden ist. Die in den USA schon erhältliche, Fixed Wireless Access genannte 5G-Variante für Festnetzanschlüsse ist hierzulande nicht abzusehen.

Wer jetzt schon Gigabit-Internet bekommen kann, will es verlustfrei in der ganzen Wohnung nutzen. Dafür drängt sich WLAN alias Wi-Fi als beliebteste, weil bequemste Technik fürs Vernetzen über die letzten Meter auf: Man muss kein Kabel ziehen – was bei Mobilgeräten ohnehin nicht geht – und die Verbindung ist mit ein paar Klicks eingerichtet.

Doch WLAN bringt typischerweise nur dann hohe Performance, wenn Client und Basis (Access-Point, AP, meist in den Router integriert) im selben Raum sind. Quer durch eine 4-Zimmer-Wohnung bricht die Geschwindigkeit drastisch ein: Einerseits dämpfen Wände und Einrichtungsgegenstände das Hochfrequenzsignal stark, andererseits schießen in dicht besiedelten Gegenden Nachbar-WLANs quer, weil sich alle das Medium Funk teilen müssen.

Diese Effekte treffen auch Mesh-WLAN-Systeme, die mehrere Basen in einer Wohnung über einen separaten Funkkanal verknüpfen. Mittelschnelle Internetzugänge bekommt man mit aktuellen Mesh-Systemen auf Wi-Fi-6-Basis zwar verlustarm weiterverteilt, aber 1 Gbit/s durch mehrere Wände wird auch das in ein paar Jahren kommende Wi-Fi 7 ziemlich sicher nicht schaffen.

Der nächste WLAN-Standard verdoppelt zwar die maximale Funkkanalbreite nochmals auf 320 Megahertz (MHz) und nutzt bei exzellenter Signalqualität die hochstufige Modulationstechnik 4096QAM, was zusammen den 2,4-fachen Durchsatz gegenüber Wi-Fi 6 bringt. Der extrabreite Kanal ist aber nur im neuen 6-Gigahertz-Band nutzbar, wo die Streckendämpfung etwas höher als bei Wi-Fi 6 im 5-GHz-Bereich ist. Außerdem sinkt die spektrale Leistungsdichte wegen der verdoppelten Kanalbreite. Zusammen dürften beide Effekte dafür sorgen, dass Wi-Fi 7 einen Multigigabit-Durchsatz auf Anwendungsebene nur innerhalb eines Raumes erreichen wird.