MIT Technology Review 7/2022
S. 66
Report
Gaming

Überraschung!

Der Zufall in Games macht die Spielerfahrung einzigartig und ist die große Stärke des Mediums. Über Tricks von Entwicklern, um uns zu überraschen. Und wieso unser Gehirn das dankbar aufnimmt.

Matthias Kreienbrink

Zufall kann ein roter Schildkrötenpanzer sein. Kurz vor der Ziellinie abgeschossen trifft er den Spieler auf dem ersten Platz, der damit seine Siegerposition verliert. Flüche und Freudenschreie fliegen durch die Luft. Ein unvergesslicher Moment entsteht, das Gefühl, unerhörtes Glück gehabt zu haben – oder unfassbares Pech. Der rote Schildkrötenpanzer ist eines der begehrtesten Items in Mario Kart – der populärste Fun-Racer in der Games-Welt. Es ist ein Geschoss, das ferngesteuert einen gegnerischen Mitspieler trifft. Doch wer dieses Item wann bekommt, ist Zufall. Oder?

Der Zufall macht den Erfolg von Videospielen aus. In modernen Games sind etliche Systeme verbaut, die genau das herstellen sollen: Den Spielern den Eindruck vermitteln, sie hätten etwas Einmaliges, rein Zufälliges erlebt. Das, was wir in der Realität als Kontrollverlust erleben mögen, wird in den virtuellen Welten eines Videospiels zur reinen Freude. Denn die Kontrolle liegt stets in den Händen der Spielerinnen und Spieler – anders als im „realen“ Leben, in dem das Gehirn entsprechend reagiert, wenn Gefahr und Kontrollverlust lauern.