Ohne GPS: EU-Forscher entwickeln satellitenunabhängiges Navigationssystem
Mit Ranging Mode (R-Mode) treibt das Deutsche Zentrum fĂĽr Luft- und Raumfahrt mit Partnern eine Alternative zu satellitengebunden Navigationssystemen voran.

Ein R-Mode-Sender des DLR
(Bild: DLR)
Spätestens seit Ende 2023 ist viel über massive Störungen von Systemen für die Satellitennavigation wie GPS oder Galileo im Ostseeraum zu hören. Immer wieder kommt es demnach zu Beeinträchtigungen der Luft- und Schifffahrt, vor allem rund um die russische Oblast Kaliningrad (Königsberg), aufgrund diverser Jammer am Boden und auf Booten. Die Signalstörungen führen etwa dazu, dass Schiffsbrückensysteme keine oder im schlimmsten Fall falsche Positionsinformationen anzeigen. Das gilt als hohes Risiko für Grundberührungen oder Kollisionen. Mit dem terrestrischen Navigationssystem Ranging Mode (R-Mode) hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aber bereits gemeinsam mit europäischen Forschungseinrichtungen, Behörden und Industrieunternehmen eine Alternative zu satellitengebundenen Lösungen entwickelt.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
R-Mode nutze existierende Infrastrukturen der nationalen maritimen Einrichtungen für die Bereitstellung von Funkdiensten im Bereich der Mittelwelle (MW) und der Ultrakurzwelle (UKW) und biete so "einen kosteneffizienten Navigationszusatzdienst", erläutert das DLR. Das Zentrum hat nach eigenen Angaben schon zwischen 2017 und 2021 das weltweit erste großflächige Testfeld für das funkbasierte System mit Partnern spruchreif gemacht und aufgebaut. Dieser erste Schritt in Richtung eines "maritimen Backupsystems" in der Ostsee hat für die DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla gezeigt, "dass die R-Mode-Technologie als alternatives terrestrisches Navigationssystem in der Praxis funktioniert und eine Positionierung eines Schiffs auch ohne satellitengestützte Systeme ermöglicht".
(Bild: DLR)
In den vergangenen sieben Jahren ist laut dem DLR so ein Versuchsfeld mit acht R-Mode-Sendern mit einer Ausdehnung von etwa 800 Kilometern zwischen Helgoland und Stockholm entstanden. Den Anstoß habe die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) gegeben. Derzeit weiteten die Mitstreiter des 2023 gestarteten Projekts Ormobass das Testgebiet auf den Ostseeraum zwischen Schweden, Finnland und Estland aus. Dort werden aktuell die meisten Störungen der Satellitennavigation gemeldet.
R-Mode-Standardisierung läuft
2024 analysierten die Wissenschaftler aus dem Team die dortigen Mittelwellen-Funksignalstationen und erarbeiteten zusammen mit den vorhandenen Sendern des Testraums das Erweiterungskonzept. Dieses umfasst die Grundfunktionen des Systems und soll bis 2026 umgesetzt werden. Ziel ist es, bis dahin alle wesentlichen Funktionen des R-Mode-Systems für MW und UKW zu entwerfen und den zuständigen maritimen Behörden für den Betrieb zur Verfügung zu stellen. Das DLR übernimmt dabei neben der Projektleitung auch die Entwicklung der R-Mode-Empfängertechnologie, das Systemdesign, die Systemprüfung und die Standardisierung.
Den Weg hin zu einem Standard haben die Projektpartner bewusst eingeschlagen. Denn es müssten passende Sender mit einem passenden einheitlichen Dienst vorhanden sein, damit Schiffe das R-Mode-System auf ihrer Fahrt zwischen zwei Häfen nutzen könnten, führt das DLR aus. Ebenfalls nötig seien standardisierte Empfänger an Bord, die für die Schiffsnavigation zugelassen sind. Für den MW-Bereich von R-Mode konnten die Beteiligten Ergebnisse von Ormobass und Vorgängerprojekten in eine einschlägige Richtlinie der IALA (International Organization for Marine Aids to Navigation) einbringen. In die nun vorliegende IALA Guideline 1187 seien auch Erfahrungen aus Kanada und Südkorea eingeflossen. Die Vorgaben würden nun im Ostseeraum umgesetzt: Von Anfang 2026 an sollen die standardisierten Signale über Funkbaken im Bereich zwischen Deutschland, Finnland und Estland verfügbar sein.
(mki)