Die GVU als "Hilfssheriff" der Staatsanwaltschaft

Die Strafverfolgungsbehörden in Düsseldorf bestellen die Antipiraterie-Organisation der Unterhaltungs- und Softwareindustrie als Sachverständigen in Ermittlungsverfahren gegen angebliche Raubkopierer von CDs.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 436 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Joerg Heidrich

Über einen rechtlich zumindest umstrittenen Fall der Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) berichtet der "law blog" des Düsseldorfer Rechtsanwalts Udo Vetter.

Nach Angaben von Vetter wurden im Rahmen einer Ermittlungsaktion bei der Durchsuchung in der Wohnung eines Verdächtigen 2250 CDs beschlagnahmt. Hieraus ergab sich bei der Polizei der Verdacht, dass der Beschuldigte illegal Kopien angefertigt und diese möglicherweise weiterverkauft haben könnte. Offenbar ohne das Erstellen einer Asservatenliste, also eines Verzeichnisses der sichergestellten Gegenstände, gab der ermittelnde Kriminalkommissar die CDs in drei Kartons verpackt direkt an die GVU weiter. Diese solle in dem Verfahren als unabhängiger Sachverständiger hinsichtlich möglicher Urheberrechtsverletzungen tätig werden und erhalte die CDs zur Auswertung und gegebenenfalls Stellung eines Strafantrages.

Ob allerdings ausgerechnet die GVU die für eine Rolle als Sachverständiger notwendige Neutralität besitzt, steht sehr in Frage. Nach eigenen Angaben arbeitet der Verein im Auftrag der Filmbranche und der Softwareindustrie und wird auch von dieser finanziert. Die GVU trage laut Eigenwerbung "im Netzwerk der internationalen Antipiraterie-Organisationen dazu bei, geistiges Eigentum zu schützen, die Verbreitung von Raubkopien einzudämmen und den durch sie entstehenden wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen".

Rechtsanwalt Vetter, zugleich Strafverteidiger des Beschuldigten, kritisiert gegenüber heise online massiv das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden, das diese selbst als "üblich" darstellen. Es sei nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar, dass die GVU als Sachverständige die Unterlagen auch erhalte, damit sie gegebenenfalls für ihre Mitglieder Strafantrag stellen kann. Dies bedeute faktisch eine nicht hinnehmbare Identität zwischen Geschädigtem und Sachverständigen.

Überdies dürfte die Berufung der GVU auch gegen die Grundsätze des Strafprozesses verstoßen. So können als Sachverständige nur natürliche Personen bestellt werden, nicht aber Vereine wie die GVU. Nach Ansicht von Vetter stünden darüber hinaus genügend öffentlich bestelle Sachverständige zur Verfügung, sodass eine Berufung des Interessenvereins schon aus diesem Grund nicht notwendig sei.

Hinsichtlich der Berufung der GVU als Sachverständige im Ermittlungsverfahren hat Vetter inzwischen für seinen Mandanten einen Befangenheitsantrag gestellt. Gleiches kündigte er auch für ein anstehendes Gerichtsverfahren an, sofern es zu einem solchen kommt. (Joerg Heidrich) / (jk)