Lenovo bleibt eine Hardware-Company – und fährt soweit gut damit

Das PC-Geschäft hat Lenovo vor allem im B2B gut im Griff, holt im Consumer-Umfeld auf. Während Smartphones noch in der Warteschleife schlummern, konzentriert sich der Hersteller auf Server und Storage.

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Von
  • Matthias Parbel

Will auch mit Ideen der Partner das Lenovo-Geschäft noch weiter ausbauen: Robert Pasquier, Executive Director Head of Channel Germany & Austria, Lenovo

Während Wettbewerber wie Hewlett-Packard und Dell ihr Heil in Software und Services suchen, konzentriert sich der chinesische Hersteller Lenovo auf seine Kernkompetenz: Computer-Hardware. Zwar gehen die Verkaufszahlen rund um den Globus zurück – trotz oder möglicherweise gerade wegen Windows 8 – Lenovo kann sich dem allgemeinen Abwärtstrend bisher jedoch erfolgreich entziehen. Seit das Unternehmen 2005 die PC-Sparte von IBM übernommen hat, geht es kontinuierlich aufwärts. Im weltweiten Vergleich streitet sich Lenovo bereits mit HP um den Spitzenplatz. In Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) hatte der für diese Region verantwortliche Manager Gianfranco Lanci zuletzt den Vorstoß auf Rang drei und mindestens 10 Prozent Marktanteil als Zielvorgabe festgesetzt. "Das haben wir im ersten Quartal 2013 geschafft", betont Zentraleuropachef Stefan Engel im Gespräch mit heise resale. Tatsächlich kann Lenovo bereits Platz 2 hinter HP für sich beanspruchen, der Marktanteil liegt bei über 11 Prozent.

In Deutschland hat der Hersteller sogar seit mittlerweile drei Quartalen die Führung im PC-Markt übernommen, obwohl – wie der für Mittelstand und Vertriebspartner verantwortliche Manager Robert Pasquier einräumt – Lenovo in Sachen Tablets etwas "spät dran war". Doch mit dem ThinkPad Tablet 2 habe das Unternehmen inzwischen seine "Feel the Touch"-Produktlinie abgerundet. Nicht zuletzt, um auch vom Marktmomentum des auf Touch-Bedienung optimierten Windows 8 profitieren zu können. Denn auch wenn die marktbelebende Wirkung von Windows 8 umstritten ist, kommt das neue Betriebssystem bei Anwendern von Touch-Geräten durchaus gut an. Das zeigen zumindest die von Microsoft regelmäßig durchgeführten Kundenzufriedenheitsstudien. An die Spitzenwerte, die Windows 7 in diesen Umfragen erreicht hat, kommt Windows 8 allerdings nicht heran, wie Oliver Gürtler, hierzulande für das Windows-Geschäft von Microsoft verantwortlich, eingestehen muss. Mit Windows 8.1 beseitigt der Hersteller einige der Kritikpunkte – so kehrt beispielsweise der "beliebte" Start-Button zurück, wenn auch in abgewandelter Form. Als kurzfristig aufgrund von Kundenreaktionen nachgeschobenes Service Pack will Gürtler die neue Windows-Version allerdings nicht verstanden wissen. Denn die Zahl der Neuerungen gehe weit darüber hinaus. Zudem habe Microsoft die rund 1000 an der Entwicklung von Windows beteiligten Mitarbeiter grundsätzlich auf einen verkürzten Release-Zyklus eingeschworen.

Für Lenovo-Partner ergeben sich nicht nur dadurch neue Chancen im PC- und Tablet-Geschäft allgemein, sondern speziell im gewerblichen Umfeld bleibt die Ablösung der noch zahlreichen Windows XP-Installationen eine große Herausforderung. Zwar ist der Anteil der XP-Systeme in Unternehmen hierzulande laut Gürtler mittlerweile unter die 30-Prozent-Marke gesunken, bis zum Support-Ende von XP Anfang kommenden Jahres gelte es aber immer noch, ein gewaltiges Upgrade-Potenzial auszuschöpfen. Microsoft-Manager Gürtler taxiert die Zahl der verbliebenen Systeme allein in Deutschland auf 7 bis 8 Millionen. "Der Großteil dieser Hardware ist zudem mindestens 5 Jahre alt", ergänzt Gürtler.

"Wir bauen kontinuierlich Marktanteile aus" Stefan Engel, Vice President & General Manager Lenovo Central Region

Eine wiederauflebende Investitionsbereitschaft seitens der Unternehmen hat unterdessen auch Lenovos Zentraleuropachef Engel ausgemacht – zumindest bei den mittleren und großen Firmen. Auch der Einsatz von Tablets im gewerblichen Umfeld nehme langsam Fahrt auf. Trotzdem musste Lenovo im ersten Quartal 2013 leichte Einbußen gegenüber der Vorjahresperiode hinnehmen. Denn vor allem Consumer, aber auch die kleinen Unternehmen zeigen sich immer noch zurückhaltend, wenn es um die Anschaffung neuer Rechner geht. "Beim Marktanteil haben wir dennoch weiter zugelegt", versichert Engel.

Auf jeden Fall will der Hersteller aber weiter Gas geben. In Österreich gilt es, den Abstand zu Marktführer HP weiter zu verkürzen. Und in der Schweiz will sich Lenovo-Manager Engel nicht mehr lange mit Platz vier zufriedengeben. Aus diesem Grunde wurde die Schweizer Landesorganisation zuletzt auch unabhängiger aufgestellt – die Verantwortung als Country Manager hat Patrick Roettger übernommen. Mit der Sonderstellung der Schweiz innerhalb der DACH-Organisation solle auch den speziellen Bedingungen des Nicht-EU-Landes sowie dessen abweichender Währung Rechnung getragen werden, ergänzt Engel.

Als Spitzenreiter im deutschen PC-Markt wird die Luft für Lenovo allerdings dünner, wenn es darum geht, die Marktanteile weiter auszubauen. Hier vertraut Channelchef Pasquier denn auch auf das Engagement und die Kreativität seiner Partner: "Wer Ideen hat, wie wir das Geschäft und die Marktanteile weiter ausbauen, ohne dabei die Profitabilität zu opfern, ist hiermit aufgefordert, mich jederzeit anzusprechen", appellierte Pasquier am 7. Juni 2013 an die gut 100 zum jährlichen Meeting in Frankfurt versammelten Vertriebspartner.

Einen konkreten Vorstoß unternimmt Lenovo derweil im Server- und Storage-Geschäft. Auch wenn eine Übernahme der x86-Server-Sparte von IBM nach wie vor im Raum steht – äußern wollen sich die Beteiligten dazu derzeit allerdings nicht –, soll das Geschäft mit dem vor 3 Jahren gestarteten Produktportfolio auf jeden Fall ausgebaut werden. Als dedizierter Produktmanager kümmert sich Peter Sperling um die Server. Die aus dem Joint-Venture mit EMC hervorgegangenen Speichersysteme ergänzen seit dem 10. Juni unter der Marke LenovoEMC das Portfolio und bieten sich als optimale Ergänzung zu den Servern an – insbesondere im Markt für kleine und mittlere Unternehmen. Aufgewertet hat Lenovo auch den Online-Konfigurator und die Serviceoptionen: Für die Server gibt es ab sofort wieder einen Support mit 4 Stunden Reaktionszeit.

Eine mächtige Hürde hat Lenovo mit Blick auf die Optimierung der Geschäftsprozesse genommen und unternehmensweit auf SAP umgestellt. Im Rahmen des Projekts "Roadrunner" konnte damit unter anderem die problematische Anbindung an die alten ERP-Systeme von IBM endlich abgelöst werden. "Dadurch gewinnen wir enorm an Flexibilität und können nun Schritt für Schritt alle Prozesse auch auf die Anforderungen unserer Partnern hin weiter optimieren", erklärt Pasquier. So konnten zwischenzeitlich beispielsweise Verbesserungen in der Supply Chain auf den Weg gebracht werden, die Gerry Smith, Senior Vice President Global Supply Chain, bereits Anfang 2011 in Aussicht gestellt hatte. Auch die Dauer von der Angebotsanfrage bis zu einer definitiven Preiszusage soll sich für Partner deutlich verkürzen, Pasquier verspricht eine durchschnittliche Reaktion binnen 24 Stunden. (map)