MIT Technology Review 7/2022
S. 87
Report
Déjà-vu

Brücke in den Abgrund

An dieser Stelle blicken wir auf frühere Artikel der MIT Technology Review zurück, die heute wieder aktuell sind. Diesmal geht es um billiges Öl und Gas – und die Energiewende.

Wolfgang Stieler

„Statt reihenweise Windräder wachsen derzeit Tausende von Bohrtürmen aus dem Boden – vor allem in den USA. Angezapft werden gigantische Vorkommen an Öl und Gas, die lange Zeit wegen zu hoher Kosten und unzureichender Technologie brachlagen. Förderraten steigen, Preise fallen“, schrieb TR im November 2012. „Den Erneuerbaren droht im Energiewettlauf schon kurz nach einem vielversprechenden Start die Puste auszugehen.“ Letztlich befürchteten wir damals, dass die Debatte um den Preis der Energiewende den notwendigen Umbau der Energieversorgung ausbremsen, wenn nicht gar abwürgen würde.

Wir sollten recht behalten – zumindest teilweise. Die Ausbeutung unkonventioneller Gas- und Ölvorkommen sorgte Anfang der 2010er-Jahre tatsächlich für eine Renaissance fossiler Brennstoffe. Infolge des Booms rauschte der Ölpreis bis 2016 in den Keller. Aber selbst wenn die „förderbaren Vorkommen rund um den Globus so groß sein sollten, wie vermutet, wird Öl nicht mehr so billig wie in den 80er-Jahren“, schrieb TR damals. Der Grund: Wegen der aufwendigeren Förderung wäre ein „stabiles Preisniveau zwischen 90 und 120 Dollar“ pro Fass sehr wahrscheinlich. Tatsächlich stieg der Ölpreis 2017 wieder und sank nur infolge der Pandemieflaute kurzzeitig ab.