Mensch und Maschine: Weg mit der Distribution – hin zum "Softwarehaus Europa"

Nach 2-jährigem Vorlauf vollzieht Mensch und Maschine die Trennung vom Distributionsgeschäft: Der Verkauf an Tech Data spült dem CAD/CAM-Spezialisten rund 25 Millionen Euro in die Kasse. Ab 2012 will MuM als "Systemhaus Europa" durchstarten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

"Wir wollten nicht in eine Sackgasse geraten", Adi Drotleff, CEO Mensch und Maschine

(Bild: MuM)

Der Verkauf verlief stufenweise über gut zwei Jahre. Jetzt ist Adi Drotleff die Distribution los. Dafür kann sich der Broadline-Distributor Tech Data als "weltgrößter VAD von Autodesk" bezeichnen. Mensch und Maschine-CEO Drotleff war nicht unglücklich mit der Distribution, aber von der künftigen Konzentration auf das Systemhausgeschäft und die Softwareentwicklung verspricht er sich eine weitaus höhere Rendite, wie er im Gespräch mit heise resale betont. So erwarte er, dass sich "mit den Segmenten Software, Systemhaus DACH und Systemhaus Europa die Konzern-Rohertragsquote, die 2008 noch bei 25 Prozent lag, bereits 2012 auf rund 50 Prozent verdoppeln wird". Bis 2014 hoffe er auf einen Rohertrag von mehr als 100 Millionen Euro zu kommen. Im vergangenen Jahr wies der Konzern 66,2 Millionen Euro aus. Den Ebitda kalkuliert Drotleff für 2014 auf 20 bis 25 Millionen Euro.

Für den Gründer und CEO von Mensch und Maschine (MuM) im oberbayerischen Wessling zeichnete sich schon vor etwa drei Jahren ab, dass die Distribution nicht das Zukunftsgeschäft neben Softwareentwicklung und Systemhausleistungen sein kann, zumal auch Autodesk längst seine Absatzstrategie vom reinen indirekten Vertrieb zu "einer Mischform" geändert hatte. "Wir haben ein völlig ungetrübt gutes Verhältnis zu Autodesk und bleiben selbstverständlich dem Unternehmen treu. Allerdings wollten wir auch nicht in eine Sackgasse geraten". Außerdem sei bereits der Umbau des Geschäftsmodells zu den margenstarken Bereichen Eigenentwicklung und Systemhaus in vollem Gange. Und: "Wir konnten noch zu einem ordentlichen Preis verkaufen", unterstreicht Drotleff

Der Umbau des Geschäftskonzeptes machte sich in der Bilanz zum ersten Halbjahr 2011 (30. Juni) bemerkbar. So erwirtschaftete die Unternehmensgruppe zwischen Januar und Juni mehr als 108 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum gut 97 Millionen) bei einem Rohertrag von knapp 37 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum knapp 32 Millionen). Davon setzte die Distribution rund 60 Millionen, das Systemhaus 33 Millionen und die Softwaremanufaktur gut 14 Millionen Euro um. Beim Betriebsergebnis Ebitda entfielen auf die Distribution 1,6 Millionen Euro (2,8 Prozent vom Umsatz), auf die Systemhaussparte 957 000 Euro (2,9 Prozent) und auf die MuM Software 2,2 Millionen Euro (15,7 Prozent). Insgesamt legte der Ebitda gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 68 Prozent zu. Drotleff erwartet für das laufende Geschäftsjahr einen Umsatz von etwa 220 Millionen Euro, nach 195,6 Millionen im Vorjahr. Ebenfalls zulegen werde auch die Mitarbeiterzahl von derzeit 640 auf deutlich mehr als 800 Beschäftigte im Jahr 2015.

Im Zuge der geplanten Neuausrichtung zeichnete sich klar ab, dass MuM "immer stärker vom Umbau des Geschäftsmodells hin zu den margenstarken Segmenten Software und Systemhaus profitieren" werde. Der erste Schritt erfolgte Anfang 2009, als der Broadliner Tech Data die Distribution für die Autodesk-Produkte aus dem Bereich Mechanik & Maschinenbau übernommen hatte. Wenige Monate später folgte die exklusive Betreuung der Fachhandelspartner für Architektursoftware in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Für 2010 war der vollständige Wechsel zum reinen Endkundengeschäft bei Mensch und Maschine geplant.

Doch ganz so flott lief es in Wessling nicht. Jetzt aber sei die Marktoffensive vollzogen, sagt Drotleff, "und zwar in allen durch uns vertretenen Ländern". Das sind neben Deutschland, Österreich und der Schweiz, Italien, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Schweden, Polen und Rumänien. Außerdem ist Mensch und Maschine in den USA, in Japan und dem Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsraum (APAC) tätig.

Die Unterschriften unter dem Kaufvertrag mit Tech Data bringen Mensch und Maschine rund 25 Millionen Euro ein. Zwei Drittel davon werden in 2011/2012 gezahlt, das restliche Drittel binnen drei Jahren – je nach Geschäftsentwicklung. Bis Ende Oktober wird mit der Zustimmung der Kartellbehörde gerechnet. Dann, so Drotleff, steige die Eigenkapitalquote bei Mensch und Maschine auf 40 Prozent. Gleichzeitig sinke die Netto-Bankverschuldung auf etwa Null. Im zurückliegenden Geschäftsjahr betrug die Eigenkapitalquote 26,4 Prozent, die Bankverschuldung 11,9 Millionen Euro.

Trägt die Verantwortung für den Ausbau des Autodesk-Vertriebskanals bei Tech Data: Mike Appel, Director TD Datech Europe

(Bild: TD)

Tech Data erwartet mit dem Kauf eine Stärkung der Design-Software-Sparte TD Datech in ihrer Position als "führender Value Add Distributor von Autodesk in Europa". Zudem könne die Präsenz in den Benelux-Ländern und Rumänien etabliert sowie die "Produktpalette durch die Autodesk-Software für die Fertigungsindustrie in Italien, Frankreich, Großbritannien und in Polen" erweitert werden. Mike Appel, Director TD Datech Europe: "Die Vereinbarung unterstützt in jeder Hinsicht unsere Strategie, unseren Service und den spezialisierten Mehrwert, den wir dem Autodesk-VAR-Vertriebskanal anbieten, zu erweitern und zu optimieren." Dabei wird er sicherlich auf die Unterstützung durch Autodesk vertrauen können. Dessen Senior Vice President Worldwide Sales & Services, Steve Blum, betont "die seit vielen Jahren wertvolle Partnerschaft" zwischen Autodesk und Tech Data, die nun durch "eine weitere enge Zusammenarbeit" ausgebaut werden soll. Und Drotleff freue sich, "dass TD Datech unsere Autodesk-VAD-Distributionsgeschäft nach über 25 erfolgreichen Jahren übernimmt, da wir wissen, dass es in guten Händen sein wird".

Nun könne er sich auf die Zukunft konzentrieren, sagt der MuM-CEO und betont, dass "wir durch das Ausrollen des Systemhausgeschäfts auf das nicht-deutschsprachige Europa unser Geschäftsmodell konsequent in Richtung höhere Wertschöpfung und Umsatzrendite umbauen." Außerdem liege "der besondere Charme der gefundenen Lösung mit dem vorherigen Verkauf der Distribution darin, dass wir anders als im deutschsprachigen Raum nicht mit negativen Renditen im Übergang zum Systemhaus rechnen müssen, da wir das Geschäft in der Umbauphase mit den Kaufpreisraten stützen können, bis es aus eigener Kraft die Zielrendite erreicht", unterstreicht der Vorstands-Chef. (map)
(map)