Preisliste für Spam-Jäger

Bei der Frage, welchen Streitwert man für einen Unterlassungsanspruch gegenüber einem Spammer ansetzt, zeichnet sich keine einheitliche Rechtsprechung ab. Ein vom LG Lübeck vorgeschlagenes Bemessungssystem könnte helfen, Streitigkeiten zu vermeiden.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Wer andere Leute mit unerwünschter E-Mail-Werbung eindeckt, riskiert [1], dass die Empfänger ihn abmahnen lassen und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangen. Der ertappte Spammer muss dann auch die Kosten dieser Aktion erstatten – also üblicherweise das Honorar des Rechtsanwalts, den der Spam-Empfänger mit der Abmahnung beauftragt hat. Darüber, wie hoch diese Kosten ausfallen dürfen, kommt es allerdings häufig zum Streit.

Die Höhe des Anwaltshonorars hängt hauptsächlich vom Gegenstandswert (Streitwert) der Angelegenheit ab. Dass der Abgemahnte dafür aufkommen muss, ist grundsätzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt [2]. Allerdings weigern sich Abgemahnte nicht selten, die verlangte Erstattung zu leisten, und behaupten, die Anwaltsgebühr beziehungsweise der zugrunde gelegte Streitwert sei angesichts der harmlosen Spam-Botschaft viel zu hoch bemessen.

Wenn ein Spammer so reagiert, hat der Abmahnende zwei Möglichkeiten: Entweder lässt er die Sache auf sich beruhen und zahlt seinen Anwalt selbst, oder er klagt die Erstattung der Anwaltsgebühren beim Spammer ein. Damit nimmt er allerdings das Risiko in Kauf, dass das Gericht, das die Sache verhandelt, eine ganz eigene Vorstellung vom angemessenen Streitwert haben könnte. Am Ende könnte es sogar passieren, dass er einen Teil der Zeche selbst zahlen muss – nämlich dann, wenn das Gericht ihm nicht in vollem Umfang Recht gibt und dementsprechend auch die Prozesskosten quotelt.

Tatsächlich lässt sich die Frage, welcher Streitwert einem Anspruch auf Unterlassung von Spam zugrunde zu legen ist, schwer beantworten. Das liegt einerseits daran, dass in diesem Betrag das Interesse des Abmahnenden zum Ausdruck kommen soll, in Zukunft Ruhe vor dem abgemahnten Spammer zu haben. Je nach den Umständen des Einzelfalls ist dieses Interesse unterschiedlich zu bewerten: So spielen etwa Menge und Häufigkeit der Spam-Botschaften eine wichtige Rolle; außerdem wird auch die Frage berücksichtigt, ob der Empfänger die unerwünschten Mails unter seiner privaten oder einer beruflich genutzten E-Mail-Adresse erhalten hat.

Andererseits sind Richter in ihrer Einschätzung und Würdigung von Sachverhalten keineswegs immer einheitlicher Meinung. In vielen Gerichtsbezirken herrschen unterschiedliche Auffassungen darüber, in welche Preisklasse die Lästigkeit von Spam schon vom Ansatz her einzuordnen ist. Gerade das macht den Versuch, vorherzusagen, welchen Streitwert das zuständige Gericht in einem konkreten Fall wohl angemessen finden wird, besonders schwer.

So halten zum Beispiel das Oberlandesgericht (OLG) Celle und das Landgericht (LG) Münster einen Streitwert von 1000 beziehungsweise 2000 Euro beim einmaligen Erhalt einer Spam-Botschaft unter einer beruflich genutzten E-Mail-Adresse für angemessen [3]. Andere Gerichte haben in vergleichbaren Fällen auch schon mal 6000 [4] oder 7500 Euro [5] veranschlagt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich zu Fragen des Streitwerts bei Spam-Fällen bislang nur in einem Beschluss vom November 2005 [6] geäußert. Dort haben die Bundesrichter zu erkennen gegeben, dass nach ihrer Überzeugung in Fällen einer "verhältnismäßig geringfügigen Belästigung" durch unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung ein Streitwert von 3000 Euro angemessen ist.