Warum „Demokratie“ im Büro oft ein Fehler ist

Wenn man Arbeitnehmer nach ihren Wünschen fragt, gehört „mehr Mitspracherecht“ immer dazu. Viele Arbeitgeber bemühen sich, dies in der Praxis auch umzusetzen. Und versäumen dabei, klare Grenzen zu ziehen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Mehr Gehalt, mehr Anerkennung, mehr Mitspracherecht - das sind die Wünsche, die bei entsprechenden Umfragen von Arbeitnehmern am häufigsten genannt werden. Zugleich mahnen Management-Ratgeber die Führungskraft: "Delegieren Sie! Lassen Sie die Mitarbeiter mitentscheiden! Seien Sie ein Team-Player!". Beides ist verständlich bzw. richtig. Auch gibt es keinen Zweifel mehr daran, dass ein demokratisch-partizipativer Führungsstil die Mitarbeiter motiviert und nachweislich die Unternehmensleistung verbessert.

Doch diese Art von Führung ist auch nicht frei von Gefahren. Denn wer seine Mitarbeiter zu jedem Punkt befragt und jede Entscheidung zur Diskussion stellt, kann den Betrieb ebenfalls lahmlegen. Um nur einige negative Nebenwirkungen zu nennen: Der Chef, der alles und jeden um seine Meinung fragt, erscheint schon bald als führungsschwach. Die Mitarbeiter gewöhnen sich daran, dass sie grundsätzlich immer ein Mitspracherecht haben und reagieren äußerst negativ, wenn das dann mal nicht der Fall ist. Auch besteht die Gefahr, dass sich hier keine Unternehmens-, sondern eher eine Diskussionskultur etabliert: es wird mehr geredet, als gearbeitet. Und leider gibt es auch die Sorte von Mitarbeiter, die diese Chance dazu nutzt, Projekte zu blockieren. Oder – weil rhetorisch besonders geschickt – dem Chef das Ruder aus der Hand reisst.

All diese Dinge müssen natürlich nicht eintreffen. Es ist auch keine Lösung, völlig auf die Mitsprache der Mitarbeiter zu verzichten und sich wie ein Diktator aufzuführen. Dieser Führungsstil schadet dem Unternehmen auch. Es gilt, dafür zu sorgen, dass die Mitsprache gegeben ist, aber nicht über das Ziel hinausschießt.

Deshalb müssen Sie als Führungskraft klare Grenzen ziehen und kommunizieren. Machen Sie klar, dass Sie die Meinung der Mitarbeiter hören wollen und diese auch in Ihre Entscheidung einfließen lassen werden. Aber auch, dass es zuletzt trotzdem IHRE Entscheidung ist.

Haben Sie die Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess eingebunden, alle Meinungen berücksichtigt und sind zu einem Ergebnis gekommen, dann teilen Sie dieses der Belegschaft mit. Sie sollten auch begründen, warum Sie sich so entschieden haben. Das ist allerdings etwas anderes, als sich dafür zu rechtfertigen. Sie sind der Chef, Sie müssen nichts erklären, aber Sie wollen gerecht sein und informieren.

Machen Sie auf keinen Fall den Fehler, dass Sie die – nach reiflicher Überlegung – gefällte Entscheidung erneut zur Diskussion stellen, nur weil sie einigen Mitarbeitern nicht gefällt. Denn das wird immer der Fall sein, sobald mehrere Leute am Tisch sitzen. „Fallen“ Sie einmal um, können Sie sich darauf verlassen, dass in Zukunft jede Entscheidung wieder in Frage gestellt wird. Sagen Sie deshalb deutlich, wann es vorbei ist.

Auch sollten Sie nicht jede Entscheidung mit den Mitarbeitern besprechen. Auch das ist ein Zeichen von Schwäche. Bei manchen Fragen macht es Sinn, sich mit den Kollegen auszutauschen, bei anderen eben nicht. Auch hier müssen klare Grenzen gezogen werden, die zeigen, wer der Chef ist.

Leider hat ein solch demokratischer Führungstil auch zur Folge, dass es Mitarbeiter gibt, die glauben, nun ihre eigenen Regeln aufstellen zu können. Diese Typen (in jedem Unternehmen gibt es so einen oder eine), müssen Sie sich frühzeitig schnappen und klar machen, wer hier die Anweisungen erteilt und dass die Regeln der Firma für alle Mitarbeiter gelten. Notfalls müssen Sie auch zu Sanktionen greifen, um zu zeigen, dass Sie es ernst meinen.

Ganz wichtig: Anweisungen, die Sie erteilen, sind keine Diskussionsgrundlage! Es gibt Punkte, bei denen Sie die Belegschaft oder einzelne Mitarbeiter um Input bitten und mitreden lassen. Aber eine Arbeitsanweisung, die Sie erteilen, gehört sicherlich nicht dazu. Lassen Sie sich hier auf keinen Fall auf Diskussionen ein und machen Sie klar, dass Sie nicht tolerieren werden, falls ein Mitarbeiter sich nicht an diese Vorgaben hält. (masi)