Google demonstriert seine Macht gegenĂĽber Zeitungsverlagen in der EU

Google entfernt testweise Nachrichten europäischer Verlage aus den Suchergebnissen. Der Test soll zeigen, wie viel Traffic ihnen ohne Google entgehen würde.

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Google-Bürogebäude mit Glasfront

(Bild: achinthamb/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Der US-amerikanische Suchmaschinenkonzern Google demonstriert gegenüber Verlegern, Regulierungsbehörden und der Nachrichtenleserschaft Stärke, indem er alle Nachrichtenartikel von in der Europäischen Union (EU) ansässigen Verlagen aus seinen Suchergebnissen entfernt. Das kündigte das Unternehmen in einem Blogeintrag an. Google selbst spricht von einem "kleinen, zeitlich begrenzten Test". Dieser solle die Auswirkungen auf den Datenverkehr und die Suchergebnisse zeigen.

Allerdings wird Google nur für ein Prozent der Nutzer in Belgien, Kroatien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Polen und Spanien die betreffenden Nachrichtenartikel aus den Suchergebnissen entfernen. Regulierungsbehörden und Verleger in der EU hätten "um zusätzliche Daten über die Auswirkungen von Nachrichteninhalten in der Suche auf die Nutzung unserer Produkte durch die Nutzer gebeten", begründet Google den Schritt. Der Suchmaschinenriese erklärte, dass er weiterhin Ergebnisse von Websites und Nachrichtenanbietern mit Sitz außerhalb der EU anzeigen wird. Sobald der Test beendet ist, würden die Nachrichtenergebnisse wieder wie zuvor angezeigt.

Auch wenn es sich laut Google nur um einen kleinen Test handelt, wirkt dieses Muskelspiel wie eine Warnung. Zumal der Konzern betont, er stelle "den Verlegern schon seit Langem detaillierte Daten darüber zur Verfügung, wie ihre Inhalte auf unseren Plattformen abschneiden, einschließlich Tools zum Verständnis von Traffic-Mustern". Man hoffe, "dass dieser Test noch nützlichere, objektivere Daten liefern wird", so Google weiter. Die Zeitungsverlage werden anhand der gewonnenen Daten genau sehen, wie viel Traffic ihnen ohne Google entgehen würde. Aber auch Google wird Daten darüber erhalten, wie sehr sich seine Nutzer tatsächlich für Nachrichten interessieren.

Über die Anzeige von Nachrichten in den Google-Suchergebnissen und mögliche Urheberrechtszahlungen an die Verlage und Autoren wird seit einigen Jahren gestritten. Google hat sich vehement gegen Vorschriften gewehrt, die das Unternehmen zwingen würden, Verleger für ihre Inhalte zu entschädigen. In der EU aber ist Google verpflichtet, der Europäischen Urheberrechtsrichtlinie nachzukommen. Zu deren Umsetzung hat Google nach eigenen Angaben für mehr als 4.000 Publikationen in 20 Ländern der EU Lizenzvereinbarungen über "Erweiterte Vorschauen von Nachrichten" ("Extended News Previews") abgeschlossen.

Anfang dieses Jahres allerdings verurteilte die französische Wettbewerbsbehörde (Autorité de la Concurrence) Google zu einer Strafzahlung in Höhe von 250 Millionen Euro. Der Konzern hatte für das Training der eigenen KI-Modelle Inhalte von Verlagen und Nachrichtenagenturen genutzt, ohne die Betroffenen davon zu unterrichten und vor allem, ohne das Recht dazu zu haben.

Nicht nur die EU mit ihrer Urheberrechtslinie, auch Kanada hat mit dem Online News Act eine Regelung erlassen, nach der Google und Meta dafür zahlen sollen, dass sie Leser auf Medienberichte hinweisen. Das Projekt aber war ein Scherbenhaufen. Google verlinkte in Kanada kurzerhand nicht mehr auf Nachrichten. Kanadas Regierung gab schließlich nach und reduzierte die sogenannte Linksteuer für Google deutlich, um den Schaden nicht ausufern zu lassen. Google erhielt eine Ausnahmegenehmigung; dafür zahlt das Unternehmen jährlich 100 Millionen kanadische Dollar zuzüglich Inflationsausgleich in einen Fonds ein.

Im US-Bundesstaat Kalifornien wiederum warnte Google gemeinnützige Nachrichtenredaktionen, dass die Verabschiedung eines neuen kalifornischen Gesetzes zur Besteuerung von Online-Werbung die künftigen Investitionen des Konzerns in die US-Nachrichtenbranche gefährden würde. Um das Gesetz abzuwenden, zahlt Google lieber freiwillig Millionen an Verlage. Journalisten nennen den Deal dennoch eine Katastrophe.

(akn)