Ex-Terrorfahnder: Keine digitale Kommunikation ist sicher
Der ehemalige FBI-Agent Tim Clemente sagte gegenüber dem TV-Sender CNN, das FBI könne auch zurückliegende Telefonate abhören.
Dienste der USA zeichnen jegliche digitale Kommunikation dort auf und sind auch im Ausland aktiv. Dies hat Tim Clemente zweimal im TV-Programm von CNN bestätigt. Er präsentiert sich als ehemaliger Anti-Terror-Agent des FBI, ehemaliger Polizist und ehemaliger Armeeangehöriger. Laut seiner Website hat er auch als Filmautor, Stuntman sowie als Berater für professionelle Sportligen, Spielkasinos, Hollywood und diverse Staatsoberhäupter gearbeitet.
Zunächst trat Clemente am 1. Mai in CNN auf. Im Zusammenhang mit dem Bombenattentat auf den Marathon in Boston führte er aus, dass das FBI auch zurückliegende Telefonate abhören könne. "Natürlich haben wir bei Untersuchungen zur Nationalen Sicherheit Wege, herauszufinden, was exakt in diesen Gesprächen gesagt wurde." Damit bezog er sich auf Telefongespräche zwischen dem inzwischen verstorbenen Attentäter und dessen Frau. Die Inhalte dieser Unterhaltungen stünden dem FBI auch dann zur Verfügung, wenn die Frau sie nicht von sich aus preisgeben sollte. "Das ist nicht unbedingt etwas, was das FBI vor Gericht präsentieren würde, aber es könnte die Untersuchung voranbringen oder zur einem Verhör der Frau führen. Wir können das natürlich herausfinden."
Auf die ungläubige Rückfrage der CNN-Journalistin Erin Burnett sagte Clemente: "Willkommen in Amerika. Alles was wir sagen wird erfasst während wir sprechen, ob uns das gefällt oder nicht." CNN stellt die vorläufige Mitschrift online zur Verfügung.
Tags darauf war Clemente zum gleichen Thema erneut zu Gast bei CNN. Und er bestätigte seine Aussagen vom Vortag: "Im Bereich der Nationalen Sicherheit, der Bundesregierung, haben wir Möglichkeiten, viele Möglichkeiten, zu unserer Verfügung, quer durch die verschiedenen Geheimdienste. Nicht nur im Inland, sondern auch in Übersee. Diese Möglichkeiten erlauben uns, Information zu erlangen, die wir normaler Weise nicht in einer strafrechtlichen Untersuchung verwenden können, die aber für große Terroruntersuchungen oder zur Spionageabwehr genutzt werden."
"Sie sprechen nicht über Nachrichten auf einem Anrufbeantworter. Worüber sprechen Sie genau?", hakte die TV-Journalistin nach, woraufhin Clemente sagte: "Ich spreche über jegliche digitale Kommunikation. Es gibt einen Weg, digitale Kommunikation aus der Vergangenheit anzuschauen." Er könne jedoch keine Details dazu nennen, wie das genau gemacht werde. "Aber ich kann Ihnen sagen, dass keine digitale Kommunikation sicher ist."
Die Ermittler würden die Inhalte der Telefongespräche zwischen dem Attentäter und seiner Frau eruieren. CNN hat das Video dieses kurzen Interviews auf YouTube gestellt.
Gänzlich neu sind diese Hinweise auf den Umfang der Überwachung nicht. Die britische Zeitung Guardian listet in einem Artikel mehrere Fälle auf, in denen ähnliche Informationen von Eingeweihten bekannt wurden, etwa von einem Mitarbeiter des Telekommunikations-Anbieters AT&T, Mark Klein, oder von William Binney. Er wird als ehemaliger Mitarbeiter des US-Geheimdiensts NSA (National Security Agency) vorgestellt.
In einem Interview mit Democracy Now im April 2012, bei dem auch Jacob Appelbaum dabei war, sagte Binney, die NSA zeichne fast alle E-Mails auf. Seiner Schätzung nach, die auf Angaben aus 2006 fuße, habe die NSA eine Größenordnung von 20 Billionen Unterhaltungen in Form von E-Mails und Telefonaten zwischen US-Bürgern erfasst. Finanzielle Transaktionen seien in dieser Zahl noch nicht enthalten.
In dem Mitschnitt von Democracy Now ist auch ein Ausschnitt einer parlamentarischen Anhörung zu sehen. Darin stellt ein NSA-General in Abrede, dass Kommunikation zwischen US-Bürgern routinemäßig "abgefangen" werde ("intercepted").
2015 wollen NSA und DISA (Defense Information Systems Agency) ein neues Datencenter in Betrieb nehmen. Der Bauauftrag im Wert von 565 Millionen US-Dollar wurde im März vergeben, wie Erich Moechel berichtet hat. (anw)