Computerpflicht

Seite 4: Verpflichtung und Spielraum

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Für Betroffene stellt sich die Frage, wie sie sich bei Widerstand gegen die Finanzbehörde durchsetzen können. Wer meint, einen Anspruch auf die Erlaubnis zu haben, dass er weiterhin eine papierne Anmeldung/-Erklärung abgeben darf, muss diesen Anspruch in Form einer Verpflichtungsklage geltend machen: Er muss also ein Finanzgericht dazu bewegen, das Finanzamt zur Berücksichtigung bestimmter Umstände zu verpflichten. Das gilt auch dann, wenn er der Ansicht sein sollte, eine Ermessensentscheidung der Behörde könne nur zu seinen Gunsten ausfallen – das würde eine Reduzierung des Ermessensspielraums auf null bedeuten.

Wenn er also meint, dass das zuständige Finanzamt den Ermessensspielraum nicht, unzureichend oder fehlerhaft genutzt hat, kann er beantragen, dass die Verwaltungsentscheidung aufgehoben wird. Dann wird das Gericht sich mit dem Fall befassen und die Behörde muss erneut unter Berücksichtigung der gerichtlichen Rechtsauffassung entscheiden [14]. Das Gericht selbst darf aber nicht einfach anstelle der Finanzverwaltung eine Entscheidung nach eigenem Ermessen treffen.

Ein klagender Unternehmer muss sämtliche Umstände darstellen, die für die gerichtliche Einschätzung der Sache von Bedeutung sein könnten. Das gilt auch für Gesichtspunkte, die normalerweise bei einem Antrag bei einer Behörde chancenlos wären. Auf das behandelte Beispiel bezogen: Hat ein Unternehmer seine Kinder lediglich pro forma als Geschäftsführer eingesetzt, so darf dieser Umstand dem Bundesfinanzhof zufolge nicht berücksichtigt werden, wenn es um eine beantragte Befreiung von der Digitalpflicht im Sinne des § 150 Abs. 8 AO geht. Dennoch käme das Finanzamt nicht daran vorbei, auch die Situation besagter Kinder im Klagefall zu würdigen, wenn der Kläger sie darlegt, beweist und das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass sie relevant ist. Das betrifft dann etwa auch den Umstand, dass die Kinder studieren, die Gesellschaft über keine EDV-Anlage verfügt, die Aufgabenbereiche der Geschäftsführer verteilt sind und so weiter. Wenn man sich also zu einer Klage entschließt, hat man die Möglichkeit, viele Details für den eigenen Standpunkt ins Feld zu führen – im Gegenzug kann man allerdings vor Gericht nicht darauf setzen, dass großzügig Spielräume zugunsten einer Freistellung von der Digitalpflicht ausgeschöpft werden. (psz)

Der Autor Martin Weigel ist Richter am Thüringer Finanzgericht in Gotha.