MIT Technology Review 6/2019
S. 14
Aktuell

hat sich ein Hashtag bei Twitter 2016 durchschnittlich in den Top 50 gehalten. 2013 waren es noch 17,5 Tage, wie Bildungsforscher aus Kopenhagen und Berlin herausgefunden haben. Die zunehmende Konkurrenz der Themen und Kanäle habe das „Fassungsvermögen der kollektiven Aufmerksamkeit“ schrumpfen lassen, interpretieren sie ihren Befund.

INSEKTEN

Elektronische Musik macht Mücken träge

Der Musiker Skrillex kann offenbar Mücken vertreiben. Foto: Jeff Kravitz/FilmMagic/Getty Images

Netze, Sprays oder Duftkerzen kommen normalerweise zur Mückenabwehr zum Einsatz. Vielleicht sollte man aber lieber seine Musikanlage aufdrehen, um den Stichen der Blutsauger zu entkommen. Das schlägt jedenfalls ein Forscherteam aus Malaysia vor (doi.org/10.1016/j.actatropica.2019.03.027).

In ihrer Studie setzten sie Gelbfiebermücken, die auch das Dengue-Fieber und das Zika-Virus übertragen, elektronischer Musik aus. Im Vergleich mit der Kontrollgruppe in einer musikfreien Umgebung suchten weibliche Gelbfiebermücken ihre Stechopfer deutlich später und seltener auf. Auch war die Zahl der „Blutmahlzeiten“ geringer. Außerdem paarten sich Männchen und Weibchen seltener.

Die Forscher nutzten in der Studie den Titel „Scary Monsters And Nice Sprites“ des Dubstep-Musikers Skrillex, weil darin extrem hohe und niedrige Frequenzen vorkommen. Die Vibrationen in der Luft erschweren es den Mücken, ihre Artgenossen und Wirte wahrzunehmen, so die Erklärung der Forscher.

Sie hoffen, damit einen musikbasierten Ansatz gefunden zu haben, um die durch die Mücken übertragenen Krankheiten zu kontrollieren. JENNIFER LEPIES

ENERGIE

Strom und Essen vom gleichen Acker

Versuchsanlage am Bodensee: oben Strom, unten Sellerie. Foto: BayWa r.e.

Photovoltaik ist am günstigsten auf großen Arealen. Allerdings ist sie hierzulande nur auf Flächen erlaubt, die landwirtschaftlich nicht nutzbar sind. Wie sich Energie und Essen verbinden lassen, soll seit zwei Jahren ein Pilotprojekt am Bodensee zeigen. Auf 3000 Hektar wurden halbtransparente PV-Module mit insgesamt 194 Kilowatt in fünf Metern Höhe aufgeständert – ausreichend, damit ein Traktor darunter den Boden bestellen kann.

Nun hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme Bilanz gezogen: Die Erträge waren im Hitzesommer 2018 höher als auf einer schattenlosen und damit trockeneren Vergleichsfläche. Am meisten profitierte Sellerie (plus zwölf Prozent), gefolgt von Winterweizen und Kartoffeln (je drei Prozent). Lediglich bei Kleegras ging der Ertrag um acht Prozent zurück.

Im nassen Sommer 2017 fiel die Ernte allerdings bei allen vier Feldfrüchten deutlich geringer aus. Zudem liefern die halbtransparenten Module weniger Strom als normale Freiflächenanlagen. Trotzdem ergibt sich unter dem Strich ein deutlich höherer Nutzen pro Hektar.

Eine Alternative zur horizontalen wäre die senkrechte Bauweise. Bei Donaueschingen soll eine solche Anlage auf 14 Hektar mit zwei Megawatt Leistung entstehen. Bei einer Ost-West-Ausrichtung von beidseitigen Modulen ergibt sich eine höhere Stromernte, und die Paneele können am Boden bleiben. Der Abstand zwischen den Spalieren beträgt zehn Meter – breit genug für einen Traktor. GREGOR HONSEL

NEUROTECH

Text direkt aus dem Hirn

Aus Hirnsignalen ganze Sätze extrahieren – das ist dem Team des Neurochirurgen Edward Chang von der University of California gelungen. Er will gelähmten Menschen helfen, sich verständlich zu machen.

Probanden waren fünf Epilepsiepatienten, bei denen bereits flexible Elektroden auf der Hirnoberfläche implantiert waren. Changs Team ließ sie vorgegebene Sätze sprechen und zeichnete währenddessen die Nervensignale auf. Diese speiste es in ein Computermodell des menschlichen Sprechapparats ein, welches daraus eine synthetische Stimme erzeugte. Neutrale Versuchspersonen konnten 50 bis 70 Prozent der Wörter korrekt transkribieren.

Anders als bei bisherigen Ansätzen versuchten die Forscher gar nicht erst, abstrakte Gedanken oder konkrete Wörter zu entschlüsseln. Stattdessen lauschten sie auf die Signale der Nervenzellen, welche die Motorik des Stimmapparats kontrollieren. ANTONIO REGALADO

RAUMFAHRT

Wärme verrät Asteroiden

Der Forschungssatellit „Wise“ bekam ein zweites Leben. Foto: Neowise

Millionen Asteroiden durchziehen das Sonnensystem, bekannt sind davon nur etwa 800000. Um gefährliche Himmelskörper rechtzeitig aufzuspüren, reaktivierten Forscher vom Jet Propulsion Lab 2013 den zwei Jahre zuvor ausgemusterten Forschungssatelliten „Wise“ (Wide-Field Infrared Survey Explorer). Als „Neowise“ scannt das Infrarot-Teleskop seitdem den Himmel nach Wärmequellen ab. Die meist aus dunklem Gestein bestehenden Asteroiden reflektieren zwar kaum Sonnenlicht im sichtbaren Spektralbereich, heizen sich dafür aber auf. Diese Wärmestrahlung ist verräterisch. Ihre Ergebnisse haben die Forscher im April vorgestellt. Demnach konnte Neowise bereits rund 160000 Asteroiden aufspüren. Darunter näherten sich mehr als 1000 der Erde auf weniger als 200000 Kilometer. JAN OLiVER LÖFKEN