Keine Lust auf Selbstständigkeit

Die gute Arbeitsmarktlage hat auch Auswirkungen auf die deutsche Gründerszene: Bei Existenzgründungen wird für 2012 ein Rekordtief erwartet.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Viele Menschen wagen den Sprung in die Selbstständigkeit nur, wenn sie keine andere Möglichkeit mehr sehen, um der (drohenden) Arbeitslosigkeit zu entfliehen. Diese Annahme bestätigt auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in seinem aktuellen Gründerreport.

Demnach steht der Gründerszene in diesem Jahr ein neues Rekordtief bevor: Laut aktueller Prognose werden in diesem Jahr weniger als 400.000 neue Unternehmen gegründet. Seit der Wiedervereinigung waren es noch nie so wenig. Der Grund dafür ist schnell ausgemacht: Weil der Arbeitsmarkt sich hervorragend entwickelt, setzt der Großteil der arbeitsfähigen Bevölkerung lieber auf die vermeintlich sichere Festanstellung.

So hätten sich 2011 im Vergleich zum Vorjahr 8,7 Prozent weniger Personen bei der IHK nach Themen zur Existenzgründung erkundigt. Das sei der stärkste Rückgang, den man seit Erstellung der Statistik zu verzeichnen habe.

Insgesamt seien 329.591 Personen mit Einstiegsgesprächen und Beratungen unterstützt worden. Nach wie vor sei nicht der Wunsch sein eigener Chef zu sein, die Hauptantriebsfeder für den Sprung in die Selbstständigkeit, sondern in 63 Prozent der Fälle eine drohende Arbeitslosigkeit.

Gerade in der IT-Branche dürfte die Zahl der Gründungen dramatisch sinken: Der Fachkräftemangel dämpfe das Gründungsinteresse zusätzlich, so ein Ergebnis des Reports. Gerade weil die Fachkräfte derzeit so gute Verhandlungspositionen hätten, würden viele ein gut dotiertes Beschäftigungsverhältnis dem „Abenteuer Selbstständigkeit“ vorziehen. Einen weiteren Dämpfer hat die Gründungsszene dadurch erhalten, dass seit Ende 2012 der Zugang zum Gründungszuschuss erschwert worden ist.

Das Interesse der Frauen an einer Gründungsberatung sei hingegen von 31 auf 41 Prozent gestiegen. 2011 wurden 30 Prozent der neuen Firmen von Frauen gegründet, in diesem Jahr dürften es deutlich mehr werden.

Um die Attraktivität einer Existenzgründung wieder zu steigern, fordert die DIHK unter anderem die Gründungsfinanzierung zu verbessern. Dafür sollten nach Meinung der Experten die Risikogewichte für kleine und mittlere Unternehmen bei Basel III reduziert und die Begrenzung des Verlustvortrages gelockert werden. Auch solle die Bürokratie für Existenzgründer abgebaut und die Förderung für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit dringend weiterentwickelt werden. (gs)
(masi)