Messenger Telegram angeblich bei IS-Terroristen beliebt
Der verschlĂĽsselnde Smartphone-Messenger Telegram soll die Lieblings-App der Terroristen des Islamischen Staates sein. Dass die App fĂĽr deren Kommunikationswege besonders wichtig ist, scheint allerdings fraglich.
- Fabian A. Scherschel
Der Smartphone-Messenger Telegram soll ein beliebtes Kommunikationsmittel der Terrororganisation Islamischer Staat (IS, ISIS, ISIL) sein. Als Begründung für diesen Verdacht wird eine Studie der Analystenfirma Flashpoint angeführt, die bei politischen Gruppen aus Gaza, die dem IS nahe stehen sollen, die Verwendung der App beobachtet haben will. IS-Aktivisten nutzen demnach Telegram, um Propaganda-Botschaften an Gefolgsleute zu verteilen. Die britische Firma hinter dem Messenger hat bekanntgegeben, Dutzende entsprechende Gruppenchats gelöscht zu haben.
Dabei handelt es sich wohl in erster Linie um Propaganda-Botschaften, wie sie mit ziemlicher Sicherheit auch mit Hilfe anderer Messenger verteilt werden. Auch soziale Netze wie Twitter müssen immer wieder entsprechende Kommunikationskanäle abklemmen, auf denen Sympathisanten des Terrornetzwerks ihre hasserfüllten Botschaften verbreiten. Bei Telegram scheint es sich bei diesen Kanälen um Gruppenchats zu handeln, die nach Angaben des Dienstes nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt sind.
Nutzen IS-Terroristen Telegram, um Angriffe zu planen?
Selbst Ende-zu-Ende verschlüsselte Chats zwischen zwei Teilnehmern in einer solchen App wären wohl kaum der richtige Ort, um Terrorangriffe zu planen. Denn trotz verschlüsselten Gesprächsinhaltes kann hier der Dienstanbieter immer noch eine Menge Metadaten erheben und muss diese auf Anfrage von Strafverfolgungsbehörden auch an diese weitergeben. Und spätestens seit den Snowden-Enthüllungen wissen wir, dass man sehr viele ermittlungsrelevante Informationen aus diesen Metadaten herauslesen kann.
Natürlich ist es auch denkbar, dass IS-Terroristen einfach unverschlüsselt kommunizieren und sich darauf verlassen, im Hintergrundrauschen der überwachten Kommunikation unterzugehen. Informationen aus Frankreich legen nahe, dass die Terroristen dort auch mit unverschlüsselten SMS kommunizierten. Die Theorie, dass die Terroristen Messenger-Funktionen auf der Playstation 4 nutzten, scheint mittlerweile wenig plausibel. Grundsätzlich ist wahrscheinlich, dass Organisationen wie der IS in Bewegung bleiben und ihre Kommunikationskanäle oft wechseln.
Weder gut noch böse
Grundsätzlich muss man sich vor Augen führen, dass Kommunikationsmittel auch einfach nur Werkzeuge sind. Sie sind in sich weder gut oder böse, sondern moralisch ambivalent. So werden Ende-zu-Ende verschlüsselnde Messenger sowohl von Journalisten verwendet, die mit Whistleblowern unbeobachtet kommunizieren müssen, als auch von Kriminellen, die Straftaten planen. (fab)