MPS: Was haben wir im Handel davon?

Was haben Cloud Computing und Managed Print Services gemeinsam? Es sind gewissermaßen Kommunikationstragödien. Denn in beiden Fällen schaffen es die Anbieter nicht, den Händlern klarzumachen, wo deren Vorteile liegen. Im Kopierergeschäft indes klappt es.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Matthias Parbel
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(Bild: Andrea van Baal)

Glaubt man Marktforschern und Herstellern, liegen die Vorteile für die Kunden klar auf der Hand: Als wichtigstes Argument für Managed Print Services (MPS) wird der Spareffekt für die Kunden ins Feld geführt. Gartner und IDC siedeln die Einsparmöglichkeiten für die Kunden im 30- bis 40-Prozent-Bereich an. Dazu leisten die Unternehmen auch noch einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz und steigern ihre Produktivität. Eigentlich sollten bei solchen Verkaufsargumenten die Händler mit fliegenden Fahnen zu Managed Print Services wechseln. Das tun sie aber nicht.

Diesen Tatbestand belegt auch die "Printerumfrage 11", mit der Druckerhersteller Brother die Dokulife Consulting & Research beauftragt hatte: 210 Händler aus dem deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und die Schweiz) gaben Auskunft darüber, ob sie Managed Print Services kennen, ob sie sie einsetzen und welche Vorteile sie darin sehen – oder eben nicht. Befragt wurden alle Sparten von Resellern: IT‐Dienstleister ebenso wie Bürofachhändler, Systemhäuser und IT‐Fachhändler. Das Resultat ist ernüchternd: Trotz aller Kommunikationsbemühungen sind Managed Print Services 36 Prozent der Befragten immer noch kein Begriff und nur 31 Prozent verkaufen sie.

Die Brother-Studie nennt ganz konkrete Gründe, weshalb der Großteil der Reseller bisher davon Abstand nimmt, ihren Kunden MPS anzudienen: Mehr als die Hälfte der Händler findet, dass MPS einfach nicht in ihr Geschäftskonzept passt, da sie einen anderen Fachschwerpunkt setzen. Mehr als einem Drittel fehlen zudem MPS‐Fachkenntnisse, sie trauen sich nicht zu, MPS anzubieten. Und ein Drittel der Händler, die keine Managed Print Services anbieten, sehen darin einfach zu wenig Vorteile für ihr Geschäft – zum Teil sogar eher das Gegenteil. Bernd Behringer, Geschäftsführer des Nürnberger Systemhauses behringer.güldenfuß, das mittelständische Unternehmen betreut, fürchtet sogar, es damit zu gefährden: "Mein Wert für den Kunden ist das Vertrauen, das er in mich setzt. Er weiß, dass ich mich jederzeit und in jedem Fall um seine Probleme kümmere und sie löse. Mit einem automatisierten Managed Service, gebe ich ein Stück weit die Kontrolle aus der Hand. Geht etwas schief, kann ich nicht mehr eingreifen, werde aber vom Kunden dennoch verantwortlich gemacht. Das gefährdet unser Vertrauensverhältnis und dieses Risiko möchte ich nicht eingehen."

Ähnlich wie beim Cloud-Computing tun sich auch hier viele Händler schwer, nachzuvollziehen, wo denn ihr Vorteil liegt. Denn auch ohne MPS verdienen sie nicht schlecht, wenn sie ordentlich arbeiten und ihre Kunden gut betreuen: einmal von der Beratung, einmal vom Hardware-Verkauf und auch an den erfreulichen Margen der Original-Supplies, mit denen sie ihre Kunden versorgen. Ein "Nullsummenspiel" sei es, meinen einige Händler.

Es ist wirklich nicht jeder Kunde für MPS geeignet – zumindest dann nicht, wenn der Partner auch Geld damit verdienen möchte. "Für Kunden mit nur fünf oder zehn Druckern lohnt das für den Reseller nicht. Er muss dafür Know-how aufbauen. Nur Unternehmen, die viel drucken, sind geeignete Interessenten und das sind in der Regel auch große Unternehmen", weiß Christian Seidl, Key Account Manager MPS bei Tech Data. Projekte mit Druckumgebungen mit A4- und A3-Druckern seien ideal. Dazu mahnt er an, bei der Bestandsaufnahme die Kopierer nicht zu vergessen. "Das Volumen der Kopierer macht oft den MPS-Einsatz erst richtig rentabel und gerade IT-fokussierte Händler vergessen diese Geräte gerne."

Andererseits ist auch nicht jeder Händler aus dem Effeff fähig, kompetent MPS einzuführen. Der Druckermarkt ist aufgrund des massiven Preiskampfes ein Markt mit sehr hohem Vertriebsdruck, in den man sich nicht einfach hinein verirrt und erfolgreich ist. Dies bestätigen auch verschiedene Aussagen der Brother-Studie: "Passt nicht zu meinem Kerngeschäft", "Habe keine Fachkompetenzen".

"Prozesse dürfen nicht von einem Hersteller abhängig sein", Hendrik Otto George Tepper, Teamleiter/Fokus Sales Management bei Ada Systemhaus

(Bild: Ada)

Man dürfe das Geschäft mit den Druckern auch nicht unterschätzen, erklärt Seidl: Aber es lohne sich für IT-Systemhäuser sich für dieses Geschäftsfeld Zeit zu nehmen und sich mit den Besonderheiten vertraut zu machen. Hier sind Neulinge gut beraten, Unterstützung vom Hersteller oder aber vom Distributor einzuholen. Doch dann können Systemhäuser mit Managed Print Services Umsätze mitnehmen, die vorher an ihnen vorbei gegangen sind. "Es ist immer wieder erstaunlich, wieviele unbenutzte Toner und damit totes Kapital bei Kunden rumsteht, wenn man Drucker ablöst. Und der Händler hat das ja vorfinanziert", meint Seidl. Denn ohne MPS oder wenn der Toner aus ist, kauft die Assistenz schnell bei www.toner-am-billigsten.de oder von Refillern. Doch dieses Geschäft mit Original-Supplies, das die Margen bringt, ist vielen Systemhäusern immer noch nicht bewusst oder es interessiert sie fahrlässigerweise wenig: Nur wenig mehr als drei Prozent macht derzeit der Supplies-Anteil in Projekten aus.

Ada Systemhaus hingegen bietet seinen Kunden schon seit acht Jahren erfolgreich Managed Print Services an. "Allerdings sind sie erst seit etwa zwei Jahren, also seit es leistungsfähige Flottenmanagement-Tools gibt, so richtig attraktiv für uns als Systemhaus", räumt Hendrik Otto George Tepper, Teamleiter/Fokus Sales Management bei Ada Systemhaus ein.

Die Regel in großen Unternehmen sind heute gemischte Druckerlandschaften von verschiedenen Herstellern. Die Zeiten, in denen in neuen Projekten die alten Drucker einfach ausgemustert wurden, sind endgültig vorbei. Doch es wirft Probleme auf, diese Gerätevielfalt via MPS zu betreuen: Denn jeder Hersteller braut sein eigenes "MPS-Süppchen" für seine eigenen Geräte. Kein Händler hat Lust und kann es sich leisten, mehrere verschiedene MPS-Verträge abzuschließen. Hier kommen die Anbieter unabhängiger Flottenmanagementsysteme ins Spiel: Mit ihren Tools lassen sich die Geräte unterschiedlichster Hersteller sowie Zähler- und Füllstände, Wartungszyklen und Reparaturaufträge zentral online verwalten. Anbieter sind hier etwa der FM Audit, mit dem die Kooperation Büroring zusammenarbeitet, oder SiteAudit On-Site v4.4 von Netaphor.

"Erst die Einbindung in die eigenen Warenwirtschaft macht MPS spannend", Martin Steyer, Geschäftsführer des Druckerspezialisten printvision

(Bild: printvision)

Inzwischen mischt in diesem Marktsegment auch die Distribution mit: Ganz aktuell stellt Tech Data auf seinem Partnerforum am 13. Oktober 2011 seine neue MPS-Initiative (Einer für alle) vor. Deren Kernstück ist ein ebenfalls herstellerübergreifendes Flottenmanagement-Tool, mit dem die Reseller arbeiten können. Herstellerunabhängigkeit ist auch für Tepper ein Schlüsselmerkmal für Managed Print Services. "Denn Unternehmensprozesse müssen unabhängig von irgendwelchen Herstellern aufgesetzt werden. Das Risiko, ansonsten mit einem Herstellerwechsel auch die Prozesse ändern zu müssen, ist zu hoch."

Doch es ist nicht allein die Herstellerunabhängigkeit, die ein Flottenmanagement für den Dienstleister attraktiv macht. "Die Integration in die Unternehmenssoftware ist der Knackpunkt", beschreibt Martin Steyer, Geschäftsführer des Freisinger Druckerspezialisten printvision das Problem. "Denn mit dem Flottenmanagement kann ich zwar sehen, wo ich Handlungsbedarf habe. Aber erst wenn ich aus dem Alert automatisch einen Auftrag generieren kann, wird das Ganze spannend. Dafür brauche ich aber eine Schnittstelle ins ERP." In seinem Haus hat er das gelöst und die Kosten auch auf die Kunden umgelegt. "Unsere Kunden haben dafür Verständnis", meint Steyer, "denn MPS erleichtert auch ihr Leben ganz gewaltig." (map)

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Riesenchance Upselling

Die Verdienstchancen von Managed Print Services beschränken sich nicht auf die guten Margen mit Original-Supplies. Sie entfalten ihre Profitabilität so richtig durch die An- und Einbindung von Archiv- und Dokumentenmanagementlösungen beim Kunden. Und hier haben IT-Systemhäuser die Nase vorn – wenn sie sich mit Druckern beschäftigen. Denn Dokumentenmanagement ist vor allem auch ein Drucker-Thema. Das Systemhaus hingegen kennt die Prozesse beim Kunden und als MPS-Dienstleister den speziellen Kundenbedarf und kann daher an der richtigen Stelle einhaken: Denn während der klassische Kopierer-Händler aufgrund historischer Prozesse nach wie vor mit dem Einkauf verhandelt, der nur auf die Kosten schaut, umgeht der IT-Lieferant die Pfründe des Einkaufs. Sein Ansprechpartner sitzt in der IT-Abteilung – und der will primär eine gute, funktionierende Lösung.

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