Mobilfunkblocker im Gefängnis – Baden-Württemberg sieht "vollen Erfolg"

Der baden-württembergische Justizminister hat die Millioneninvestition in Störsender in der Justizvollzugsanstalt Offenburg als "vollen Erfolg" bezeichnet. Gefangene sehen in den Handyblockern eher "hysterischen Aktionismus", der keineswegs zu mehr Sicherheit führe.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Luftaufnahme der neuen JVA Offenburg

(Bild: JVA Offenburg)

Der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) hat die Millioneninvestition in Störsender zur Unterbindung heimlicher Handygespräche in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Offenburg als "vollen Erfolg" bezeichnet. "Die Anlage funktioniert, und es hat zu keinem Zeitpunkt Störungen von Mobiltelefonen außerhalb des Anstaltsgeländes gegeben", erklärte der Minister am Mittwoch in Stuttgart. Baden-Württemberg hatte Mitte 2008 als erstes Bundesland die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, Störsender in Gefängnissen einzusetzen, um die Nutzung eingeschmuggelter Mobiltelefone zu unterbinden. Als Begründung wurde angegeben, Gefangene würden die Handys verwenden, um Fluchtversuche, Straftaten und Drogenschmuggel zu vereinbaren. Im Jahr 2007 kamen in Baden-Württemberg auf rund 6450 Strafgefangene (Stichtag: 31. März) insgesamt 153 entdeckte Mobiltelefone.

Die JVA Offenburg bot sich als Testumgebung für den Einsatz von Mobilfunkblockern an, weil das Gefängnis Mitte 2009 in einen großflächigen Neubau nahe des Regionalflugplatzes umgezogen war und die Infrastruktur der insgesamt 700 Störsender schon vor Inbetriebnahme auf dem Anstaltsgelände integriert werden konnte. Nachdem die Bundesnetzagentur zunächst einen Testbetrieb der Störsender ab August 2009 genehmigte, sei nunmehr auch die Zustimmung zum dauerhaften Betrieb der Anlage erteilt worden, heißt es im Justizministerium. Die neue JVA Offenburg ist das erste teilprivatisierte Gefängnis in Baden-Württemberg mit 440 Haftplätzen sowie einer sozialtherapeutischen Einrichtung mit zusätzlich 60 Haftplätzen. Außer rund 120 Vollzugsbediensteten des Landes sind in der JVA Offenburg etwa 100 Mitarbeiter des Essener Justizdienstleisters Kötter beschäftigt.

Haftraum der JVA Offenburg

(Bild: JVA Offenburg)

Die in der JVA verbauten Blocker haben eine Reichweite von nur wenigen Metern und aktivieren automatisch ein Störsignal, wenn Mobilfunksignale in der Umgebung registriert werden. Telefongespräche oder der Versand von Kurznachrichten sind dann nicht mehr möglich. Durch die moderne Technik werde die Sicherheit in der Justizvollzugsanstalt verbessert, argumentiert Minister Goll: "Das Einschmuggeln von Handys in den Vollzug und deren heimliche Nutzung für kriminelle Zwecke gefährdet die innere Sicherheit und Ordnung einer Anstalt erheblich." Angesichts der "positiven Erfahrungen" in Offenburg sei geplant, Mobilfunkblocker in Zukunft auch in weiteren Justizvollzugsanstalten des Landes einzusetzen. So werde noch in diesem Jahr ein Mobilfunkblocker in der Außenstelle Lörrach der Justizvollzugsanstalt Waldshut-Tiengen in Betrieb genommen werden, stellte Goll in Aussicht.

Unter Gefangenen wird der Einsatz teurer Handyblocker-Technik unterdessen als "hysterischer Aktionismus" gesehen, der keineswegs mehr Sicherheit gewährleiste. Schließlich könnten Inhaftierte Straftaten oder Fluchtversuche ja auch mit Besuchern im Gefängnis oder über die in der Regel nicht abgehörten Telefonanlagen der Anstalt besprechen, heißt es etwa im Lichtblick (PDF-Datei), Deutschlands auflagenstärkster Gefangenenzeitung. Treffen würden die Handyblocker vielmehr "den harmlosen Gefangenen, der mit der Familie, der Frau oder der Freundin telefoniert". Wer anderes in Schilde führe, so der Lichtblick-Autor, habe Ausweichmöglichkeiten an der Hand, noch bevor die Blocker überhaupt installiert seien: PMR-Funkgeräte, Freenet-Funkgeräte, CB-Handfunkgeräte oder einfach auch ein kleines Babyphone. (pmz)