Umfrage: Manager brauchen Kreativität nicht nur für die Buchführung

Was ist die Führungsqualität Nummer 1? Falsch! Es ist Kreativität. Das meinen zumindest die meisten Umfrageteilnehmer eines Managementkongresses, der gerade in Stuttgart stattgefunden hat. Und passend dazu finden sich die meisten Führungskräfte selbst ganz doll kreativ. Na dann…

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Von
  • Damian Sicking

Kreativitäts-Experte Bernhard Wolff

(Bild: Wolff)

Lieber Kreativitäts-Experte Bernhard Wolff,

auf dem 9. Stuttgarter Wissensforum Anfang Oktober dieses Jahres – mit rund 2.500 Teilnehmern handelt es sich nach Angaben des Veranstalters um Deutschlands größten Seminar-Event für Führungskräfte – sagten die meisten Teilnehmer einer von Ihnen initiierten Umfrage, die wichtigste Führungsqualität eines Managers sei Kreativität. Ein interessantes Ergebnis. Denn bisher war ich der Meinung, es käme bei den Wirtschaftskapitänen vor allem auf solche Sachen wie Durchsetzungsstärke, Beharrlichkeit und Konsequenz an. Lediglich bei den Kaufmännischen Geschäftsführern und Chief Financial Officers, so dachte ich immer, sei Kreativität ein wichtiger Punkt, und zwar wegen der "kreativen Buchführung".

Gefragt nach den Kreativitäts-Vorbildern, machten die meisten Umfrageteilnehmer ihre Kreuzchen hinter die Namen Steve Jobs, Richard Branson, Bill Gates und Entertainer Stefan Raab. Abermals interessant: Kein einziger deutscher Top-Manager wurde als kreative Lichtgestalt genannt. Klingt komisch, ist aber so. Dabei halten sich Deutschlands Führungskräfte durchaus für kreativ. Das geht zumindest aus einer anderen Studie hervor, die unter der Überschrift "Kreativität und Führung. Wunsch, Wirklichkeit oder Widerspruch?" von der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft in Überlingen veröffentlicht wurde. Dort antworteten nämlich 81 Prozent der Studienteilnehmer auf die Frage, ob sie kreativ seien, mit einem glasklaren "Ja". In Bezug auf ihre Vorgesetzten allerdings waren sie nicht so optimistisch: Nur knapp 62 Prozent bescheinigten ihren Chefs ein gutes Maß an kreativer Potenz.

Nochmal interessant: Am kreativsten bezeichneten sich Frauen unter 40, und am wenigsten kreativ Männer über 40. Gar nicht mal so überraschend, wenn man drüber nachdenkt. Obwohl ich nicht sicher bin, ob Kreativität etwas mit dem Alter zu hat. Ich meine, wir reden hier nicht von Gewichtheben oder 100-Meter-Sprint, wo die Leistungsfähigkeit im Alter tendenziell abnimmt. Wenn es sich mit der Kreativität genauso verhielte – und Kreativität die wichtigste Führungsqualität ist –, wie schrecklich für die Führung der Unternehmen! Denn dann sollte man keine Firma mehr von Männern führen lassen, die, sagen wir mal, älter als 50 sind.

Wir von heise resale haben an dieser Stelle ja schon öfter über Kreativität geschrieben. Vor allem im vergangenen Jahr, welches, wie wir uns erinnern, das "Europäische Jahr der Kreativität und Innovation" war. Und weil damals die große Krise war, ploppten gemäß dem Sprichwort "Not macht erfinderisch" ganz besonders viele gute und kreative Ideen auf. Wie zum Beispiel die eines Gewerkschaftsfunktionärs, dass Firmen, die Gewinne machen, keine Mitarbeiter entlassen dürfen. Das sollte ihnen per Gesetz verboten werden. Hat man anschließend glücklicherweise nichts mehr von gehört. War wohl doch ein bisschen zu kreativ.

Aber ich schweife ab. Zurück zur Kreativität als – ich betone: angeblich – wichtigster Führungsqualität. Ich will nicht sagen, das ist Quatsch. Ich will nur sagen, dass der ganz gewöhnliche Arbeitsalltag einer Führungskraft kreativitätsfeindlich ist. An einem ganz normalen Arbeitstag eines Managers ist für Kreativität schlicht und ergreifend keine Zeit. Aber eine der wichtigsten Bedingungen für Kreativität ist Zeit, ist Ruhe, ist ungestörte Muße. Und was Führungskräfte, Manager oder wie immer man diese Menschen nennen will, ganz gewiss nicht haben, ist Zeit, Ruhe und ungestörte Muße. Daher kommt es nach meiner bescheidenen Meinung auf etwas anderes an: Die Führungskraft braucht intelligente und kreative Mitarbeiter, und sie muss ihnen die Zeit, Ruhe und Muße geben, kreative Vorschläge für bestimmte Aufgaben zu finden. Wie es der Zufall will, habe ich dazu passend gerade einen interessanten Artikel in der Zeitschrift Harvard Business Manager gelesen. Der Artikel stammt von dem amerikanischen Management-Professor Robert I. Sutton (Autor des auch hierzulande gern gekauften Buches "Der Arschloch-Faktor") und trägt die Überschrift "Der Chef als Schutzschild". Darin beschreibt Sutton sieben Aufgaben eines guten Vorgesetzten, unter anderem die, seine Mitarbeiter vor Störungen von innen und außen zu bewahren sowie "Idioten von oben" abzuwehren, damit die Mitglieder seines Teams ihre Arbeit erledigen können.

Insofern würde ich sagen, dass Kreativität vielleicht nicht die wichtigste Managementqualität ist. Aber das Bewusstsein, wie wichtig Kreativität für das Unternehmen ist sowie der Wille und die Fähigkeit, seinen Mitarbeitern zu ermöglichen, kreativ zu sein, das zeichnet sicher einen guten Chef aus.

Beste Grüße

Damian Sicking

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