Brüsseler Erklärung für starke EU-Datenschutzreform
Zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen zeigen sich empört über den schwunghaften Handel mit persönlichen Daten und stellen Forderungen an die geplante EU-Datenschutzverordnung. Die Deklaration steht zur Unterzeichung offen.
Zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen haben gemeinsam eine "Brüsseler Datenschutz-Erklärung" veröffentlicht, um sich für eine bessere Absicherung der Privatsphäre der Europäer einzusetzen. In der Deklaration, die für interessierte Nutzer zur Unterzeichnung offensteht, stellen sie Forderungen an die geplante EU-Datenschutzverordnung. Zugleich zeigen sich die Vereinigungen empört darüber, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung "oft ignoriert" werde.
Ins Leben gerufen haben die Deklaration, der sich bereits ein knappes Dutzend andere Bürgerrechts- und Verbraucherschutzeinrichtungen angeschlossen haben, die niederländische Gruppierung Bits of Freedom sowie die Dachorganisationen Privacy International und "European Digital Rights" (EDRi). Mehr als 1.200 Firmen hätten sich auf den Handel mit privaten Daten spezialisiert, monieren die Verfasser.
Jeder EU-Bürger werde bereits in hunderten Datenbanken gespeichert, meist ohne sein Wissen und seine Einwilligung, heißt es weiter. Wer heute im Web surfe, müsse damit rechnen, dass mehr als 50 darauf spezialisierte Unternehmen jeden seiner Klicks beobachteten. Die gesammelten Informationen würden permanent "von Algorithmen kategorisiert und beurteilt", um die Nutzer entsprechend ihres "angenommenen unternehmerischen 'Wertes'" zu behandeln.
Die Erklärung appelliert an die EU-Abgeordneten und die Regierungen, die Datenschutzrechte zu verbessern und stärker durchzusetzen. In der geplanten Grundverordnung müsse etwa festgeschrieben werden, dass personenbezogene Daten nur mit "ausdrücklicher, starker und informierter Einwilligung" verarbeitet werden dürfen. Die Unterzeichner drängen zudem auf ein Verbot, ein Dienstangebot gemäß an die Nutzungserlaubnis persönlicher Informationen zu koppeln. Die Inanspruchnahme von Daten oder deren Weitergabe müssten transparenter gemacht werden.
Für unerlässlich halten die Bürgerrechtler eine "echte Datenportabilität", um den Wettbewerb zu fördern und Wechsel zu anderen Plattformen zu erleichtern. Das Anlegen geheimer Profile über Nutzer oder Kunden müsse online wie offline verboten werden. Jedem EU-Bürger stehe ein Recht auf wirksame Kontrolle über die eigenen Daten zu. Nötig seien ferner "wirksame Schadensersatzmechanismen und Strafen für Firmen und öffentliche Stellen, die das Gesetz nicht respektieren".
Die Erklärung richtet sich auch gegen das Lobbying der US-Regierung sowie zahlreicher Wirtschaftsverbände und Internetkonzerne aus dem Silicon Valley. Jüngst war etwa ein Papier (PDF-Datei) aus Washington aufgetaucht, das unter anderem das geplante schärfere Vorgehen gegen Datenschutzverstöße sowie die Einwilligungserfordernis in Frage stellt. Insgesamt fürchten Bürgerrechtler und Verbraucherschützer, angesichts der zahlreichen professionellen Versuche zur Einflussnahme mit ihren Anliegen ins Hintertreffen zu geraten.
(keh)