Gewerbesteuer verfassungswidrig?

Ein Finanzgericht hält das aktuelle Gewerbesteuergesetz für verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht soll entscheiden, ob die Hinzurechnung von Zinsen und Mieten gerechtfertigt sind.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 23 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Das Finanzgericht Hamburg hat in einem gerade veröffentlichten Beschluss die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen und Mieten als verfassungswidrig eingestuft. Nach Auffassung der Richter verstößt das Gewerbesteuergesetz in seiner aktuellen Form gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung und sei nicht hinreichend gerechtfertigt. Der Fall wurde dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Eine Entscheidung, die von der Industrie- und Handelskammer Südthüringen (IHK) begrüßt wird. Sie sieht sich in ihrer Kritik an der Gewerbesteuer bestätigt.

In dem verhandelten Fall stritten die Beteiligten über die Abziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe sowie über die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Rahmen der Gewerbesteuer.

Geklagt hatte eine Hamburger Tankstellen-Pächterin. Sie prangerte die Ungleichbehandlung bei der Einkommens- und der Gewerbesteuer an. So könne sie Pachtzahlungen bei der Berechnung der Einkommens- beziehungsweise Körperschaftssteuer als Betriebsausgaben geltend machen, aber bei der Gewerbesteuer nicht. Während im ersten Fall der zu versteuernde Gewinn also gemindert wird, werden im anderen die Pachtzahlungen dem Gewinn wieder zugerechnet. Der Gewerbeertrag ist also nicht gleichzusetzen mit dem Gewinn, vielmehr werden auch Mieten, Pachten, Zinsen u.ä. dazugerechnet und versteuert. Die entsprechenden Regeln, auf die sich das Finanzamt dabei beruft, gelten in dieser Form seit 2008.

Der 1. Senat des Hamburger Finanzgerichts bestätigte die Klägerin in ihrer Auffassung. Die Richter sind der Meinung, dass die Vorschrift über die "gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten" gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes vereinbar ist. Der Fall wurde nun dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die IHK Südthüringen hat den Beschluss des Finanzgerichts Hamburg begrüßt und sieht sich in seiner Kritik an der Gewerbesteuer bestätigt. Den Verstoß gegen das Grundgesetz sieht man ebenfalls: Die Gewerbesteuer fokussiere den Gewerbebetrieb als solchen, doch das Grundgesetz verlange, dass auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Besteuerung berücksichtigt werde. Die IHK Südthüringen hofft, dass das Urteil des Finanzgerichts die Hinzurechnungsbesteuerung komplett zu Fall bringen wird. Auch die Ungleichbehandlung der Unternehmer sei nicht mehr zeitgemäß: Obwohl auch Freiberufler die Infrastruktur einer Gemeinde nutzen würden, müssten nur Gewerbetreibende eine entsprechende Steuer bezahlen. Die IHK fordert deshalb "eine grundsätzliche Reform der Gemeindefinanzierung“: Die Gewerbesteuer müsse abgeschafft und durch eine Gemeindewirtschaftsteuer ersetzt werden. (masi)