Festplatten: Nicht jeder Preis wird akzeptiert

Die Nachfrage hat sich der geringen Verfügbarkeit angepasst, denn Händler wie Anwender gehen nicht jede Preiserhöhung mit. Die HEKs für Festplatten sind erstmals wieder leicht rückläufig. Tendenziell müssen Reseller aber von weiteren Aufschlägen ausgehen.

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Von
  • Matthias Parbel

Im Vergleich zu Anfang Oktober sind interne Desktop-Platten im HEK immer noch "sauteuer", Händler kaufen zuletzt aber wieder etwas günstiger ein.

Die HEKs für Festplatten haben einen vorübergehenden Höhepunkt überschritten. Nach einem raketenartigen Anstieg kaufen Händler seit der KW 46 im Schnitt wieder etwas günstiger. Zwar kosten die meisten Laufwerke immer noch mehr als das 2,5-fache des Preises, der vor der Flut in Thailand verlangt wurde, aber Reseller müssen beispielsweise für ein 2-TByte-Drive nicht mehr zwangsläufig 200 Euro ausgeben. Seagates Barracuda (ST2000DM001) beispielsweise ist momentan ab rund 130 Euro erhältlich.

"Hinsichtlich der Nachfrage kann man sagen, dass sich der Bedarf der Verfügbarkeit angepasst hat", erklärt Peter Zorn, Leiter Einkauf Festplatten und Komponenten bei B.Com Computer. "Der Preis lag bislang auf einem sehr hohen Niveau und ist nun leicht nach unten gegangen. An der angespannten Lage hat sich aber nichts geändert und es ist auch in den nächsten Wochen nicht mit einer Besserung zu rechnen. Die Verfügbarkeit ist weiterhin sehr begrenzt."

"Wir beobachten einen regen Warenverkehr an den Spotmärkten, allerdings ist der Fach- und Einzelhandel selbst aktuell eher zurückhaltend, was sicherlich an den extrem stark und schnell angestiegenen Preisen liegt", ergänzt Ulf Kilper, Produktmanager RAM, Flash und HDD im Einkauf bei Devil. "Im Moment geben die Preise wieder leicht nach. Kurz- bis mittelfristig, wenn der aktuell unübersichtlich tendierende Markt sich beruhigt hat, sollte sich ein konsolidierter Marktpreis bilden, der nach unserer Einschätzung bis in das erste Quartal 2012 hinein weitgehend stabil bleiben wird."

Fachhändler sind dazu übergegangen ihre bestehenden Aufträge genau zu prüfen und nach der Dringlichkeit abzuwägen. "Unsere Erfahrung ist, dass die Händler nicht mehr bereit sind, jeden Preissprung mitzugehen, da auch der Endkunde den rasanten Anstieg nicht akzeptiert", erklärt B.Com-Manager Zorn.

Laut heise resale Preisradar beträgt der durchschnittliche Angebotspreis im Onlinehandel aktuell 133,89 Euro (brutto). Gegenüber der Vorwoche entspricht dies einem Plus von über fünf Prozent. Zum Vergleich: In der KW 40 Anfang Oktober lag der durchschnittliche VK noch bei 79,92 Euro. Am meisten gesucht sind derzeit die 2-TByte-Laufwerke Samsung F4 HD204UI (130,08 Euro) und WD Caviar Green WD20EARS (149,90 Euro).

"Händler mit stabilen Absatzkanälen, wie im Geschäftskundenmarkt, haben weniger Probleme mit den gestiegenen Preisen", meint Devil-Manager Kilper. "Reseller hingegen, die eher Privatkunden bedienen, beklagen ein sehr zögerliches Kaufverhalten seitens der Endkunden. Verbraucher scheinen abzuwarten, bis das zuletzt gewohnte Preisniveau möglichst schnell wieder erreicht wird. Auch wenn manche Medien eine baldige Erholung erwarten, rechnen Marktkenner damit, dass die Normalisierung weit bis in das nächste Jahr hinein dauert." Eine These die zuletzt auch Seagate-CEO Steve Luczo äußerte. Er geht davon aus, dass die Probleme im Harddisk-Markt erst gegen Ende 2012 beseitigt ein werden. Und bis dahin steige aber die Nachfrage weiter an. IDC zufolge soll die Produktion ungefähr ab Mitte des Jahres wieder den Stand vor der Flut erreichen. Laut Luczo sei es damit aber noch nicht getan.

Einem Bericht des Online-Portals speicherguide.de zufolge hätten große Firmen eine Vorauszahlung von bis zu 250 Millionen US-Dollar geboten, wenn Seagate damit die Fertigungskapazität so schnell wie möglich erhöhe. Luczo meint, dass Preiserhöhungen um 40 Prozent derzeit von jedem OEM akzeptiert würden. Sein Ziel sei es aber langfristige Partnerschaften zu schließen. Diese würde er auch mit geringeren Aufschlägen honorieren.

Davon dürfen sich einige Anbieter hierzulande gerne etwas abschauen. Noch immer beklagen sich Wiederverkäufer weiterhin über mangelnde Planungssicherheit. Vor allem im Systembereich kaufen Kunden nicht sofort. "Wenn ich einen Preis für ein Speicher-Array eines großen namhaften Herstellers anfrage und dieser ein paar Tage später keine Gültigkeit mehr hat, ist das nicht akzeptabel", schimpft der Chef eines Augsburger Systemhauses gegenüber heise resale. Erschwerend komme hinzu, dass bei den meisten Kunden eine Angebotsänderung einen neuen Qualifizierungsprozess in Gang setze. Abstriche machen die meisten allerdings nicht. RAID-Systeme und Server würden mit der ursprünglich gewünschten Kapazität gekauft. Ein späteres Nachrüsten – um heute zu sparen – komme für die meisten nicht in Frage.

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Bei der Preisbeobachtung unterstützten uns:

Actebis Peacock
B.com Computer AG
CTT AG
Devil AG
Ecom GmbH
Ingram Micro GmbH

Markus Harbach, Leiter Einkauf bei Wave Computersysteme, geht davon aus, dass sich die Preise in den kommenden Wochen wieder eher nach oben entwickeln. "Die Preissenkungen waren nur ein partielles Phänomen, da nahezu jeder Hersteller seine Lieferprognose gesenkt hat. Alles in allem dürften sich die Preise aber eingependelt haben und bis zum Weihnachtsgeschäft relativ stabil bleiben."

Der Dollarwechselkurs ist momentan zwar relativ sprunghaft, auf den Festplattenpreis hat er aber keinen Einfluss. Da vorerst keine Besserung der Lage in Thailand in Sicht ist, bleibt die Gesamtsituation weiter angespannt. Wiederverkäufer vergleichen die Preise noch stärker als bisher und versuchen ihren Bedarf kurzfristig über schnell liefernde Distributoren abzudecken. Wobei viele Fachhändler den Begriff Partnerschaft derzeit neu definieren. (map)