Make Magazin 1/2016
S. 104
CNC-Maschinen

Spindelmotoren

Mit dem Werkzeug-Antriebsmotor steht und fällt die Qualität des bearbeiteten Werkstücks. Weil der Spindelantrieb der kostspieligste Teil einer selbstgebauten CNC-Anlage bildet, geben wir hier eine kleine Auswahlhilfe für fortgeschrittene Maker.

Im Unterschied zu den eher gemächlichen Universal-Fräsmaschinen, die jeder Werkzeugmacher aus der Schlosserwerkstatt kennt, verlangen die kleinen Werkzeuge der CNC-Maschinen schnell laufende, direkt angetriebene Spindeln – je kleiner der Werkzeugdurchmesser, desto höher muss bei vorgegebener Schnittgeschwindigkeit die Drehzahl sein. Bohrzentren für die Platinenbearbeitung arbeiten mit 60 000 bis 100 000 Upm, wenn besonders kleine Löcher von 0,3 mm zu bohren sind. Ähnlich hoch sind auch die Anforderungen bei der Aluminiumbearbeitung mit 1-mm-Fräsern.

Ein ebay-Schnäppchen: Die Westwind-Spindel ist der Industriestandard bei der Platinenbearbeitung. Sie ist luftgelagert und sehr geräuscharm, verlangt aber einigen Support (Druckluft, Kühlwasser, Umrichter).
Zum Einspannen von Dremel-ähnlichen Maschinen gibt es Adapterscheiben für die Eurohals-Aufnahme mit 43 mm Durchmesser. Bitte bei der Auswahl beachten: Einige Nachbauten (z. B. Ferm) haben ein anderes Gewinde.

Daheim wird man es selten mit Bohrungen unter 0,6 mm oder Fräserdurchmessern unter 2 mm zu tun haben – die Bruchgefahr der teuren Präzisionswerkzeuge ist einfach zu hoch. Mit 30 000 Upm sollte man in der Regel auskommen, als Minimum empfehlen wir einen Fräsmotor, der 24 000 Upm drauf hat.

Drei Klassen von Motoren kommen dafür in Frage: Im unteren Leistungsbereich verwendet man Gleichstrommotoren mit Permanentmagneten und Kollektor, wie sie zum Beispiel in den Proxxon-Werkzeugen für 12-V-Betrieb eingebaut sind. Die besten und präzisesten Gleichstrommotoren finden sich in den „Handstücken“ und „Technikmaschinen“ für Dentallabore, die mit bis zu 40 000 Upm laufen – und ein mittleres Vermögen kosten. Abgewandelte Versionen der Dentalmotoren (z. B. von KaVo oder Alfred Jäger) mit Leistungen zwischen 100 und 300 Watt werden auch für kleine CNC-Maschinen angeboten, allerdings ausschließlich im professionellen (vierstelligen!) Preissegment.

Spannzangen für schnell laufende Frässpindeln: ER8, ER16 und OZ8 mit den zugehörigen Überwurfmuttern. Ganz rechts eine 300 Euro teure Westwind-Präzisionszange mit einem Rundlauffehler im Mikrometer-Bereich – die war bei unserem ebay-Kauf zum Glück dabei.

Insbesondere für die Holzbearbeitung sind Frässpindeln mit den robusten Universalmotoren beliebt. Die kennt man aus der Handbohrmaschine oder dem Küchenmixer, hier sind sie allerdings auf hohe Drehzahl gezüchtet und natürlich nicht durch ein Getriebe untersetzt. Nachteilig sind ihre offene Bauweise (Staubablagerungen!) und ihr Lärmpegel, vor allem bei höheren Drehzahlen. Ein Drehzahlsteller ist meist eingebaut, der nutzbare Bereich liegt dann zwischen 10 000 und 27 000 Upm. Führende Marken sind Kress oder Suhner (Preisklasse 150 bis 300 Euro), auch Bosch ist mit dem „Geradschleifer“ GGS-28 vertreten.

Für den Anfang reicht eine billige Oberfräse aus dem Baumarkt; man muss nur darauf achten, dass der Motor abnehmbar ist und einen so genannten Euro-Hals mit 43 mm Durchmesser hat, denn dafür sind die fertigen Aufnahme-Haltewinkel ausgelegt. Wunder an Rundlaufgenauigkeit und Lebensdauer darf man hier natürlich nicht erwarten.

Leisetreter

In der Königsklasse der Frässpindeln tummeln sich fast ausnahmslos so genannte HF- oder Hochfrequenz-Spindeln. Das sind im Prinzip kollektorlose Drehstrommotoren, die mit weit höherer Frequenz als 50 Hz laufen (z. B. 1000 Hz für rund 60 000 Upm). Der Begriff „Hochfrequenz“ ist hier also nicht ganz wörtlich zu nehmen.

Im Aufbau entsprechen sie den unverwüstlichen Drehstrom-Asynchronmotoren, allerdings mit besonders schlankem und perfekt ausgewuchtetem Anker, der je nach Typ Drehzahlen bis 120 000 Upm ermöglicht. Zur Ansteuerung reicht normaler Drehstrom mit variabler Frequenz, eine aufwendige elektronische Kommutierung wie bei den BLDCs (bürstenlose Gleichstrom-Motoren, im Modellbau beliebt) ist nicht erforderlich.

Trotzdem verlangt eine HF-Spindel zusätzliche Elektronik, die den „hochfrequenten“ Drehstrom (300 bis 2000 Hz) bereitstellt. Das muss nicht unbedingt das Original-Steuergerät des Herstellers sein, die Asynchronmotoren kommen in der Regel auch mit einem normalen Frequenzumrichter aus – ein handelsüblicher Standardbaustein in der Industrieelektronik. Der „Commander SK“ von Emerson, bei ebay für 80 Euro erstanden, versteht sich zum Beispiel prima mit unserer luftgelagerten Westwind-Diva (siehe Bild). Bei 1333 Hz dreht sie mit sagenhaften 80 000 Upm und ist dabei (fast) flüsterleise.

Universalmotoren wie diese Kress FME1050 kommen auch in handgeführten Oberfräsen oder als Geradschleifer zum Einsatz. Sie laufen bis zu 27 000 Upm schnell, sind aber durch die Schleifkohlen und die offene Konstruktion recht laut.

HF-Spindelmotoren aus China findet man bereits in Fülle bei ebay, Amazon und Alibaba, oft als Paket mit passendem Frequenzumrichter. Unsere angeblich 60 000 Upm schnelle Testbestellung lief zwar, machte aber nur bis rund 35 000 Upm Freude – darüber zeigten sich ausgeprägte Resonanzen und bedenkliche Geräusche. Kritisch ist die Lagerung der Antriebswelle, übliche Standard-Kugellager asiatischer Provenienz sind hier definitiv überfordert. Nur wenige Firmen beherrschen den Drehzahlbereich jenseits der 30 000 Upm bei kugelgelagerten Maschinen sicher, und nicht ohne Grund ist eine HF-Spindel von Alfred Jäger, SycoTec oder Fischer mindestens zehnmal so teuer wie die No-Name-Exemplare aus Fernost.

Achten Sie beim Frequenzumrichter-Kauf darauf, dass der Ausgangs-Nennstrom ungefähr dem Motor-Nennstrom entspricht und dass die für die Maximaldrehzahl nötige Frequenz auch erreicht wird; mit einem 400-Hz-Umrichter kommen Sie maximal auf 24 000 Upm. Der Frequenzumrichter sorgt – sofern die Motordaten richtig eingegeben wurden – mit seiner Kennliniensteuerung dafür, dass immer eine zur Drehzahl passende Motorspannung anliegt. Die Motor-Nennspannung darf erst bei Nenndrehzahl anliegen, sonst wird die Wicklung oder der Umrichter überlastet.

Zerlegter Spindelmotor: HF-Spindeln sind im Prinzip normale Drehstrommotoren mit einem besonders schlanken, gut ausgewuchteten Anker. Dieses robuste Exemplar von Perske stammt aus einer schnell laufenden Holzbearbeitungsmaschine.

Für die in Frage kommenden Spindelmotoren ist ein Umrichter mit 230-V-Eingang ausreichend. Den kann man zur Erhöhung der elektrischen Sicherheit auch über einen Trenntrafo versorgen, so dass die Motorwicklung potentialfrei ist. Da man die maximale Ausgangsspannung am Umrichter einstellen kann, ist es ohne weiteres möglich, einen Motor mit 90 V Nennspannung an einem 230-V-Umrichter zu betreiben; er sollte dazu aber in der Lage sein, auch den Motor-Nennstrom zu liefern.

Im Kurzzeitbetrieb darf man die wassergekühlten (und deshalb besonders leisen) HF-Spindeln auch durchaus ohne Wasserdurchfluss betreiben, zumindest dann, wenn eine Wärmeabfuhr über die Haltewinkel gewährleistet ist. Anspruchsvoll ist hier eigentlich weniger die Wicklung als die Lagerung: Mit Höchstdrehzahl laufende Kugellager werden auch bei guter Schmierung sehr heiß. Luftgelagerte Spindeln haben dieses Problem nicht, sie benötigen dafür aber einen Kompressor.

Für die Wasserkühlung kann man auf eine Aquarienpumpe mit Ausgleichsbehälter zurückgreifen, wie in Make: 6/2015 für die Lasercutter empfohlen. Die Verlustleistung ist bei den größeren Spindelmotoren aber deutlich höher, was bei der Auslegung der Kühlanlage zu berücksichtigen ist. Ein CPU-Kühlsystem reicht hier womöglich nicht mehr, wohl aber ein Heizungs-Wärmetauscher vom Autofriedhof mit großem Lüfter.

Auch mit ausgeprägter Neugier sollten Sie einen kugelgelagerten Spindelmotor nicht zerlegen, weil es mit bastelkellerüblichen Mitteln kaum gelingt, die Lager wieder spielfrei und passgenau einzupressen. Unseren ehrwürdigen Perske-Motor haben wir nur deshalb auseinandergenommen, weil sein Hauptlager schon merklich Geräusche machte. Die Kugellager sind übrigens spezielle Ausführungen mit mehr Lagerspiel – anders würden sie die hohen Drehzahlen nicht verkraften.

Spannzangen

Ein luftgelagerter Spindelmotor verlangt einiges an Support für Kühlwasser und Lagerluft. Eine Sicherheits-Verriegelung sorgt dafür, dass er bei Druckluftabfall unter 5 bar ausgeschaltet wird.

Normale Bohrfutter, wie sie zum Beispiel den Dremel-Ähnlichen als Zubehör beiliegen, sind zum Fräsen und für die Arbeit mit Vollhartmetallwerkzeugen ungeeignet. Sie können kaum radiale Kräfte aufnehmen, spannen nicht fest genug und haben einen ungenügenden Rundlauf. Der sollte für feine Arbeiten mit VHM-Bohrern im einstelligen Mikrometer-Bereich liegen.

Ein Frequenzumrichter macht Drehstrom aus der 230-V-Steckdose. Die Ausgangsfrequenz und damit die Drehzahl kann man über Taster oder ein (meist extern anzuschließendes) Poti einstellen. Motordaten und Regelcharakteristik gibt man über Menü und Drucktasten ein.

Zum präzisen Einspannen des Fräswerkzeugs ist daher eine Spannzange nötig, die es fast vollflächig umschließt. Für jeden Werkzeugschaft-Durchmesser benötigt man eine eigene Spannzange (ca. 10 Euro, spezielle Ausführungen bis 300 Euro). Für den Anfang reicht die Ausstattung 3 mm (viele metrische Hartmetall-Werkzeuge), 3,175 mm (Platinenbohrer-Schaft) und 6 oder 8 mm (Holzbearbeitung).

(K)ein ebay-Schnäppchen: Obwohl der Hersteller 60 000 Upm verspricht, gerät die Billig-Spindel schon bei rund 40 000 Upm in unangenehme Resonanzen.

Die Spannzange samt Überwurfmutter muss wiederum zur Maschine passen. Geläufig sind die Größen ER8, ER13, ER16 (z. B. bei Kress) und OZ8 (oft bei Maschinen aus der Holzbearbeitung). Daneben gibt es noch etliche herstellerspezifische Varianten, unter anderem bei den Multifunktionsschleifern, den Geräten aus der Dentaltechnik und für automatische Werkzeugwechsler.

Letzterer ist bei unserer Westwind-Spindel druckluftbetätigt. Lässt man Druckluft mit 6 bar in den Kolben am oberen Spindelende eintreten, öffnet sich die Spannzange und das Werkzeug wird ausgeblasen. Das ist natürlich auch bei manuellem Werkzeugwechsel eine ungemein praktische Sache; bei den Spannzangen mit Überwurfmutter hantiert man gleichzeitig mit zwei Schraubenschlüsseln und muss nebenbei auch noch den Fräser in Position halten. Die hochwertigen Dentalspindeln sind zumindest mit einem manuell betätigten Werkzeugwechsler ausgestattet: Hier zieht man die Spannzange mit einem Handknebel am oberen Ende der Maschine an. cm