Test: Toyota Supra GR 3.0

Toyotas neuer Supra spaltet die Gemüter, weil er mit BMW entwickelt wurde. Das jedoch nur in Forendiskussionen. Fahrerisch ist das Supra-Konzept selbsterklärend

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Test Toyota Supra GR 3.0

(Bild: Gleich)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

"Ohne Kooperation kein neuer Toyota Supra" – auf diesen Punkt brachte es Paul Kubitza vom Verein "German Supra MK4 Group" im Gespräch. Lassen Sie mich das also ganz zu Anfang schon abhaken. Es gab sehr viel Gejammer im Vorfeld darüber, dass sich Toyota wie beim GT 86 einen Partner gesucht hat, statt alles selber zu machen wie damals zum Flügelflaggschiff des Supra Mk. 4. Das sollte ernsthafte Interessenten nicht weiter stören. Sie machen eine Probefahrt, die alle Fragen rund um "warum gibt es dieses Auto?" restlos beantwortet. Wer stets reflexartig "abba das ist ein BMW" vorgeladen auf Strg-v bereithält, der (sind wir einmal ehrlich) kauft doch sowieso nicht. Dieser Test richtet sich an die aufgeschlossene Mitte, die sich noch fragt, ob sich eine Probefahrt lohnen könnte. tl; dr: ja.

Die Fan-Probleme des Supra kommen vielleicht daher, dass viele Fans über Videospiele der Neunzigerjahre auf den Supra kamen, die den Mk. 4 portraitierten. Mit diesem Projekt wollte Toyota den europäischen Sportwagenherstellern einmal zeigen, was Japan so kann. Das Auto wurde technisch sehr gut, doch ökonomisch ein großer Flop, auf dem internationalen und auch im Heimatmarkt. Ein sehr teurer Sportwagen, geboren in eine Krise. Der Mk. 3 vor ihm war ganz anders. Der Mk. 2 lief noch unter "Celica Supra", denn der Supra war ursprünglich das Topmodell der Celica-Baureihe.

Der Mk. 5 heute ist wieder anders. Eigentlich gibt es innerhalb der Supra-Reihe weniger Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Gleich blieben vier Räder und sechs Zylinder in Reihe. Sonst war jeder Supra ein Kind seiner Zeit. Doch sollte es da Zweifel geben: Der aktuelle Supra ist ein schnelles Auto. Er fährt dem Mk. 4 davon, allein durch den technischen Fortschritt bedingt, gepaart mit einem besseren Leistungsgewicht.

Toyota Supra GR 3.0 Standards (7 Bilder)

Tales from the Fast Loop: Lange warteten die Fans auf einen neuen Supra. Dann meckerten sie.
(Bild: Clemens Gleich)

Wenn ich den aktuellen Supra in einem Satz einordnen soll: Das ist ein Auto für Menschen, denen Fahrgefühl über Rundenzeit geht. Denn auf diesen vor allem für Toyota erstaunlichen Nenner hat Projektleiter Tetsuya Tada (bekannt aus Funk, Fernsehen und GT 86) das Auto optimiert.

Das Erste, das dir am Supra auffällt, ist der herrlich lineare Durchzug des Turbo-Reihensechszylinders. Das Zweite, was dir gleich in der ersten zügigen Kurve auffällt: Der Supra fährt sehr nervös. Nun hat Toyota sehr viel Erfahrung in der Fahrwerksabstimmung. Selbst Gurken wie der C-HR (Test) liegen bemerkenswert gut auf der Straße. Den GT 86 hat Toyota absichtlich etwas weicher abgestimmt als Subaru ihren BR-Z. Den Supra will Toyota also so nervös. Der Grund dafür dürfte eindeutig sein: Es macht irgendwie Laune.

Der Supra versetzt seitlich, als führe man einen Rennwagen die bollerige Nordschleife entlang, während man minimal zügig zum Einkaufen fährt. Das ganze Feeling ist da. Es ist eine in Sachen Radführung suboptimale Einstellung. In Sachen Spaß liegt sie weit vorn. Das Heck schwänzelt früh, gerne und stark. Mit dem Reihensechser vorn liegen vollgetankt über 51 Prozent des Gewichts auf der Vorderachse (Werksangabe: 50 Prozent). Das sind Werte, die im Motorradbereich üblich sind.

Beim Bremsen und Beschleunigen zeigt der Supra starke Achslastverschiebungen, die sich mit entsprechenden Fahrwerksreaktionen melden. Der Sportmodus mit harten Lastwechseln aus dem Automatikgetriebe verstärkt das. Ein ESP-Eingriff-System auf der Vorderachse verstärkt das Einlenken, genauso wie das Torque Vectoring auf der Hinterachse, das auch im Schiebebetrieb arbeitet.

Wer altmodische fahrerische Dinge sucht, die er außer Linie und Bremspunkt finden unterwegs erledigen will, findet kaum ein aktuelles Auto, das ihm mehr davon bietet. Wenn du nicht auf Zug mit Last auf der angetriebenen Hinterachse auf einer schönen Linie aus dem Eck ziehst: Der Supra wird dir genau mitteilen, warum das gut wäre. Mit Toyotas Auslegung fährt der Supra ganz anders als ein Z4, obwohl BMW das Chassis konstruiert hat. Ein bisschen Abstimmung macht viel aus. Der Mk. 5 unterscheidet sich hier stark vom Mk. 4, bei dessen Entwicklung Fahrstabilität hoch oben im Pflichtenheft stand, direkt beim Zielkonflikt-Parameter "wendiges Handling".

Nun macht dieses Setup unbestritten viel Spaß. Es macht dich jedoch nicht schneller, eher im Gegenteil. Die Nervosität macht zudem auf der Autobahn Probleme. Meine Teststrecke ist die A81: offen und immer noch auf langen Abschnitten unrenoviert buckelig. Dort springt das Auto schon bei etwa 200 km/h herum, dass nicht nur ich das als deutlich geringere Sicherheit bezeichnen würde. Bei 250 km/h (Tacho 263) macht der Computer Schluss, obwohl sowohl Motor als auch Endübersetzung noch viel weiter möchten. Das ist allerdings ganz gut so, denn 280 würde ich mit diesem Setup auf der A81 ungern fahren oder empfehlen. Auch für die notorisch unebene Nordschleife funktioniert das Setup gut für Spaß, weniger gut für Rundenzeiten und Sicherheitsreserven. Im Werks-Setup würde ich eher die ebenere GP-Strecke empfehlen (die ist sowieso immer leerer).

Youtuber und Ringfahrer Misha Charoudin hat seinen Ringtaxi-Supra bei Raeder Motorsport vermessen lassen. Bemerkenswert die Ergebnisse bei der Spur. Sie ist ab Werk hinten komplett neutral (vorn 1 mm Vorspur). Dazu kommt hinten häufig ein ungleichmäßiger Radsturz, über den einige Käufer berichten. Der Grund ist unbekannt, Misha vermutet irgendwas aus dem Transport.

Ohne etwas an den Dämpfern zu ändern, wirkt eine stabilere Einstellung hier Wunder. Raeder stellte Misha hinten auf jeder Seite 1,5 mm Vorspur ein, um die Stabilität zu erhöhen, zusätzlich zu 1,9° Grad Radsturz symmetrisch beidseitig. Das Auto verliert dabei natürlich etwas seiner werksgegebenen Nervosität, wer jedoch schnell fahren (oder gar den Autobahn-Limiter entfernen) möchte, sollte sich die Einstellung überlegen. Spur und Sturz einstellen ist nicht teuer. Selbst bei Raeder direkt am Ring sollte es bei unter 300 Euro bleiben. Wer das Potenzial des Chassis' am Ring nutzen will, wird sich jedoch eher früher als später zusätzlich nach anderen Stoßdämpfern umsehen.

Obwohl der Innenraum aus dem BMW-Teileregal stammt, hat Toyota ihn etwas anders aufgezogen als BMW beim Z4. Ganz ehrlich: Das schnelle iDrive-Infotainment und das gute HUD tun dem Auto gut, auch wenn dort nicht die neueste Version aus München (OS7) verbaut wird. Die Sitze sind bequem und schön tief (etwa 30 cm über dem Boden), sie sollten Normalgewichtigen aber mehr Seitenhalt bieten. Durch das niedrige Sitzen werden auch die Seitenpolster stark abgerieben (siehe Foto), weil man beim Aussteigen mit der Hüfte darüber rollt (gilt besonders für die eher unsportliche Mehrheit von uns). Für den Preis von über 65.000 Euro des Testwagens werden Detailverliebte wohl stellenweise enttäuscht sein vom Interieur. Einen Fahrer-Pilotensitz wie im Supra Mk. 4 und dessen japanische Verarbeitung hätte nicht nur ich sehr cool gefunden.

Toyota Supra GR 3.0 Details (23 Bilder)

Kieme hinter dem vorderen Radkasten in Kontrast-schwarz.
(Bild: Clemens Gleich)

Interieur-Diskussionen sind aber Dinge für Leute, die sowieso besser beim Z4 aufgehoben wären, die lieber cruisen als rasen wollen. Wenn das aktive Differenzial hinten mit seinen zwei Lamellenkupplungen das Drehmoment fein lenkend auf die Hinterräder verteilt, der Turbomotor vorne singt, dann ist die Welt für Fahrfreudemenschen in Ordnung. Trotz (oder wegen) der Fahrwerksnervosität ertappte ich mich dabei, Ausreden zu suchen, wieso ich jetzt irgendwohin fahren muss – natürlich im Supra. Es ist nicht das erlesene Schnittchenbuffet eines Mittelmotor-Porsche. Aber so eine herzhafte Schlachtplatte hat einfach etwas für sich.

Der Supra ist ein sehr gutes Auto geworden. Das wundert niemanden. Er wurde jedoch obendrein ein sehr eigenständiges Auto. Das war weniger selbstverständlich. Es passt in CEO Akio Toyodas Linie, dass es bei Autos selbst in Massen eben doch auch darum geht, wie schön das fährt und nicht nur, wie lange oder billig das fährt. Dem Vernehmen nach fährt Toyoda gern schnell und kann das gut. Ohne seinen Richtungswechsel gäbe es das heutige Commitment zum guten Fahrwerk wohl nicht.

Der Supra ist ein tolles Flaggschiff dieser Philosophie, das zusammen mit der Vierzylinder-Variante zudem Geld einbringt. Die Schwächen des Autos liegen in einer geringen Tankreichweite (bei 250 km leuchtete die Reservelampe auf) und im etwas nervösen Fahrwerk. Die Stärken liegen in einem Konzept, das den Fahrspaß ganz nach oben hängt – pfeif' auf die Rundenzeiten. Hoffentlich bleibt Akio Toyoda noch lange am Ruder des Supertankers Toyota.

Datenblatt
Hersteller Toyota
Modell Supra GR 3.0
Motor und Antrieb
Motorart Benziner
Zylinder 6
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 2998
Bohrung x Hub 82 x 94,6
Leistung in kW (PS) 250 (340)
bei U/min 5000
Drehmoment in Nm 500
bei U/min 1600
Antrieb Hinterradantrieb
Getriebe Wandler-Automatik
Gänge 8
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1594
Spurweite hinten in mm 1589
Radaufhängung vorn Doppelquerlenker
Radaufhängung hinten Mehrlenkerachse
Lenkung Zahnstangenlenkung mit elektrischer Unterstützung
Wendekreis 11
Reifengröße vorn 255/35 ZR19
Reifengröße hinten 275/35 ZR19
Maße und Gewichte
Länge in mm 4379
Breite in mm 1854
Höhe in mm 1292
Radstand in mm 2470
Kofferraumvolumen in Litern 290
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1570
Zuladung in kg 245
Tankinhalt in Litern 52
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 4,3
Höchstgeschwindigkeit in km/h 250
Testverbrauch Autobahn 20,6
Testverbrauch Landstraße 15,6
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 9,1
CO2-Emission WLTP in g/km 170
Abgasnorm Euro 6d-Temp
Daten Stand Mai 2020
Preisliste
Modell Toyota Supra GR 3.0
Preis für diese Ausstattungslinie ab 62.900
Infotainment
DAB+ Serie
USB-Anschluss Serie
Soundsystem 2000 (Premium-Paket)
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit Serie
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display 2000 (Premium-Paket)
Assistenz
Abstandstempomat Serie
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Rückfahrkamera Serie
Matrix-Licht Serie
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
Alarmanlage Serie
schlüsselloser Zugang Serie
Komfort
Sitzheizung Serie
Ledersitze 2000 (Premium-Paket)
Klimaautomatik Serie
Automatikgetriebe -
Schiebedach -
Sonstiges
Metalliclack 790
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand Mai 2020

(cgl)