Make Magazin 1/2020
S. 3
Editorial
Daniel Bachfeld

Deutschlands gefährlichstes DIY-Magazin

Zu einigen unserer Online- und Printartikel gibt es Kommentare, wie verboten und gefährlich das alles sei und wie unverantwortlich, darüber zu berichten. Der Online-Artikel eines Maker-Autors, wie er aus einem bei Amazon gekauften, aber wohl in Deutschland nicht zugelassenen Funkgerät ein Arduino-gesteuertes Babyphone baute, führte sogar zu Drohungen, uns bei der Polizei anzuzeigen. Durch Funkstörungen könnten Babys sterben und Flugzeuge vom Himmel fallen. Sogar die Bundesnetzagentur wurde informiert.

Auch Teslaspulen und Jakobsleitern seien Teufelszeug, hören wir immer wieder auf Maker Faires. Und Artikel zum Bau von experimentellen Testsendern mit Pi und Arduino führen regelmäßig zu empörten Leserbriefen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viel Gesetze ich Anfang der 80er Jahre als Schüler unbewusst brach, als ich nach den Anleitungen des legendären Heinz Richter mit dem „Kosmos Elektronik Labor“ Schwingkreise und Sender baute.

Daneben gefährden wir nach Meinung einiger Kommentatoren auch noch regelmäßig die Gesundheit und das Leben unserer Leser, etwa wenn wir zeigen, wie man günstige Lasercutter und 3D-Drucker aus China mit einigen Verbesserungen sicher für den täglichen Betrieb macht. Erblindungen wegen austretender Strahlen oder umherfliegender Teile drohten ebenso wie der Wohnungsbrand wegen fehlerhafter Heizbettsteuerung. Zuletzt tobte das Make-Online-Forum über unseren Bericht zum Umbau entleerter Camping-Gasbehälter zum Drucklufttank. Von möglichen gewaltigen Explosionen war die Rede, sollte der Behälter den paar Bar nicht standhalten können.

Nun könnte man meinen, es handele sich um Extremfälle, über die ich hier berichte. Aber selbst Löten gehört ja laut diverser Arbeitsschutzleitfäden schon zu den „gefährlichen Arbeiten“, vor denen gewarnt wird. Bei unsachgemäßer Durchführung sei mit schweren Verbrennungen und Lungenkrankheiten durch Lötdämpfe zu rechnen, so liest man. Zwei Gründe, warum beispielsweise in Schulen nicht mehr gelötet wird. Lehrer wären sonst gezwungen, vorher detaillierte Gefährdungsbeurteilungen zu schreiben. „Einfach mal loslegen“ geht heute leider nicht mehr. Ist eigentlich noch Linolschnitt im Kunstunterricht mit den superscharfen, halbrunden Klingen erlaubt?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich rate keinem, am offenen Lasercutter zu arbeiten, in Einflugschneisen Bastelsender zu testen, Tanks zu überlasten oder in Hochspannungsanlagen zu greifen. Aber Angst schüren, Bedenken tragen und Überregulieren bremst nicht nur Experimentierfreudige und Lernwillige aus. Es suggeriert auch, dass alles, was nicht verboten ist, automatisch ungefährlich sei. Leider ist diese Denkweise weitaus riskanter, als mit gesundem Menschenverstand auch mal vermeintlich brenzlige Dinge zu probieren. Die Anregungen dazu finden Sie natürlich weiterhin in der Make, Deutschlands gefährlichstem DIY-Magazin.

Unterschrift Daniel Bachfeld Daniel Bachfeld