Das neue iPad mit Retina-Display und stärkerem Akku im Test

Seit 16. März ist das neue Apple-Tablet mit Retina-Display, verbesserter Kamera und Grafik, schneller Datenverbindung und mehr Speicher im Handel. Mac & i bringt einen ersten Testbericht.

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Das neue iPad ist bereits ein Hit. Seit der Pressekonferenz vor einer Woche (vgl. Mac & i Liveticker) hat Apple alle für Vorbestellungen reservierten Geräte ausverkauft.

Von seinem Vorgänger ist es auf Anhieb nicht zu unterscheiden, die Längen- und Breitenmaße sind exakt identisch (242 mm x 186 mm). Erst wenn man es neben das iPad 2 legt, sieht man, dass das neue einen Hauch dicker ausfällt – laut Schieblehre sind es genau 0,6 Millimeter – und minimal anders geformte Ecken hat. Auch das um einen 1 Millimeter größere neue Kameraobjektiv identifiziert das ungeübte Auge nur im direkten Vergleich. Unser fürs iPad 2 angeschafftes Smart Cover passte weiterhin. Da es das neue iPad beim Aufklappen ebenso aufweckte, kann man annehmen, dass die Magnete und Sensoren an den gleichen Stellen sitzen.

Das neue iPad (oben) ist vom iPad 2 auf Anhieb nicht zu unterscheiden. Im direkten Vergleich sieht man, dass das Kameraobjektiv etwas größer ist.

Die Unterschiede fallen schon eher auf, wenn man das iPad 2 und seinen Nachfolger in die Hände nimmt: Das neue ist 60 Gramm schwerer (662 gegenüber 602 Gramm, gewogen haben wir jeweils die Mobilfunkversion). Es liegt also gewichtsmäßig zwischen dem Vorgänger und dem iPad 1, das 702 Gramm auf die Waage bringt und nach langem Halten in der Hand schon mal den Unterarmmuskel ermüdet.

Und dann ist da noch eine Verschlechterung gegenüber dem iPad 2 festzustellen: Das neue wird spürbar wärmer, bei vergleichbarer Belastung um bis zu 5 Grad. Maximal haben wir 36,4 Grad gemessen, das ist noch gut erträglich. Das mag anders aussehen, wenn man im Sommer auf dem Schoß ein anspruchsvolles 3D-Spiel zockt, das die Hardware richtig beansprucht.

Schaltet man das neue iPad ein, wird der wichtigste Vorteil gegenüber seinem Vorgänger sofort deutlich: Das Retina-Display stellt auf derselben Fläche 2048 × 1536 Bildpunkte dar, also vier Mal so viel wie das iPad 2 (1024 × 768 Pixel). Die Pixeldichte hat sich mit 264 dpi gegenüber dem iPad 2 verdoppelt. Resultat: Man sieht keine Pixel mehr, Schrift erscheint gestochen scharf und wie gedruckt.

Texte und Vektorgrafiken skaliert iOS automatisch hoch, auch in den allermeisten Apps, ohne dass diese angepasst werden müssten. Es wird sicherlich Ausnahmen von dieser Regel geben. Amazons Kindle-App beispielsweise scheint Schriften anders zu rendern: vergrößert man Buchtexte, werden sie pixelig und unscharf, so wie sonst nur Icons und Grafiken.

Die ersten Updates sind erhältlich; viele Entwickler dürften noch dabei sein, ihre Apps zu optimieren. Apple hat versprochen, sie und insbesondere auch Spiele, die von der hohen Auflösung profitieren, im Review-Prozess des App Store bevorzugt durchzuwinken. Ihre eigenen Apps Pages, Numbers und Keynote haben die Apple-Entwickler bereits angepasst, sodass deren Icons und Programmgrafiken auch auf dem neuen iPad ansehnlich und scharf erscheinen. Ansonsten konnten wir auf Anhieb keinen Unterschied gegenüber dem Betrieb auf dem iPad 2 feststellen.

Auf dem Homescreen muss man schon genau hingucken, um die Unterschiede zwischen Retina-Display (links) und dem des iPad 2 zu erkennen.

Bei Text (hier ein Screenshot aus der c't-App) wird der Unterschied deutlich: Schrift erscheint auf dem neuen iPad (links) gestochen scharf, auf dem Vorgänger verwaschen.


Bei der Foto-Anzeige in der neuen iPhoto-App macht das Retina-Display besonderen Spaß: Bilder zeigen plötzlich viel mehr Details.

Übrigens stellt das iPad 3 auch Apps, die für das Retina-Display des iPhone 4(S) optimiert wurden, schärfer und ansprechender dar als sein Vorgänger – iOS zieht nun also endlich die optimierten Grafiken heran. Das wirkt sich positiv auf beide Darstellungsvarianten aus, auf die Originalgröße und den "2x"-Modus.

Während man in Texten subjektiv gleich flüssig scrollt wie auf dem iPad 2, reagierte Google Maps auf dem neuen etwas langsamer und ruckelte öfter, weil ja mehr Kartendaten für die hohe Auflösung nachgeladen werden müssen.

Manche Apps tun sich mit der hohen Auflösung unnötig schwer: Real Racing HD 2 etwa ruckelte mit etwa einem Bild pro Sekunde unspielbar vor sich hin, National Geographic stürzte reproduzierbar ab. [Update: Für Real Racing 2 HD ist später eine neue Version erschienen, die das Problem behebt.]

Grundsätzlich haben Apps, die auf dem höheren Display mehr Informationen zur Darstellung laden und berechnen müssen, performance-mäßig zu kämpfen: Die Mac & i-App beispielsweise stellt Artikel-PDFs langsamer dar als auf dem iPad 2, auch Webseiten in Safari werden bisweilen zäher gerendert. Das fällt wiederum nur beim direkten Vergleich auf.

Ansonsten bemerkt man keinen Geschwindigkeitsunterschied gegenüber dem Vorgänger. Kein Wunder: Die CPU ist praktisch unverändert. Nach wie vor setzt Apple den zweikernigen ARM-Prozessor Cortex-A9 mit 1 GHz Taktfrequenz ein. Die Benchmark-App Geekbench ermittelte denn auch ähnliche Werte.

Das neue iPad stellt erstmals auch fürs Retina-Display des iPhone 4 optimierte Apps in besserer Qualität dar (links), auch im "2x"-Modus.

Dass Apple bei der Bezeichnung des System-on-a-Chip (SoC), dem A5, noch ein X hintendran hängt, dürfte vor allem auf die deutlich verbesserte GPU zurückzuführen sein, die in Sachen mobiler Grafikqualität neue Maßstäbe definiert. Der integrierte PowerVR SGX 543MP4 von Imagination Technologies besteht aus vier SGX-543-Kernen mit jeweils vier Shader- und zwei Textureinheiten, während im iPad 2 eine Version mit nur zwei Kernen sitzt. Resultat: Die mit Hilfe von GLBenchmark gemessene Texturfüllrate verdoppelt sich auf 1983 Millionen Texel pro Sekunde. Das ist fünf mal so viel wie beispielsweise beim Eee Pad Transformer Prime von Asus, das auf den Tegra-3-Grafikchip setzt. Die Framerate im Spielebenchmark Egypt verbesserte sich von 89 Bildern pro Sekunde (iPad 2) auf 141 (Eee Pad Transformer Prime: 57 fps).

Ebenfalls verbessert wurde im Vergleich zum iPad 2 die RAM-Ausstattung, und zwar von 512 MByte auf 1 GByte (das iPad 1 besaß nur 256 MByte). Diese Änderung wirkt sich anders als der neue Grafikchip auch beim täglichen Umgang mit iOS, bei allen Apps positiv aus: Das neue iPad muss etwa anders als sein Vorgänger in Safari-Reitern dargestellte Webseiten nicht ständig neu laden, wenn man zwischendurch eine andere App aus dem Speicher in den Vordergrund holt.

Übrigens wacht das neue iPad einen Tick später aus dem Ruhezustand auf und braucht 15 Sekunden länger zum Einschalten als der Vorgänger.

Im Inneren verbirgt sich noch ein wesentlicher Unterschied: Der Lithium-Polymer-Akku hat mit 42,5 Wattstunden nun deutlich mehr Power als beim iPad 2 (25 Wh), was vor allem dem Display und der GPU geschuldet ist. Die Kapazität übertrifft sogar noch die des MacBook Air mit 11 Zoll Display-Diagonale, in dem ein 35-Wattstunden-Akku sitzt.

Apple kündigte auf der Pressekonferenz "die selben 10 Stunden" Laufzeit an und räumte nur ein, dass sie sich bei LTE-Nutzung auf 9 Stunden verkürzt. Nun konnten wir noch keine ausgiebigen Laufzeitmessungen machen, aber zumindest beim Videogucken hielt das neue iPad im Test nur 8,5 Stunden durch, der Vorgänger schaffte beim gleichen Film 11,7 Stunden (gemessen bei 200 cd/m2, WLAN und UMTS waren jeweils deaktiviert).

Dass Apple kein stärkeres Netzteil mitliefert, sondern das gleiche wie bisher, finden wir beinahe noch schlimmer: Das Aufladen dauerte mit 7,1 Stunden deutlich länger als beim iPad 2 (4,7 Stunden). Man muss das Neue also schon über Nacht an die Steckdose hängen. Benutzt man es während des Aufladens, schaut etwa einen Film, spielt oder surft, wird es nur mit etwa 5 Prozent pro Stunde aufgeladen: Die vollständige Ladung dauert dann 18 Stunden.

Bei 130-facher Vergrößerung unterm Mikroskop zeigt sich, dass beim neuen iPad (links) sehr viel mehr Pixel auf dieselbe Fläche passen als beim iPad 2.

Zum ersten Mal unterstützt ein iOS-Gerät den UMTS-Nachfolger LTE (Long Term Evolution, 4G), wovon deutsche Besitzer allerdings nichts haben: Das iPad funkt auf den Frequenzen 700 und 2100 MHz, hierzulande sind aber 800, 1800 und 2600 MHz für LTE reserviert.

Immerhin unterstützt das Neue auch in Deutschland Download-Geschwindigkeiten von bis zu 21 MBit/s (HSPA+) oder 42 MBit/s (DC-HSDPA) – wenn es das UMTS-Netz und der gebuchte Mobilfunkvertrag zulassen. (Passende Provider-Angebote hat Mac & i kürzlich zusammengestellt.) In Hannover konnten wir im Vodafone-Netz maximal 28 MBit/s im Downstream messen, während es das iPad 2 an derselben Stelle auf nicht mehr als 6 MBit/s brachte – es kann technisch maximal 7,2 MBit/s. Die effektiv erreichbaren Raten hängen jeweils stark von der Umgebung, der Versorgung mit schnellen UMTS-Zellen und der Anzahl der eingebuchten Geräte ab.

Den Personal Hotspot zum Durchreichen der Mobilfunkanbindung an andere Geräte per WLAN, USB oder Bluetooth hat Apple zwar für das iPad angekündigt, gefunden haben wir diese bislang aber nicht. Vermutlich wird sie mit einem Update nachgereicht. Netzbetreiber müssen die Funktion außerdem unterstützen.

Bei der Facetime-Kamera an der Front konnten wir keinen Unterschied gegenüber dem iPad 2 feststellen – sie ist nach wie vor nur für Videotelefonie geeignet. Die Rückkamera wurde aber deutlich aufgewertet. Sie knipst nicht mehr mit 0,7 sondern mit 5 Megapixeln, das entspricht 2592 × 1936 Bildpunkten. Die Fotos geraten deutlich schärfer und zum ersten Mal so, dass man sie wenigstens für Blog- oder Facebook-Uploads gebrauchen kann. Mit der Qualität der 8-MPixel-Kamera im iPhone 4S kann sie weiterhin nicht mithalten, aber ernsthaft fotografieren wird mit dem unhandlichen Tablet ohnehin niemand wollen. Videos zeichnet die iPad-Kamera in Full HD (1080p) auf. Man kann ziemlich nah an Gegenstände herantreten, Farben kommen gut zur Geltung. Die sonstigen Sensoren (GPS, Annäherungssensor etc.) sind anscheinend unverändert.

Die Kamera im neuen iPad (links) schießt deutlich bessere Fotos als die des iPad 2 (rechts)

Das Airplay Mirroring zum neuen Apple TV 3 findet nach wie vor nur in 720p-Qualität statt. Streamt man hingegen Video per Airplay, landet es in Full-HD auf dem Fernseher oder Beamer, auch via HDMI-Adapter. Auf dem eigenen Display kann das neue iPad Filme ebenfalls in Full HD (1080p) abspielen, etwa aus dem iTunes Store.

Siri, deren Systemintegration mit anderen iOS-Apps und die beliebten Frage-Antwort-Spiele – "Wie wird das Wetter in Berlin?" – bleiben weiterhin dem iPhone 4S vorbehalten, obwohl der Audience-Chip zur Sprachverarbeitung (siehe Mac & i Heft 4) anscheinend mit im A5X-Chip sitzt. Neu auf dem iPad ist aber eine Diktierfunktion, welche die gleiche Engine verwendet, mit den bekannten Stärken und Schwächen. Als Kaufanreiz allein taugt sie sicherlich nicht.

Die kürzere Laufzeit des Akkus und die längere Ladezeit am Netzteil gegenüber dem iPad 2 mögen so manchen stören. Andererseits kann das neue iPad mit einer bestechenden Display-Qualität und einer deutlich verbesserten Grafikeinheit überzeugen, wenngleich von letzterer hauptsächlich 3D-Spiele profitieren. Auch wenn LTE hierzulande nicht unterstützt wird, kann man mit dem neuen iPad unterwegs deutlich schneller surfen, einen geeigneten Mobilfunkvertrag vorausgesetzt. Das vergrößerte RAM macht den täglichen Umgang mit dem iPad etwa beim Surfen deutlich angenehmer.

Bei den Preisen behält Apple das iPad-2-Niveau. Das günstigte Modell mit 16 GByte Speicherplatz und Wi-Fi kostet 479 Euro, mit UMTS/HSPA 599 Euro. Für die Verdoppelung des Speicherplatzes auf 32 und dann 64 Gigabyte werden dann jeweils 100 Euro fällig, sodass das Spitzenmodell mit 64 GByte und UMTS/HSPA dann 799 Euro kostet. Gleichzeitig behält Apple das alte iPad 2 mit 16 GByte für 399 Euro (WLAN) und 519 Euro (WLAN und UMTS) im Programm.

Einen ausführlichen Testbericht samt einem Vergleich mit neuen Android-Tablets bringt c't 8/12, ab 26. März im Handel. (se)