Warum suchen sie?

Seite 3: Cluster und Segmente

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Ein Ausflug zu Google Trends oder in das Keyword-Tool kann also als Augenöffner oder Inspirationsquelle fungieren. Zweifellos findet sich unter den Suchbegriffskombinationen ein Aspekt, der mal einen Blogbeitrag wert ist oder vielleicht auf einer Produktseite erwähnt werden könnte. Das Vorgehen bleibt aber Stückwerk.

Die Hohe Schule der Kontextanalyse geht weiter. Dabei gilt es, Gruppen zu bilden und zu filtern. Attribute wie „günstig“, „kaufen“ oder „Schnäppchen“ gehören in einen Topf, „3G“, „Wlan“ oder „Retina“ in einen anderen. Man muss also zunächst die wichtigsten Suchbegriffe finden, dann dazu die wichtigsten Attribute und im dritten Schritt baut man eine Themenliste, die sich an den Prioritäten der Nutzer orientiert.

Das Keyword-Tool liefert auch Vorschläge, die über den eigenen Marketing-Jargon hinausgehen.

Diese Themenliste sollte mit den passenden Ergebnisseiten bei Google bewertet werden. Ist mein Wettbewerb schon da? Gibt es dort AdWords-Anzeigen? Sind Dritte bei diesem Thema stark vertreten, zum Beispiel die Medien oder Foren? „Wenn ein Thema sehr stark besetzt ist, wäre vermutlich eine Kooperation mit einem der Platzhirsche besser, als selbst Inhalte aufzubauen“, so Fauldrath. Umgekehrt sind dünn besetzte Themen Fluch und Segen zugleich: „Man findet kaum Influencer, mit denen man zusammenarbeiten kann“, meint André Scharf, Suchmaschinenexperte bei der Agentur LBi. „Dafür kann man das Thema selbst besetzen, wenn man schnell ist.“

Im Auftrag eines Kunden hat Jens Fauldrath die inhaltliche Strategie der aktuellen Smart-Home-Kampagne von RWE durchleuchtet. Für die Kampagne selbst findet Fauldrath nur lobende Worte, nicht aber für die Google-Strategie. In den eigenen Anzeigen bei Google hebt RWE die Themen Lifestyle und Modernität in den Vordergrund. Auf Google suchen die Nutzer aber vor allem auch Begriffe rund um das Thema Energiesparen. „RWE weiß das auch und hat entsprechende Adwords-Anzeigen geschaltet, aber die landen auf allgemeinen Übersichtsseiten, die keinerlei direkten Bezug zur Anzeige haben. Das verwirrt die Nutzer. Für eine derartige Strategie der Suchmaschinenoptimierung und des Suchmaschinenmarketings ist die Seite schlicht nicht geeignet.“

Mit wenigen Handgriffen ließe sie sich freilich anpassen. Dedizierte Landeseiten und eine Rubrik „Energiesparen“ auf der obersten Navigationsebene würden das Interesse der Nutzer hinreichend abbilden. Inhalte zum Thema Energiesparen hat die RWE-Site genug.

Die Tendenz zum Second Screen, also der parallelen Nutzung von TV und Smart phone/Tablet, erlaubt eine recht präzise Messung der Veränderung des Suchverhaltens im exakten zeitlichen Umfeld eines TV-Spots. Google stellte 2012 in einer Studie fest, dass 22 Prozent der Smartphone-Suchen einen direkten Bezug zum TV-Programm oder zu Fernsehspots beinhalteten. Suchen vom Desktop oder Laptop werden zu 10 Prozent vom Fernsehen beeinflusst.

Der Titel der Studie „TV-Werbung niemals ohne Suche“ des Bundesverbands Digitale Wirtschaft empfiehlt Unternehmen nachdrücklich, flankierend zu klassischen Werbemaßnahmen auch SEO- und SEA-Aktivitäten zu platzieren. 53 Prozent aller Nutzer, die nach der Betrachtung eines TV-Spots online gehen, nutzen Google statt die Website direkt anzusurfen.

Thorben Fasching, Geschäftsführer der Bremer Agentur HMMH, empfiehlt, dass Werber in den letzten Sekunden des Spots gezielt URLs oder spezifische Suchbegriffe erwähnen, um die Nutzerströme zu lenken. Christian Sauer vom Webanalyse-Spezialisten Webtrekk stellt für den Kunden Wirkaufens.de fest, dass der meiste Traffic über die Suche nach dem Firmennamen kommt: „90 Prozent suchen einfach nur die Marke in den verschiedensten Falsch-Schreibweisen.“ Auch Thomas Bindl vom Softwarehaus Refined Labs rät zur Bewerbung der URL im Spot. „Eigentlich muss es das Ziel sein, die Google-Suche zu vermeiden.“

Obwohl TV-Werbung in den letzten Jahren in vielen Umfeldern günstiger geworden ist, ist das Format für die meisten kleineren Anbieter immer noch zu teuer. Hier bietet sich eine alternative Strategie an: Wenn die Nutzer zum Beispiel Begriffe suchen, die im Zusammenhang mit aktuellen Fernsehsendungen stehen, dann können auch kleinere Unternehmen das Second-Screen-Verhalten der User wie ein Trittbrettfahrer nutzen. Wer aktuell Sportartikel verkauft, könnte zum Beispiel den Begriff „Wimbledon“ mal genauer unter die Lupe nehmen, dazu Inhalte erzeugen oder gar Adwords-Anzeigen schalten.

Der kleine IT-Händler oder die Web-Design-Agentur haben selten das Budget für eine tief greifende Analyse. Mit den verschiedenen Helfern von Google und Ubersuggest gibt es aber viele preiswerte und kostenlose Werkzeuge, die das Google-Universum nach den Vorlieben der Nutzer durchforsten. Auch der kleine Händler kann so die Inhalte seiner Site darauf abstellen, was die Surfer wirklich suchen, und nach Marktlücken fahnden, die von den Platzhirschen noch nicht bedient werden. (gs)