Schaden durch Werbung in sozialen Netzwerken

Immer mehr Unternehmen geben einen Teil ihres Marketingbudgets für Werbung in sozialen Netzwerken aus. Das Geld wäre woanders besser angelegt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Auf Social Media präsent zu sein, gilt vielen Marketingsexperten heute als das A und O der Kundenkommunikation. Entsprechend fließen auch immer größere Teil des Marketingbudgets in diesen Bereich. 2013 soll bereits ein Viertel der Werbegelder für Aktivitäten in sozialen Netzwerken ausgegeben werden. Doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Denn die Kunden von heute sind ausgesprochen sensibel und reagieren auf störende Werbung mit bewusstem Boykott der Produkte. Das hat eine weltweite Studie über die Effektivität von Marketing in sozialen Netzwerken ergeben, die im Auftrag von Pitney Bowes Software durchgeführt wurde. Befragt wurden Konsumenten in Australien, Frankreich, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den USA.

Die Aussage war deutlich: sieben von zehn Befragten gaben an, dass sie Marken oder Produkte nicht länger verwenden bzw. bewusst meiden, falls sie sich durch das Werbeverhalten des dazugehörigen Unternehmens in sozialen Netzwerken gestört oder geärgert fühlen. Und dass es dazu kommt, ist gar nicht so unwahrscheinlich, denn die Zielgruppen teilen die Begeisterung der Marketingexperten für Werbung bei Facebook & Co. überhaupt nicht. Nur ein Viertel der Konsumenten nutzt soziale Netzwerke, um sich auch mal über bestimmte Unternehmen oder Marken zu informieren. Für 78 Prozent sind diese Plattformen hauptsächlich ein einfaches Mittel, um mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben.

Deshalb sollten Unternehmen auch nur die Konsumenten ansprechen, die sich als "Follower" outen, also den Botschaften des Anbieters freiwillig folgen. Von denen erhält immerhin die Hälfte der Nutzer dann auch gerne Angebote und Werbung von dem so bevorzugten Unternernehmen. Unerwünschte Angebote und Pop-up-Anzeigen sind hingegen rausgeschmissenes Geld: Davon fühlen sich die meisten der Befragten nicht angesprochen, sondern höchstens genervt.

Wer mit solchen Marketingmaßnahmen auf Kundenjagd in sozialen Netzwerken geht, verliert unter Umständen sogar noch Sympathien:65 Prozent der befragten Konsumenten gaben an, eine Marke nicht länger zu verwenden, wenn sie sich durch das Verhalten des Unternehmens in sozialen Netzwerken gestört fühlen. Das Geld sollte man besser in guten Service investieren, denn Kundenzufriedenheit ist noch immer die beste Werbung. Positiven Empfehlungen ihrer Kontakte vertrauen nämlich die meisten Verbraucher. 68 Prozent holen Empfehlungen ein, 15 Prozent lassen sich davon überhaupt erst zu einem Kauf verleiten.

Wie die Studie zeigt, können sich Firmeninhaber nicht nur das Geld für lästige Werbung in sozialen Netzwerken sparen, sondern auch die Gehälter bzw. Honorare für die meisten Marketingexperten. Denn die raten größtenteils zum Versand von regelmäßigen Newslettern, Informationen über die soziale Verantwortung des Unternehmens und Befragungen zur Zufriedenheit der Kunden. Daran sind die Konsumenten aber überhaupt nicht interessiert. Sie wollen Rabatte und Gutscheine, Informationen über neue Produkte und Dienstleistungen sowie rechtzeitige Ankündigungen von Verkaufsaktionen und Veranstaltungen. Den Rest können sich Firmen sparen, denn er wird eh nicht gelesen.

Das so eingesparte Geld könnte in Videos fließen, die dann auf Youtube gesendet werden. Denn das ist bei den Konsumenten nach Facebook die nächstbeliebteste Plattform. Auch hier liegen die meisten Marketingexperten daneben, denn sie investieren ihre verfügbaren Budgets neben Facebook bevorzugt auch in Twitter und Google+. Youtube liegt bei Ihnen erst auf Platz 5. Zwischen den Bemühungen der Marketingexperten und den Prioritäten der Konsumenten gibt es also noch eine ziemlich große Kluft. Kein Wunder also, dass die meisten Unternehmen sagen, die Investitionen in Social Media-Auftritte hätten noch nicht viel gebracht. Denn in den meisten Fällen kriegt die Zielgruppe von den Bemühungen gar nichts mit oder wendet sich genervt ab. Hier besteht also noch viel Nachholbedarf in der erfolgreichen Kommunikation mit dem Kunden.

Das lohnt sich in Deutschland übrigens ganz besonders, denn im internationalen Vergleich nutzen die hiesigen Verbraucher soziale Netzwerke überdurchschnittlich oft für Kontakte zu Unternehmen (79 Prozent). Der internationale Durchschnitt liegt bei 60 Prozent. (gs)
(masi)