Warum gibt es keine deutschen Unternehmen, die nur E-Autos herstellen?

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Die Elektroauto-Verkäufe gehen weltweit steil nach oben. Auch in Deutschland. Aber Tesla und chinesische Hersteller hängen VW und Co. ab. Warum das so ist und wir aufs Elektropedal treten müssen.

Erinnern Sie sich an den Film "Who Killed the Electric Car" von 2006? In dem Dokumentarfilm von Chris Paine wird gezeigt, wie der Markt für E-Autos in seinen Anfängen systematisch abgewürgt wurde.

Der Konzern General Motors ließ in den USA sogar seinen eigenen EV1 – ein in Serie gebautes reines E-Auto, das sehr beliebt bei seinen Kunden war, über eine Reichweite von 225 Kilometern verfügte und von den Nutzern geleast wurde – schon kurz nach dem Start Mitte der 1990er-Jahre von Trucks wieder einsammeln und verschrotten.

Das ist heute Gott sei Dank nicht mehr so. Die Lobbymacht der fossilen Brennstoffindustrie wird im Automarkt zunehmend zurückgedrängt.

Heute gehen die Zahlen im E-Automarkt nach oben und die der Verbrenner nach unten. Die Internationale Energieagentur IEA konnte erneut einen Rekord für letztes Jahr verzeichnen. Zugleich sind die Verkäufe von Pkw mit Verbrennungsmotor im letzten Jahr um sieben Prozent gesunken.

Inklusive der Plug-Ins (die 30 Prozent der E-Flotte ausmachen) war jedes fünfte verkaufte Auto bereits mit elektrischem Motor versehen. Insgesamt waren es global zehn Millionen Elektrofahrzeuge für 2022. Dieses Jahr soll es nochmals einen kräftigen Sprung um 35 Prozent nach oben geben, auf 14 Millionen Autos.

Elektrofahrzeuge sind eine der treibenden Kräfte in der neuen globalen Energiewirtschaft, die sich rasch herausbildet – und sie bewirken einen historischen Wandel in der Automobilindustrie weltweit

sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. Das hat auch Effekte auf die Ölnachfrage. Bis 2030 werden E-Autos den Bedarf von mindestens fünf Millionen Barrel Öl (fast 800 Millionen Liter) pro Tag vermeiden.

Die größten E-Automärkte sind China, Europa und die USA. Sie machten 2022 60 Prozent aller Verkäufe aus. In Europa stieg der Absatz zum Vorjahr um 15 Prozent, in den USA deutlicher um 55 Prozent. Mehr als die Hälfte aller E-Autos fahren heute in China.

In Europa ist Deutschland mit 830.000 Verkäufen im letzten Jahr der größte Markt für E-Fahrzeuge. Der Anteil der Elektroautos an den gesamten Autoverkäufen hat sich hierzulande seit der Zeit vor der Covid-19-Pandemie sogar verzehnfacht, was auch durch Kaufanreize wie den Umweltbonus und eine Vorverlagerung von Käufen erklärt werden kann, die in der Erwartung reduzierter Subventionen ab 2023 getätigt wurden.

Trotzdem liegt der Anteil elektrischer Varianten am Gesamtverkauf in Deutschland mit 31 Prozent weiter zum Teil deutlich hinter Norwegen (88 Prozent), Schweden (54 Prozent) oder den Niederlanden (35 Prozent).

Die Wachstumsraten bei E-Autos sind an sich erfreulich, da Treibhausgase derart gemindert werden, vor allem, je stärker der Anteil von Sonnen- und Windenergie am Strommix steigt.

Die Legende – lange propagiert von fossilen Lobbys und von manchen Umweltschützer:innen übernommen –, dass E-Autos keinen Minderungseffekt auf die klimaschädlichen Gase haben, sondern sogar einschließlich der Herstellung mehr Treibhausgase als konventionelle Pkw produzieren, ist niemals korrekt gewesen und längst durch Studien widerlegt.

Aber es stimmt natürlich, dass die Verkehrswende den öffentlichen, schienengebundenen Verkehr kräftig fördern sollte. Er ist aus Klimasicht die schonendste und effizienteste Mobilität.

Trotz der positiven Trends in Sachen Elektromobilität sollte jedoch nicht vergessen werden, dass das Tempo aus Klimasicht weiter nicht ausreicht und für die Transformation im Straßenverkehr mehr getan werden muss. Denn es müssen ja insgesamt weltweit die heute existierenden 1,2 Milliarden Pkw in kurzer Zeit ersetzt werden, unter der Voraussetzung, dass die Zahl nicht insgesamt verringert wird.

Der rasante Austausch ist notwendig, um die Treibhausgase im Angesicht des schnell schwindenden Klimabudgets für die Einhaltung der Temperaturobergrenze von maximal zwei Grad Celsius auch im Verkehrssektor schnell auf null zu bringen. Da die Autokonzerne in den letzten Jahrzehnten die Transformation blockiert haben und das Elektroauto zwischenzeitlich erfolgreich beerdigten, muss nun buchstäblich aufs Elektropedal getreten werden.

So prognostiziert Dataforce nach Berechnungen, die sich auf die jeweiligen Ziele der Hersteller beziehen, dass die E-Auto-Verkaufsanteile für Europa bis 2035 kontinuierlich anwachsen werden, auf dann 80 Prozent. Da Autos jedoch eine typische Lebensdauer von rund 18 Jahren haben, werden, selbst wenn diese Ziele realisiert werden sollten (was nicht sicher ist), auch nach 2035 noch viele Verbrennerautos in Europa fahren und CO2 emittieren, bis Mitte des Jahrhunderts.

Nach diversen Berechnungen, auch des Sachverständigenrats für Umweltfragen in Deutschland, müssten die Industriestaaten aber deutlich früher, zwischen 2030 und 2035 dekarbonisieren, also ab dann keinerlei Treibhausgase mehr ausstoßen.