Von der Lobby in die Exekutive

Die EU-Kommission stellt eine Direktorin des internationalen Musikindustrieverbandes ein und überträgt ihr die Zuständigkeit für Jmmaterialgüterrechtsfragen

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Wie der Piratenpartei-Europaabgeordnete Christian Engström bekannt machte, will die EU-Kommission Dr. Tilman Lüder, den Referatsleiter der Urheberrechtsabteilung in der Generaldirektion Binnenmarkt, durch eine Frau namens Maria Martin-Prat ersetzen. Sie wird in Zukunft unter anderem das umstrittene ACTA-Abkommen und die IPRED2-Richtlinie betreuen, die die Durchsetzung von Monopolrechten verbessern und Strafen verschärfen soll.

Bei der EU-Kommission selbst wollte man keine Stellungnahme zu dieser "Personalie" abgeben. Weil Martin-Prat vorher als Direktorin beim internationalen Musikindustrieverband IFPI arbeitete, erwartet aber nicht nur Engström, dass sich die nicht demokratisch gewählte und nur sehr bedingt parlamentarisch kontrollierte Brüsseler Exekutive in Zukunft noch stärker als bisher an Partikularinteressen orientiert.

Allerdings ist die EU nicht der einzige Raum, in dem eine "Drehtür" zwischen der Wirtschaft auf der einen und den Rechtssetzungs- und Ausführungsorganen auf der anderen Seite die in der Theorie geforderte Neutralität mit einem großen Fragezeichen versieht: In den USA erregte unlängst die Bundesrichterin Beryl Howell Aufmerksamkeit, als sie von anderen Richtern als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesene Massenklagen gegen tausende von P2P-Nutzern annahm. Howell war vorher Lobbyistin für den amerikanischen Musikindustrieverband RIAA.