Cancoms Beteiligung an Plaut ist vor allem eins: ein Symbol

Cancom verfolgt eine aggressive Akquisitionsstrategie, die auch von den Kapitalanlegern honoriert wird. Der Aktienkurs des Unternehmens hat sich innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht. Das muss man wissen, wenn man Cancoms Minderheitsbeteiligung am Consultingunternehmen Plaut verstehen will.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Damian Sicking
Cancom-Chef Klaus Weinmann

Cancom-Chef Klaus Weinmann

(Bild: Cancom)

Lieber Cancom-Chef Klaus Weinmann,

Sie müssen ein glücklicher Mann sein. Denn die Dinge scheinen sich für Cancom momentan einfach grandios zu entwickeln. Die Geschäftszahlen für das vergangene Jahr können sich sehen lassen und auch die Prognosen für 2010 (Ziel: 500 Millionen Euro Umsatz) und 2011 (530 Millionen Euro) lassen hoffen. Unterm Strich blieb Geld übrig (Gewinn auf Ebit-Basis: 7 Millionen Euro). Eine schöne Bestätigung ist sicher auch, dass Cancom im vergangenen Jahr von den Lesern einer Fachzeitschrift zum besten Systemhaus seiner Klasse gewählt worden ist. Und dann ist auch noch Geschäftsbericht 2009 rechtzeitig zur Bilanzpressekonferenz am vergangenen Donnerstag in München fertig geworden. Ein Schinken von immerhin 100 Seiten, der neben den vielen enthaltenen Informationen gleichzeitig Ausdruck des Gewichts ist, welches Cancom inzwischen am Systemhausmarkt in Deutschland erreicht hat.

Und dann natürlich noch der Aktienkurs. Wenn Sie den sehen, muss Ihnen das Herz vor Freude im Leibe hüpfen. Vor einem Jahr dümpelte das Cancom-Wertpapier bei unter 2 Euro herum, der Börsenwert des Unternehmens lag bei lächerlichen 20 Millionen Euro. Zwischenzeitlich ist der Aktienkurs auf ein Jahreshoch von 6,70 Euro geklettert, die Marktkapitalisierung auf über 60 Millionen Euro. Also mehr als eine Verdreifachung innerhalb eines Jahres. Zwar ist der Kurs aufgrund von Gewinnmitnahmen wieder etwas gesunken, aber das wird Ihnen sicher keine schlaflosen Nächte bescheren.

Die Börse, also die Analysten und Anleger, bewertet die aggressive Wachstumsstrategie von Cancom sehr positiv und kaufen eifrig Cancom-Aktien. Das könnte noch eine Weile so weitergehen. Ein Aktienkurs von 8 Euro und mehr ist kurz- bis mittelfristig nicht undenkbar. Für die gute Stimmung unter den Investoren sorgen nicht zuletzt Ihre Erfolgsmeldungen aus der Konzernzentrale in Jettingen-Scheppach. Wie jetzt die letzte Nachrichten über die Beteiligung an dem Beratungsunternehmen Plaut AG.

Lieber Herr Weinmann, als ich von dem Plaut-Deal las, da war ich irritiert. Denn der war anders. Zum ersten Mal begnügen Sie sich mit einer Minderheitsbeteiligung. Wie das? Welcher Sinn steckt dahinter? Was wollen Sie damit? Welche Einflussmöglichkeiten bei Plaut haben Sie mit einer Beteiligung von knapp 18 Prozent? Offiziell begründen Sie die Beteiligung damit, dass Cancom auf diese Weise "die strategische Weiterentwicklung der Unternehmensgruppe in Richtung höherwertiger Dienstleistungen voran treibt und damit das Bestreben unterstreicht, sich mehr und mehr als führender IT-Consultant, Systemintegrator und Managed Services Provider (Outsourcing Partner) zu etablieren". Prima, klingt großartig, aber was bedeutet das in der harten operativen Praxis des Geschäftsalltags?

Ich grübelte also wie gesagt so vor mich hin, bis mich plötzlich die Erkenntnis traf: Die Beteiligung von Cancom an Plaut ist im Wesentlichen eins: ein Symbol. Nämlich ein Symbol dafür, wo die Reise für Cancom hingehen soll: hin zu werthaltigeren Dienst- und Beratungsleistungen. Wenn man die Plaut-Beteiligung auf diese Weise liest, dann macht sie plötzlich absolut Sinn. Es geht einfach um die Story, nicht zuletzt natürlich um die Story für die Investoren. Damit der Kurs der Cancom-Aktie noch ein bisschen weiter nach oben klettert. Ja, so wird ein Schuh daraus.

Übrigens, lieber Herr Weinmann, was mir noch aufgefallen ist: Auf der Homepage von Plaut wird die Cancom-Beteiligung mit keiner Silbe erwähnt. Da könnte man den Eindruck bekommen, dass Cancoms Liebe zu Plaut nicht gerade auf Gegenseitigkeit beruht. Was, wenn es so wäre, eine mögliche Zusammenarbeit nicht einfacher machen, zu einer auf Symbolik gerichteten Aktion aber irgendwie auch wieder passen würde.

Beste Grüße

Damian Sicking

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